Kommunalwahl in Untergiesing:Zerwürfnis mit Ansage

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Politische Weggefährten: Lange engagierten sich Melly Kieweg und Bra Braren, das Bild zeigt sie 2013 - bei den Grünen, die sie jetzt verlassen. (Foto: Angelika Bardehle)

Melly Kieweg und Bra Braren, bei der Kommunalwahl 2014 noch Listenführer der Grünen, verlassen die Fraktion

Von Julian Raff, Untergiesing

Wenn die beiden Grünen-Listenführer der 2014er Kommunalwahl wenige Monate vor dem nächsten Urnengang ihrer Fraktion den Rücken kehren, darf man dies aus Stadtteilperspektive schon als spektakulär bezeichnen. Allzu überraschend kam der Austritt von Melanie Kieweg und Brar Braren aber für viele Mitglieder und regelmäßige Besucher des Bezirksausschusses (BA 18) nicht.

Dass sich die Untergiesinger Stadtviertel-Aktivistin und die BA-Grünen politisch auseinandergelebt hatten, war kaum mehr zu übersehen - und das nicht in erster Linie, weil Kieweg schon seit 2002 als BA-Vizevorsitzende, abseits der Fraktionskollegen, den Platz am Vorstandstisch eingenommen hatte und mit BA-Chef Clemens Baumgärtner (CSU) schon länger gut zusammenarbeitet. Das Zerwürfnis bahnte sich schon länger an, über Fraktionsdisziplin und grüne Leitlinien auf der einen, Kiewegs individuellen Ansatz auf der anderen Seite. Unterschiedlich schildern allerdings Kieweg und Sebastian Weisenburger, für die Grünen in BA und Stadtrat, wie es letztlich zum Bruch kam. Den Ausschlag gab auf jeden Fall, einige Wochen vor der Aufstellungsversammlung, ein Gespräch zwischen Braren und Kieweg, Weisenburger und Anais Schuster-Brandis sowie Norbert Weigler, beide vom Grünen-Ortsvorstand. Man habe sie und Braren quasi vorgeladen, um ihnen den Verzicht auf eine erneute Kandidatur nahezulegen, so Kieweg. Etwa zur gleichen Zeit sei sie auch nicht mehr zu Fraktionssitzungen eingeladen worden. Warum also, "sollte man es sich da noch antun", die Aufstellungsversammlung zu besuchen.

Für Weisenburger eine höchstens "teilweise zutreffende" Erinnerung. Man habe den Beiden nicht von einer Kandidatur abgeraten, sondern vertraulich Leitlinien besprochen, wie übrigens mit allen Listeninteressenten. "Ich möchte dem Eindruck entgegentreten, dass es da eine Sonderbehandlung gab." Ebenso wenig gebe es Vorabsprachen über Listenplätze. Vielmehr sei die Liste ab Platz zwei über Mehrfachbewerbungen und Kampfkandidaturen zustandegekommen, Demokratie eben. Dass Braren und Kieweg dann nicht zur Aufstellung erschienen, habe jedenfalls "alle ziemlich überrascht", erinnert sich Weisenburger. Den früheren Mitstreitern wünscht er "aus tiefstem Inneren alles Gute", auch wenn er anstandshalber lieber früher und direkt vom Austritt erfahren hätte, als jetzt über die Öffentlichkeit. Die Umgestaltung der Liste mit der Newcomerin Julia Fitzner an der Spitze entspricht laut Weisenburger eben auch der Parteilinie. Schließlich seien nach dem Erfolg der Landtagswahl zahlreiche Münchner den Grünen beigetreten, um dort Verantwortung zu übernehmen.

Zunehmende Differenzen mit Kieweg und Braren räumen freilich beide Seiten ein. Sie sei halt nie eine "stramme Parteisoldatin" gewesen und habe stattdessen die Belange des Viertels obenan gestellt, sagt Kieweg. Ihre Anträge hatte sie in aller Regel im eigenen Namen gestellt, wobei sie in der Sache aber meist auf grüne Stimmen zählen konnte. Lange Zeit hatte die Fraktion dies geduldet, zuletzt aber darauf beharrt, abgesprochene Fraktionsanträge mit Partei-Logo zu stellen. Umso mehr Gewicht habe der neue Fraktionszwang gewonnen, nachdem die Grünen Kieweg auch inhaltliche Alleingänge vorhielten. Zum Beispiel habe sie sich für eine Verschmälerung der Hans-Mielich-Straße eingesetzt, bei dieser Gelegenheit aber auch für Schrägparkplätze an dieser Stelle, was aus grüner Sicht eben grundsätzlich nicht gehe. Inhaltlich auseinander lag man auch bei einem potenziellen Jugendspielplatz unter der Candidbrücke, den die Fraktion favorisiert habe, an den Wünschen der Jugendlichen vorbei.

Für den Rest der Amtsperiode haben sich Kieweg und Braren mit dem zweiten BA-Vize Günther Görlich (Freie Wähler/ FW) zu einem "Bündnis fürs Viertel" zusammengetan, das somit nebenbei die Vertretung von BA-Chef Baumgärtner übernimmt. Nicht ganz unbedeutend, da Baumgärtner zwar auch als Wirtschaftsreferent die meisten Sitzungen leitet, aber fallweise abgibt, sobald sein Referat involviert ist. Görlich hatte vor der 2014er Wahl die FDP verlassen und erfolgreich für FW/ÖDP kandidiert. Kieweg schließt nicht aus, dass das neue Bündnis unter dem jetzigen Namen mit einer Gemeinschaftsliste in die Kommunalwahl geht. Sie kann sich aber auch eine eigenständige Liste vorstellen. Aus dem Dunstkreis der Untergiesinger Bürgerinitiative "Mehr Platz zum Leben" dürften sich Kandidaten finden, Harlachinger Interessenten sind aber ebenfalls ausdrücklich willkommen.

© SZ vom 04.12.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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