Landgericht München:Das Haus mit dem "dunklen Geheimnis"

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Im Januar 2016 durchsuchen Beamte den Garten von Gabi P. (Foto: dpa)
  • Am zweiten Verhandlungstag im Prozess um einen Mord mit einer Kreissäge sagt der Leiter der Mordkommission aus, wie die Beamten auf die Spur von Gabi P. gekommen sind.
  • Auch von der Kreissäge, mit der Alexander P. umgebracht wurde, ist die Rede. Die stammt vermutlich vom Vater der Angeklagten.

Aus dem Gericht von Susi Wimmer

Für die Mutter des Opfers Alexander H. ist der zweite Verhandlungstag am Landgericht München I ein schwerer. Zusammen mit ihrem Mann sitzt sie als Nebenklägerin im Gerichtssaal. Keine vier Meter entfernt von der mutmaßlichen Mörderin Gabi P. Die Staatsanwaltschaft München wirft der 32-Jährigen vor, den Mann 2008 in ihrer Studenten-WG ans Bett gefesselt und ihn dann mit der Kreissäge attackiert und getötet zu haben.

Wie bereits am ersten Verhandlungstag weigert sich die Pädagogik-Studentin auch heute, ihr Gesicht zu zeigen. Sie dreht den Kopf demonstrativ in Richtung Richterbank, die Adoptiveltern von Alexander H. würdigt sie keines Blickes. Am heutigen Verhandlungstag sagen zunächst Polizisten aus, die 2016 am Tatort waren. Am Nachmittag sollen die Adoptiveltern gehört werden.

Von Gerüchten und Hörensagen

Der ermittelnde Hauptkommissar erzählt dem Gericht vom 28. Dezember 2015. An diesem Tag habe sich eine Dame bei der Polizei am Bodensee gemeldet. Die habe vom Hörensagen und über drei Ecken von einem Haus in Haar erfahren, über dem "ein dunkles Geheimnis" ruhe. Eine Leiche sei dort vergraben. Dies wiederum hätte dort ein betrunkener Bewohner auf einer Party erzählt.

Die Ermittlungen hätten später ergeben, dass der damalige Freund der Angeklagten, Christian K., betrunken gesagt habe: "Wir sind Mörder." Er habe auch erzählt, wie man die Leiche vergraben hatte. Gabi P. sei zu einem späteren Zeitpunkt von einem Bekannten darauf angesprochen worden und in Tränen ausgebrochen. Sie habe gesagt, dass ihr Freund "zu Tode gekommen" sei. Der Name des Opfers: Alexander H.

Die Kripo habe daraufhin die Ermittlungen aufgenommen. Alle Spuren führten die Ermittler auf die Spur von Alexander H.: Nach 2008 habe es kein Lebenszeichen von dem jungen Mann gegeben.

Prozess
:Tötung mit Kreissäge: "Herr H. war zwei Menschen"

Bestie? Monster? Und gleichzeitig Opfer? Gabi P. soll ihren Freund ermordet haben. Im Prozess erzählt sie, wie wechselvoll die Beziehung war - und nennt den Toten stets nur beim Nachnamen.

Aus dem Gericht von Susi Wimmer

Drei Wochen nach dem Hinweis hält die Kripo den Tipp für so heiß, dass sie am 20. Januar 2016 um 6 Uhr in der Früh mit Haftbefehlen vor dem Haus von Gabi P. steht. Sie sei "sichtlich beeindruckt und überrascht gewesen", sagt der Kripo-Beamte. Und schon an diesem Tag soll sich Gabi P. ähnlich benommen haben wie am ersten Verhandlungstag: leicht abwesend wirkend, leise sprechend, nahezu klein-mädchenhaft. Auf die Frage, wo die Leiche vergraben sei, soll sie nur eine vage Handbewegung in Richtung Garten gemacht und gesagt haben: "Draußen beim Kompost." Ob noch mehr Leichen im Garten vergraben seien, wollte der Polizist wissen. Da sei sie erschreckt hochgefahren: " Nein, der Alexander ist der Einzige."

Das Haus, in das Gabi P. 2003 mit Alexander H. eingezogen war, beschreiben die Kripobeamten als unhygienisch und unordentlich. Es habe modrig gerochen, ein Geruch, der mit Räucherstäbchen hätte überdeckt werden sollen. Im Keller fanden die Ermittler eine Holzschachtel mit Chemikalien und Schwarzpulver - den einzigen Gegenstand, den Gabi P. nach dem Tod ihres damaligen Freundes nicht entsorgt hatte. Laut Gabi P. soll der Student in ihrer Anwesenheit schon einmal ein Verkehrsschild in die Luft gesprengt haben.

Am heutigen Dienstag berichtet ein Kripobeamter von der Vernehmung eines Freundes. Der habe Alexander H. eher als Schlaftablette beschrieben und Gabi P. als aufbrausend. Sie habe schon richtig explodieren können.

Nachfragen des Vorsitzenden Richters Michael Höhne lassen auch Rückschlüsse auf die Befragung des Vortages zu. Am ersten Verhandlungstag am Montag war es unter Ausschluss der Öffentlichkeit um die intime Beziehung von Gabi P. und Alexander H. gegangen. So wollte der Richter wissen, ob der Beamte etwa Haken im Dachgeschoss bemerkt hätte, die Alexander H. für Fesselspiele genutzt habe. Dies verneinte der Beamte ebenso wie die Frage, ob im Keller Vorrichtungen gefunden worden wären, in die man eine Person hätte einsperren können.

Und auch um die Kreissäge ging es an diesem zweiten Verhandlungstag. Mit der Kreissäge, die am Tattag eingesteckt und in greifbarer Nähe neben dem Bett gelegen haben soll, soll Gabi P. ihren Freund umgebracht haben. Laut der Angeklagten soll Alexander H. zu diesem Zeitpunkt im Dachgeschoss Bretter geschnitten haben.

Die Säge könnte eine Leihgabe von Gabi P.s Vater gewesen sein. Dieser hat der Polizei erzählt, dass er an der Säge den Sicherungsbügel abmontiert hatte, um die Säge auf einem Brett zu fixieren. Er fand auch ein Foto von der Säge. Als Richter Höhne das den Prozessbeteiligten vorlegt und Gabi P. fragt, ob das die Handkreissäge gewesen sei, zuckt sie nur mit den Schultern und antwortet unhörbar leise.

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