Kritik:Süßer Vormittag

Lesezeit: 1 min

Das Kammerkonzert des Bayerischen Staatsorchesters mit Klarinettist Andreas Schablas

Von Michael Stallknecht

Dampfnudeln und Rahmstrudel gegen ein Werk von Felix Mendelssohn: kein schlechter Tausch. Also stellte sich Carl Baermann bei Mendelssohns in die Küche und buk, während der Komponist sein Opus 113 aufs Papier warf: ein Konzertstück für Klarinette, Bassetthorn und Streicher, bis heute mitreißend, wie das Kammerkonzert des Bayerischen Staatsorchesters zeigt.

Carl, ein berühmter Klarinettist, war der Sohn und Nachfolger des noch berühmteren Heinrich Joseph Baermann, von 1807 bis 1834 Erster Klarinettist der Münchner Hofkapelle. Ihrer beider Nachfolger als Soloklarinettist wiederum ist Andreas Schablas, der ihnen zum fünfhundertjährigen Bestehen des Staatsorchesters eine Sonntagsmatinee in der Allerheiligen-Hofkirche gewidmet hat, gemeinsam mit dem Praetorius-Quartett aus Streichern des Orchesters.

Newsletter abonnieren
:München heute

Neues aus München, Freizeit-Tipps und alles, was die Stadt bewegt im kostenlosen Newsletter - von Sonntag bis Freitag. Kostenlos anmelden.

Schließlich war Heinrich Joseph nicht nur selbst ein souveräner Komponist, wie sein Es-Dur-Quintett op. 23 zeigt, mit einem Adagio, so elegisch, dass man es lange Richard Wagner zuschrieb. Er war auch eng befreundet mit einigen prominenten Komponisten. Mit Giacomo Meyerbeer zum Beispiel, der ihm zum Namenstag ein Klarinettenquintett in Es-Dur schenkte. Oder mit Carl Maria von Weber, der für ihn sein Klarinettenquintett op. 34, das bekannteste Werk des Kammerkonzerts, schrieb.

Süß und weich fließend wie ein guter Rahmstrudel ist auch der Klarinettenton von Andreas Schablas, zart im Ansatz, warm über alle Lagen hinweg. Das Praetorius-Quartett leuchtet ebenso differenziert wie leichthändig das Streichergeflecht aus, lässt aber elegant dem Soloklarinettisten den Vortritt, dessen bestechende Musikalität die Matinee prägt: spürbar in der Phrasierung, dem verspielten Umgang mit kleinsten Wendungen, der Modulationsfähigkeit jedes Tons. Faszinierend, wie Schablas noch in den rasenden Läufen von Webers Klarinettenquintett Schwerpunkte setzt, atemberaubende Pianissimi zaubert. Die Dampfnudeln können warten.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusWelttag des Buches
:Rares in endlos langen Regalen

Ein einziges Buch, das eine halbe Million Euro wert ist? In der Bibliothek des Deutschen Museums sind solche Schätze zu finden. Doch nur selten werden den Besuchern so viele auf einmal gezeigt. Nun ist es wieder so weit.

Von Julian Gülker

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: