Ein Buch in der 15. Auflage zu lesen, das ursprünglich vor fünf Jahren herauskam, sagt an sich schon einiges aus. Erstens: "Ach, diese Lücke, diese entsetzliche Lücke" (Kiepenheuer & Witsch) ist ein Dauerbrenner unter den Bestsellern. Zweitens: Der Roman von Joachim Meyerhoff, der von der Ausbildung des Ich-Erzählers respektive des Autors zum Schauspieler sowie vom Alltag bei den Unterschlupf gewährenden Großeltern handelt, mutet im Corona-Jahr freilich ein bisschen anders an als noch 2015. Beispiel: "Krank wurden meine Großeltern selten und sicher waren die vielen Alkoholika ein Grund für ihre Widerstandskraft. Bakterien, Viren und sonstige Erreger hatten es schwer, durch die hochprozentige Luft, die meine Großeltern umgab, bis zu ihnen vorzudringen. Ich stellte mir einen wild entschlossenen Virenstamm vor, der meiner Großmutter von der Haushälterin entgegengeniest wurde, sie wie ein Jagdgeschwader anflog, doch dann gebremst und von beißendem Alkoholatem unschädlich gemacht, betäubt abstürzte."
SZ-Serie: München erlesen:Auf dem Weg zum Burgschauspieler
So sieht Joachim Meyerhoff aus, wenn er für ein Pressefoto posiert. Aufnahmen aus seiner München-Zeit sind leider nicht verfügbar. "Da müsste ich in tiefen weit entfernten Kellern wühlen", schreibt er entschuldigend per E-Mail.
(Foto: Ingo Pertramer)Joachim Meyerhoff begibt sich auf literarische Spurensuche in das München der Neunzigerjahre: Wie er als Schauspielstudent die Stadt erlebte, warum er im Theater ganze Stuhlreihen zertrümmerte und wie sich seine Großeltern vor Viren schützen wollten.
Von Bernhard Blöchl
Lesen Sie mehr zum Thema