Kommunalwahl in Neuhausen-Nymphenburg:Starker Auftritt

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Im Bezirksausschuss führen Frauen die Listen der drei großen Parteien an - eine von ihnen dürfte den Vorsitz übernehmen

Von Sonja Niesmann, Neuhausen/Nymphenburg

Durch die Brille von Frauenquote und Frauenpower betrachtet, ist die Welt in Neuhausen geradezu progressiv. Die Listen der drei großen Parteien führen Frauen an, eine von ihnen wird aller Voraussicht nach den Vorsitz des Bezirksausschusses übernehmen. Aber die Architektin und amtierende Bezirksausschuss-Vorsitzende Anna Hanusch (Grüne), 43, Anna Lena Mühlhäuser (SPD), 38, beim Eishockeyclub Red Bull für Kommunikation, Fanbetreuung und den Kidsclub zuständig, und Gudrun Piesczek (CSU), 65, technische Leiterin für Großprojekte bei einem Immobilienunternehmen, haben mehr gemeinsam als Frausein: Alle drei sind bemerkenswert fokussiert auf sachliche Arbeit und Argumentation, freundlich-moderat im Ton, uninteressiert an zwischenmenschlichem Sticheln und Stänkern. Wen das Gremium aufs Podium hievt, wird sich nicht nur an Wahlergebnissen und Fraktionsstärken entscheiden, sondern auch an den Allianzen, die geschmiedet werden.

Und die auch wieder zerbrechen können, wie sich 2014 gezeigt hat. Damals wollte der Ex-SPD-Stadtrat Oliver Belik die langjährige BA-Chefin Ingeborg Staudenmeyer beerben. Wegen einiger strittiger Personalien kamen SPD, die stärkste Fraktion, und Grüne aber nicht ins Geschäft, die Grünen rangen sich durch, eine CSU-Kandidatin zu unterstützen, die CSU aber schwenkte vor der konstituierenden Sitzung über Nacht zum SPD-Bewerber über. Die Grünen stürzten sich in eine Kampfkandidatur, mit 19 zu 18 Stimmen setzte sich Anna Hanusch durch - und war selbst am meisten verdattert über den Sieg. Schock und Erbitterung bei der SPD saßen so tief, dass es gut ein Jahr lang dauerte, bis die Scherben zusammengekehrt waren, es nicht mehr so knirschte in der Arbeit - zwischen den Fraktionen jedenfalls.

Fraktionsintern hat es die SPD über die ganze Amtsperiode hin ziemlich zerlegt. Noch 2014 spalteten sich drei Mitglieder ab, dann wechselte einer zur CSU und einer zu den Freien Wählern. Ganz zuletzt nun vergrätzte die SPD noch die fleißige Vorsitzende des Unterausschusses Soziales, Maike Brandmayer, indem sie sie nur auf Platz 17 der Kandidatenliste setzte. Brandmayer gab daraufhin umgehend den Unterausschuss-Posten ab. Schwamm drüber, nun ist ein ziemlich neu gemischtes Team am Start, und Spitzenkandidatin Mühlhäuser hofft, "dass die Leute wissen, was wir geleistet haben", auch wenn nach ihrer Einschätzung der Bundestrend "uns sicher nicht unterstützt".

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Anna Hanusch ist sich gewiss, dass die Grünen "mindestens" ihre zehn Mandate aus der vergangenen Wahl behaupten können - bricht man jedoch die Europawahl-Ergebnisse aus dem Stadtbezirk herunter, müssten es weit mehr werden. Hanusch würde sehr gerne als Vorsitzende weitermachen und im Fall der Wiederwahl ihre berufliche Tätigkeit, ohnehin schon in Teilzeit, noch mehr herunterschrauben, um allen Aufgaben gerecht zu werden. Denn ihr Wiedereinzug auch in den Stadtrat ist bei Platz drei zu erwarten. Mit Hanusch und Kristina Frank von der CSU hatte der BA Neuhausen-Nymphenburg in dieser Amtsperiode zwei Mitglieder auch im Stadtrat. Frank, inzwischen Kommunalreferentin und OB-Kandidatin, tritt nicht mehr für den Bezirksausschuss an.

Dafür will Leo Agerer (CSU) es vom durchaus aussichtsreichen Platz elf in den Stadtrat schaffen. Um sich auf dieses Ziel zu konzentrieren, erklärt er, reihe er sich, 2014 noch Spitzenkandidat, beim Bezirksausschuss diesmal hinter Gudrun Piesczek auf Platz zwei ein. Mit ihrem Personaltableau setzt die CSU, die 2014 einen Generationenwechsel hatte, diesmal auf bewährte Kräfte, sieben der zehn ersten Kandidatinnen und Kandidaten sind amtierende BA-Mitglieder, erst auf den folgenden Plätzen finden sich mehr Neulinge.

Spannend wird das Abschneiden der Freien Wähler zu beobachten sein. Durch Parteiwechsler sind sie in den vergangenen sechs Jahren von dem einen bei der Wahl eroberten Sitz auf drei Sitze gewachsen. Zudem hatte Thomas Neuberger mit dem Amt des Kinderbeauftragten einen öffentlichkeitswirksamen, profilschärfenden Posten. Wegen des "Stripperin-Skandals" haben die Freien Wähler allerdings Neuberger und in einem Aufwasch auch gleich noch seine Weggefährten Ludwig Gebhard und Maximilian Thomas von der Liste gekickt. Die neuen Kandidaten sind weitgehend unbekannt im Stadtviertel.

Die Spitzenkandidaten (soweit bekannt): SPD: 1. Anna Lena Mühlhäuser, 2. Willi Wermelt, 3. Magdalena Siebert. CSU: 1. Gudrun Piesczek, 2. Leo Agerer, 3. Steffen Rekittke. Grüne: 1. Anna Hanusch, 2. Nikolai Lipkowitsch, 3. Daniela Stelzer. FDP: 1. Felix Meyer, 2. Barbara Schmitt-Walter, 3. Fritz Roth. ÖDP: Johannes von Walther, 2. Matthias Walz, 3. Alpan Önder. Freie Wähler: 1. Andreas Staufenbiel, 2. Pia Utz, 3. Reinhold Herbert.

© SZ vom 29.01.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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