Kammermusik:Liebesschmerz

Lesezeit: 1 Min.

Bariton Jonas Müller mit dem Gitarrenduo Davide Giovanni Tomasi und Marco Musso. (Foto: privat)

Bariton Jonas Müller interpretiert klar und einfühlsam Schuberts "Winterreise" in Pasing.

Von Klaus Kalchschmid

Alle Jahre wieder gibt es Franz Schuberts "Winterreise" bei "Kammermusik in Pasing", aber diesmal war im kleinen Saal der Volkshochschule alles ein wenig anders: Der Flügel stand abgedeckt in der Ecke, und als Jonas Müller auftrat, hatte der junge Bariton Davide Giovanni Tomasi und Marco Musso an der Seite. Von allen Bearbeitungen des Klavierparts (es gibt unter anderen welche für Streichquartett, Klaviertrio oder gar Posaune) ist die für zwei Gitarren wohl die werkgetreuste, zumal schon zu Schuberts Zeiten Lieder mit dieser Begleitung gesungen wurden.

Um es vorwegzunehmen: Kaum je vermisste man bei dieser Matinee etwas, zumal die Größe des Raums für gerade mal 60 Hörerinnen und Hörer zur Intimität der Begleitung perfekt passte. Das einzige Problem hätte sein können, dass die Stimme allzu ungeschützt und ausgestellt wirkt. Doch Jonas Müller erzählte mit seinem feinen, exzellent geführten Bariton und mit großer Prägnanz und Klarheit die Geschichte eines Mannes, den das Ende einer Liebe zunehmend in Selbstmitleid und Depression treibt, dabei in gleichem Maße den Wunsch zu sterben wachsen lässt.

Mit großen, manchmal ungläubigen Augen schaut der 23-Jährige immer wieder in die Ferne und versucht wandernd durch Eis und Schnee seine Gefühle in den Griff zu bekommen. Doch zunehmend weniger gelingt das dem von vergeblicher Liebe Versehrten, dabei weiß er doch schon zu Beginn: "Die Liebe liebt das Wandern, von einem zu dem Andern."

In der zweiten Hälfte geht es dann fast nur noch um ein Grab, um den Totenacker, das Sterben, das Verlöschen der Sonne und schließlich - ums stumpfe Überleben, wenn der verzweifelte Wanderer sich an den Leiermann klammert und vielleicht dafür sorgt, dass dessen Teller nicht mehr leer bleibt, wenn er denn nur entsprechend Mitleid heischend dazu singt. Wäre Jonas Müller dieser Sänger zur Drehleier oder auch zur wunderbar differenzierten Begleitung des Duos Tomasi/Musso - der Teller wäre sicher schnell gefüllt.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: