Kritik:Hinreißend lebendig

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Julia Fischer und die Academy of St Martin in the Fields in der Isarphilharmonie.

Von Andreas Pernpeintner, München

Das Ende von Joseph Haydns "Abschiedssymphonie" ist ein Kuriosum der Musikgeschichte. Nach und nach verlassen die Orchestermitglieder während des Schlusssatzes das Podium, bis zwei Geigen übrig bleiben und das Werk verlischt. Man weiß seit 250 Jahren, dass es so kommt. Und trotzdem muss das Publikum beim Konzert von Julia Fischer und der Academy of St Martin in the Fields in der Isarphilharmonie ob dieses durchgegarten Scherzes hörbar schmunzeln. Was hilft's, er ist halt wirklich immer wieder lustig. Zumal, wenn der Abschied so hübsch zelebriert wird. Ein kameradschaftliches Schulterklopfen hier, ein Verblüffung vortäuschender Blick in die plötzlich abreißenden Noten dort. Damit geht eine hinreißende erste Konzerthälfte zu Ende, die vor der Haydn-Symphonie mit Mozarts D-Dur-Violinkonzert KV 218 begann.

Erwartbar wie diese Schlussszene war im Grunde auch die Qualität der Darbietung. Mozart und Haydn von Fischer und der Academy - das kann nur gut werden. Und es wird wunderbar. Herrlich, wie Fischer beim Violinkonzert mit filigranem Ton vorangeht und zugleich homogen in den Gesamtklang integriert ist. Die Musik ist bestens im Fluss, mit größtmöglicher Klarheit, sauber phrasiert, ohne eine das Metrum allzu kräftig herausstellende Akzentuierung, ohne jegliche überprägnante Maximierung. Eine lebendige, maßvoll gewichtete Interpretation. Nicht mehr, nicht weniger - und damit einfach perfekt. Das gilt fürs Mozart-Konzert, das gilt für die Haydn-Symphonie mit ihrem durchaus herben Kopfsatz (bei dem Fischer eine beherzte Konzertmeisterin ist) und mit dem konturenreichen, nie süßlich zerfließenden Adagio.

Diese Qualitäten der Darbietung tragen Fischer und die Academy (jetzt ohne Bläser und mit gesteigerter Streicherwärme) nach der Pause auch durch Tschaikowskys anmutiges, dreisätziges Stück "Souvenir d'un lieu cher" und durch Josef Suks kompositorisch mit viel Zucker aufgeschlagene, etwas langatmige Streicherserenade op. 6.

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