Theater:Ein Paar, ein paar Gedanken

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Einbruch, Unfall, Trennung? In "Der Sittich" spekuliert ein Paar (Michaela May und Krystian Martinek) über die Gründe für das Ausbleiben eines anderen Paars. (Foto: Alvise Predieri)

Michaela May spielt eine Hauptrolle, ihr Mann Bernd Schadewald führt Regie. Nun hat das französische Beziehungsstück "Der Sittich" in der Komödie im Bayerischen Hof Premiere.

Von Barbara Hordych

Nach diesem Stück haben die Schauspielerin Michaela May und ihr Mann, der Regisseur Bernd Schadewald, lange gesucht. "Bestimmt knapp drei Jahre", erzählt May im Vorfeld zur Premiere von "Der Sittich" in der Komödie im Bayerischen Hof. Warum so lange? "Uns schwebte ein modernes, zeitgenössisches Stück vor, eine Komödie, die aber weniger auf Tür-auf-Tür-zu- Effekte setzt, sondern auf Zwischenmenschliches", so May. Deshalb liebe sie auch die französischen Konversationsstücke sehr, beispielsweise die von Yasmina Reza. Oder im deutschsprachigen Bereich die von Daniel Glattauer, in dessen "Die Wunderübung" sie bereits spielte. "Wir haben gelesen und gelesen, aber oft war es so, dass die Stücke zwar einen guten Ansatz hatten, dann aber abflachten, die Grundidee nicht für drei Akte reichte". Fündig wurden sie dann bei der Komödie "Der Sittich" der französischen Autorin Audrey Schebat, die bei ihrer Uraufführung am Théâtre de Paris im September 2017 ein großer Erfolg war. "Entdeckt hat es mein Mann, das Stück hat uns dann sofort beide überzeugt". Von da an hätten sie nur noch gehofft, dass ihnen im deutschsprachigen Raum niemand zuvorkomme.

Die deutsche Erstaufführung war eigentlich schon für 2020 geplant, musste aber, wie so vieles, wegen der Pandemie verschoben werden. Im vergangenen November und Dezember war May bereits mit der der Komödie angeschlossenen "Münchner Tournee" mit dem Stück unterwegs, bevor es nun am Mittwoch in einem festen Haus seine Premiere erlebt.

Es sei ein Stück, bei dem die Dynamik genau andersherum verlaufe als bei denjenigen, die sie in der jüngeren Zeit verworfen hatten, sagt May. "Der Auftakt ist langsamer, dann aber nimmt es rasant an Fahrt auf", sagt sie. Konkret geht es um ein Ehepaar, gespielt von ihr und Krystian Martinek, das den Besuch von Freunden erwartet. Die aber, ebenfalls ein Paar, erscheinen nicht. Das anwesende Paar verwickelt sich nun in Spekulationen über die Gründe des Ausbleibens - ein Unfall, ein Einbruch, eine Trennung? - und landet plötzlich bei der Auseinandersetzung über seine eigene Beziehung.

"Ich sage mal so: Jeder, der in seinem Leben nicht nur Single war, sondern auch über Erfahrungen mit mehrjährigen Beziehungen verfügt, wird sich an verschiedenen Stellen des Stücks wiedererkennen können", so May. Sind es Diskussionen, die auch sie als Schauspielerin und ihr Mann als Regisseur führten? May lacht. "Natürlich haben wir bei der Umsetzung ebenfalls viel diskutiert. Wo sehe ich etwas emotionaler als mein Mann, was hat sich vielleicht an Ungesagtem angestaut, warum bricht es sich jetzt Bahn?", überlegt May.

Etwas Bedenken hätten sie gehabt, ob das Stück auf den Boulevardtheater-Bühnen funktioniere. "Es hat Wortwitz, aber keinerlei Schenkel-Klopf-Komik. Ich nenne es mal eine ,Kammerspiel-Komödie', sie ist sehr feingliedrig gebaut, eben ein kleines Kleinod", erklärt May. In Lahr war das Haus ausverkauft, "wirklich ausverkauft, nicht Corona-ausverkauft", sagt May. Das sei natürlich für sie und Krystian Martinek als Darsteller-Duo toll gewesen, die Reaktion des Publikums war sehr gut. Indes vermisse sie in den halb- oder gar nur viertel-vollen Häuser schon arg die Resonanz, "das Verhältnis zwischen oben und unten, zwischen Bühne und Publikum ist gestört, es fehlt die Woge, die einem sonst entgegenschlägt", sagt May. Die spezielle Energie, die normalerweise bei einem gemeinsamen Theatererlebnis entstehe, entfalte sich zögerlicher. Sie seien aber guten Mutes, den Funken am Mittwoch dennoch entfachen zu können.

"Der Sittich", Premiere, Mittwoch, 12. Januar, 19.30 Uhr, bis So., 6. März, alle Programminfos unter www.komoedie-muenchen.de

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