Kurzkritik:Ernsthaft amüsant

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Patricia Kopatchinskaja und Sol Gabetta begeistern als Streicherduo in der Isarphilharmonie.

Von Harald Eggebrecht, München

Dass Musik für Violine und Violoncello die gut 1800 Personen fassende neue Isarphilharmonie fast ganz füllen kann, lässt staunen. Denn bis auf die beiden Heldenstücke dieser Besetzung, nämlich das 1914 entstandene Duo von Zoltan Kodály und die 1922 entstandene Sonate von Maurice Ravel, bleibt die Literatur für diese Kombination leider ziemlich spärlich. Nun, an diesem höchst amüsanten und mitreißenden Abend lockten natürlich die beiden Stars das Publikum an: die brillante, zu Überraschungen aller Art fähige Geigerin Patricia Kopatchinskaja und die exzellente Cellistin Sol Gabetta. Und die beiden Artistinnen rockten den großen, auch in dieser Kammerbesetzung klar und rund klingenden Saal nach allen Regeln der Auftrittskunst, zu der bei Kopatchinskaja noch ein gehöriges Maß an amüsantem Instrumentaltheater gehört. Ihre Moderationen sprühten vor Charme und Witz.

Das Programm wechselte kurzweilig zwischen neuer Musik von Jörg Widmann, Jahrgang 1973, und Francisco Coll, Jahrgang 1985, sowie Duo-Bearbeitungen von alter Musik von Johann Sebastian Bach, Jean-Marie Leclair und Domenico Scarlatti. An Spielfreude, anfeuernder Virtuosität und dann wieder feinsten Klangfarbennuancen konnten beide nicht genug bekommen und forderten sich gegenseitig heraus. Ravels Sonate aber erzwingt Strenge im Raffinement, höchste Aufmerksamkeit in harmonischer, klangfarblicher und rhythmischer Hinsicht. Manchmal umschleichen sich die Instrumente in geschmeidigen Linien, manchmal reizen sie sich bis zur Aggressivität. Am eindringlichsten glückte der langsame Satz "Lent", Intensität aus der Ruhe gewonnen, Inständigkeit auf langem Atem.

Nach der Pause Kurzes von J. S. und C. Ph. E. Bach, György Ligeti und Iannis Xenakis und dann Kodály: Es wurde eine glühende, wunderbar aus dem Augenblick heraus entstehende Aufführung, geprägt von improvisatorischen Gesten, von volksmusikalischen Maskenspielen, entflammter Begeisterung, die das Ganze zum tollen Abenteuer machte, ohne abzustürzen. Ovationen, zum Dank zwei vergnügte Zugaben des Schweizer Komponisten Julien-François Zbinden.

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