Kommunalwahl in Hadern:Zwischen Ohnmacht und Bedauern

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Johann Stadler, CSU, ist dreimal mit grüner Unterstützung zum Vorsitzenden gewählt worden. (Foto: Florian Peljak)

Bei großen Projekten wie etwa der Autobahn-Einhausung haben die Stadtviertelvertreter nichts zu entscheiden

Von Berthold Neff, Hadern

Wenn ein Stadtbezirk an seinem nördlichen Rand von der Lindauer Autobahn durchschnitten, im Süden von der Garmischer Autobahn zugedröhnt und im Osten durch die ebenfalls lärmende Fürstenrieder Straße von den Nachbarn getrennt wird, ist schnell eines klar: Der Verkehr hat auch dieses einst beschauliche Dorf längst fest im Griff. Dennoch wurde der Verkehr, von einigen Scharmützeln zwischen SPD und CSU wegen der geplanten Tram-Westtangente mal abgesehen, im Stadtviertel-Gremium eher selten zum Thema. Dies liegt wohl daran, dass auf dieser Ebene keine einzige Entscheidung möglich ist, die für eine Entlastung der Bürger insgesamt und der Anwohner im Speziellen nötig wäre.

Da wäre zum Beispiel das ehrgeizige Unterfangen, die Lindauer Autobahn auf ihrem Weg durch Sendling-Westpark und vor allem Hadern zu überdeckeln. Eine solche Einhausung, so die Vision, würde nicht nur die Anwohner entlang der Autobahn vor Lärm und Abgasen schützen, sondern obendrein neue Flächen für Sport und Wohnungsbau auf dem Tunneldeckel schaffen. Die Stadt überlegte lange, rechnete ein paar Mal nach und kam dann zu einem klaren Nein, denn es würde gewaltig zu Buche schlagen, die Lindauer Autobahn unter die Erde zu bringen. 113 000 Euro, so die Kalkulation der Stadt, würde dies kosten - pro laufenden Meter. Bei einer Strecke von rund 4,2 Kilometer wäre so knapp eine halbe Milliarde Euro an Investitionen fällig. Dem Bezirksausschuss blieb nur übrig, die im vergangenen Herbst verkündete Entscheidung mit Bedauern zur Kenntnis zu nehmen.

Weitgehend die Hände gebunden sind der Stadtviertel-Vertretung auch bei einem Großprojekt, das über das Stadium der Machbarkeitsstudien längst hinausgekommen ist: der Weiterbau des Klinikums Großhadern. Dabei geht es noch gar nicht um den Abriss des weithin sichtbaren Bettenhauses, "Toaster" genannt, sondern um andere Neubauten. Diese wiederum wecken Ängste in der Nachbarschaft, ob es um einen Dachlandeplatz für die Hubschrauber oder ein neues Parkhaus geht. Die Bürger fordern, dass sich der BA einmischt, aber das ist kaum machbar, Bedenken können allenfalls mittelbar geäußert werden, denn für die Klinikum-Projekte ist nicht die Stadt, sondern das Staatliche Bauamt zuständig.

Die BA-Ohnmacht spiegelt sich aber auch im Kleinen wider. Kaum ist man bereit, dem Bürgerwunsch nach einem Zebrastreifen oder gar einer Ampel nachzugeben, kommt aus dem Kreisverwaltungsreferat meist zuverlässig das Nein, wobei an der rechtlichen Begründung der Stadt oft nicht zu rütteln ist. Etwa dann, wenn ein solcher markierter Überweg deshalb abgelehnt wird, weil dieser in Tempo-30-Zonen nicht anzulegen sei.

Es bleibt den BA-Mitgliedern meist also gar nichts anderes übrig, als eindringliche Appelle an die städtischen Referate zu richten und zu hoffen, dass auch mal ein Radweg in Hadern - zum Beispiel der an der Würmtalstraße - saniert wird. Das aber kann dauern, selbst wenn - so geschehen im Vorwahlkampf im Frühjahr 2019 - Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) höchstselbst mal vorbeischaut, um sich ein Bild von der desaströsen Lage zu machen und Abhilfe zu versprechen. Getan hat sich seitdem nichts, Projekte dieser Größenordnung brauchen ihre Zeit.

Dementsprechend sind die Erfolgserlebnisse der BA-Mitglieder eher rar gesät. Umso größer dann die Freude, wenn es etwas zu eröffnen gilt wie zum Beispiel im Juni 2016 das neue Stadtteilkulturzentrum Guardini 90 in den Räumen am Haderner Stern, die nach der Pleite der Drogeriekette Schlecker frei wurden. Im Dezember 2019, kurz vor Weihnachten, bescherte sich der Bezirksausschuss dann selbst und ermöglichte durch seinen Zuschuss, dass nun auch Hadern einen Bücherschrank hat. In der Januarsitzung legte man dann noch einen drauf und bestellte sich dazu, einem Antrag des SPD-Fraktionssprechers Gerhard Fries folgend, auch noch eine Sitzbank.

© SZ vom 25.01.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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