Isarvorstadt:Beste Lage, viel Kritik

Lesezeit: 2 min

Wuchtiger Klotz: Das Bauvorhaben der Real-Treuhand Immobilien Bayern würde die Umgebung am Platz dominieren. (Foto: Visualisierung: Schindhelm Architekten)

Zu hoch, falsche Nutzung im Erdgeschoss, überdimensionierter Dachausbau: Ein Bauprojekt mit 18 Wohnungen am Karl-Heinrich-Ulrichs-Platz wird von der Stadtgestaltungskommission mit harschen Urteilen bedacht

Von Sebastian Krass, Isarvorstadt

Ein Investoren-Projekt, das für die Stadtbaurätin ein Ärgernis ist: Dass in dem geplanten Neubau an der Arndtstraße 2 auch im Erdgeschoss Wohnungen entstehen sollen, "ist falsch", sagte Elisabeth Merk kürzlich vor Immobilienunternehmern. "Aber wir haben keine baurechtliche Handhabe dagegen." Auch die Stadtgestaltungskommission, die sich in ihrer jüngsten Sitzung mit dem Projekt in bester Glockenbach-Lage befasste, lehnt den Entwurf ab.

Vorher stand auf dem Grundstück, an der Ecke zum Karl-Heinrich-Ulrichs-Platz, ein Wohnhaus mit einer Gaststätte unten. Inzwischen ist das Gebäude abgerissen. Nun will die Real-Treuhand Immobilien Bayern, eine Tochtergesellschaft der Raiffeisenlandesbank Oberösterreich, ein sechsgeschossiges Wohnhaus mit zwei Dachgeschossen errichten. Man plane "mindestens 18 Wohnungen mit rund 2000 Quadratmeter Wohnfläche", erklärt ein Unternehmenssprecher. "Der geplante Wohnungsmix reicht vom Ein-Zimmer-Single-Apartment bis zur Vier-Zimmer-Familienwohnung." Der Investor will sie als Eigentumswohnungen vermarkten, mit einem "lageadäquaten Ausstattungsstandard". Es gibt bereits seit 2016 eine Baugenehmigung für ein vergleichbares Vorhaben. In die Stadtgestaltungskommission, die Stadtrat und Verwaltung bei Bauvorhaben berät, kam es nun, weil der Bauherr einen Änderungsantrag mit etwas mehr Bauvolumen gestellt hat und weil nebenan ein denkmalgeschütztes Gebäude steht. Es ist ein Projekt, an dem sich exemplarisch der Konflikt zeigt zwischen vorhandenem Baurecht und dem, was für die Stadtgesellschaft wünschenswert wäre. Die Menge an Wohnfläche steht dem Bauherrn zu: Sie orientiert sich gemäß Baugesetzbuch an der Umgebungsbebauung, und die habe ähnliche Umfänge, erklärt ein Sprecher der Lokalbaukommission (LBK). Und Wohnfläche ist leichter zu vermarkten als Gewerbefläche. "An einer so schönen Ecke braucht es aber eigentlich einen Laden, eine Bäckerei, ein Café, nicht Wohnen bis nach ganz unten oder Büros", sagte die Architektin Ulrike Lauber als Mitglied der Stadtgestaltungskommission. Ihre Kollegin Karin Schmid ergänzte: "Wenn man da im Erdgeschoss wohnt, braucht es ein Mittel, um Privatheit herzustellen." Und das, so hieß es, würde wohl bedeuten, dass meist die Rollläden unten wären - zum Schaden des Stadtbildes. "Die Nutzung des Erdgeschosses liegt nicht in der Hand des Architekten", verteidigte sich Andreas Schindhelm, der mit seiner Frau Nicola Schindhelm das Haus entworfen hat. Vorgabe sei Wohnen auch unten gewesen.

Kritik aus der Kommission gab es auch am "überdimensionierten Dachaufbau", so der Architekt Jürg Sulzer. Sein Kollege Peter Scheller monierte die Balkone, die in den Straßenraum ragen, obwohl die Nachbarhäuser meist mit Loggien ausgestattet seien. Loggien schmälern naturgemäß den Wohnraum innen. Loggia oder Balkon, das sei auch eine "wirtschaftliche Abwägung", erwiderte Nicola Schindhelm. Die Kommission empfahl einstimmig, aus dem Erdgeschoss ein Hochparterre zu machen und über die Balkone und die Dachgestaltung nachzudenken. Insgesamt erscheine das Gebäude ein Stockwerk zu hoch.

Dass der Investor an seinen Plänen grundlegend etwas ändert, ist unwahrscheinlich, aber nicht ausgeschlossen. Man verhandele "mit dem Bauherren, um den Anregungen aus der Kommission nachzukommen", erklärt der LBK-Sprecher. Und der Sprecher des Bauherren erklärt: "Gastronomie, beziehungsweise Gewerbe oder Arztpraxen sind derzeit nicht vorgesehen", könnten "aber auch nicht endgültig ausgeschlossen werden". Jedenfalls will der Investor bald loslegen: Im Februar sollen die Arbeiten an der Tiefgarage beginnen, im Herbst 2020 das ganze Haus fertig sein.

© SZ vom 30.01.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: