Advent für Anfänger:Ein Schiff wird kommen

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Kirchenmusiker Andreas Hantke kennt sich mit Liedern in der Advents- und Weihnachtszeit aus. (Foto: Claus Schunk)

Der Ottobrunner Kirchenmusiker Andreas Hantke weiß, was es mit einem sehr alten Lied auf sich hat und warum es nicht nur an Weihnachten erklingt.

Von Angela Boschert, Ottobrunn

Ob "Kling Glöckchen, klingelingeling" oder "We wish you a merry christmas" - Advent und Weihnachten sind ohne Musik kaum vorstellbar. Neben bekannten, eingängigen Melodien haben seltener gespielte Lieder einen besonderen Reiz. "Es kommt ein Schiff geladen / bis an sein höchsten Bord", beginnt ein sehr altes. Der Kirchenmusiker Andreas Hantke aus Ottobrunn kennt es aus seiner Kindheit. Für ihn war und ist klar, dass es um Ankunft geht, also ein Adventslied ist. Doch wird es auch als Weichnachtlied verwendet.

Das liegt an den Strophen vier bis sechs, die, so Hantke, in aller Kürze den Weg von Weihnachten über Karfreitag bis Ostern nehmen. Im katholischen Gotteslob steht es als erstes der Weihnachtslieder. Dennoch prägt sich das Sinnbild des Schiffes ein, wobei die Besonderheit ist, dass der zweite Teil einer jeden Strophe die im ersten aufgestellte Schiffsmetapher erläutert. So geht obige Strophe eins weiter mit: "Trägt Gottes Sohn voll Gnaden / des Vaters ewigs Wort." Damit wird laut Hantke das Kommen des Erlösers angekündigt.

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Der Text wurde lange dem Mystiker Johannes Tauler (1300-1361) zugeschrieben, lässt sich überlieferungsgeschichtlich aber nur bis in die Mitte des 15. Jahrhunderts zurückverfolgen, wie das historisch-kritische Liederlexikon der Universität Freiburg betont. Den Text fand es in Handschriften aus gleich drei Frauenklöstern. Hantke gibt zu, dass er sich als Kind nicht viele Gedanken zu dem Schiffsbild gemacht habe. Doch bei genauer Betrachtung verbinde es in den ersten drei Strophen sinnbildlich Erde und Himmel: Das Schiff kommt, geht still im Triebe und liegt dann vor Anker.

Mehr beschäftigt Hantke, dass die Melodie im Evangelischen Gesangbuch inzwischen mit metrischer Vorschrift und einen Taktwechsel abgedruckt ist. Ähnlich im Gotteslob. Die Melodie kennt man aus dem Andernacher Gesangbuch von 1608, wo es gleichartige Notenwerte waren. "Noch im alten Gesangbuch ging es in Viertelnoten durch", war also ohne Metrik oder Taktstriche notiert. Der unterschiedliche Charakter der beiden Teile ergab sich aus dem melodischen Gefüge. "Wenn man es so musiziert, wie es nun drinsteht mit dem sehr schwingenden Doppeldreier-Takt, bekommt es einen ganz anderen, einen geradezu tänzerischen Charakter", findet Hantke. Man könne es sich auch getanzt vorstellen, sagt er, der Text sei ja in oder für ein Frauenkloster entstanden. Er als Kantor bleibe aber bei der üblichen Betonung und wähle die Strophen je nachdem, ob es im Advent oder an Weihnachten gesungen werde.

In dieser Kolumne erklären bis zum Heiligabend täglich Profis Bräuche und Traditionen der Advents- und Weihnachtszeit.

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