Spielzeitauftakt im Hofspielhaus:Nicht nur für Pflanzenfresser

Lesezeit: 3 min

Für jeden etwas: Christiane Brammer im Fundus zwischen Liebhaberstücken aus acht Jahren Hofspielhaus. (Foto: Veronika Eckbauer/Hofspielhaus München)

Das Hofspielhaus feiert seinen achten Geburtstag mit Kostproben aus den neuen Produktionen: So erkunden Julia von Miller und Ecco Meineke in "Jurassic Parc" das Freilaufgehege des Patriarchats.

Von Barbara Hordych

So ein achter Geburtstag kann auch schon mal ins Wasser fallen. Zumindest ist es Hofspielhaus-Erfinderin und Leiterin Christiane Brammer bei ihrem eigenen so ergangen: "Da ging ich zur Kommunion, hatte so ein feines weißes Kleid an und probierte mein neues Fahrrad aus. Mit dem bin ich dann prompt ins Schwimmbad gefallen", erinnert sie sich. Nun ist der Jubilar aber ihr Hofspielhaus, das wiederum seinen Geburtstag in bester Verfassung begeht. Auch wenn anfangs niemand so recht daran glaubte, dass es sich würde behaupten können "im Schatten der großen Häuser", so Brammer, mit Oper und Theatern in unmittelbarer Nähe.

"Ich weiß noch, wie du bei mir auf dem Balkon in der Thierschstraße saßest und mir von deinem Plan, ein eigenes Theater zu eröffnen, erzähltest. Ich konnte es mir ehrlich gesagt nicht so richtig vorstellen", sagt Julia von Miller. Und heute? Blickt die vielseitige Sängerin, Komödiantin und Schwabinger Kunstpreis-Trägerin auf viele Auftritte in eben diesem Haus zurück. Dessen neue Spielzeit sie jüngst gemeinsam mit dem Musiker und Kabarettisten Ecco Meineke mit der Premiere von "Jurassic Parc" eröffnete. Zusammen streiften sie durch das seltsam vorsintflutliche Land namens Patriarchat, nahmen auf höchst amüsante und musikalische Weise sowie in diversen Sketchen dessen Bewohner und Bewohnerinnen ins Visier. Wenn sie lüstern grimassierend Songs wie "Im Wagen vor mir" konterkarieren, 1977 ein Hit von "Henry Valentino und Uschi", gruselt es einen heute bei dieser Stalker-Situation, in der ein allein fahrendes "junges und wohl hübsches Mädchen" auf der Autobahn verfolgt wird.

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Aber auch einige vielsagende Details aus der eigenen Biographie kamen zur Sprache. So stieß Julia von Miller bei ihren Recherchen auf den Umstand, dass ihr Ur-Ur-Großvater - der die Bavaria goss - acht Söhne und zwei Töchter hinterließ. Interessanterweise seien von diesen zehn Kindern aber nur acht Familienzweige ausgegangen - denn die beiden Töchter hätten statt zu heiraten "als Krankenschwestern die alten Eltern gepflegt und sich als Kinderfrauen um den Nachwuchs ihrer Brüder gekümmert." Für diese hatte das den Vorteil, dass das Erbe ihrer Schwestern an sie zurück fiel.

Mischen in "Jurassic Parc" die männlichen und weiblichen Dinosaurier auf: Julia von Miller und Ecco Meineke. (Foto: Hofspielhaus München)

"Das ist ja auch der eigentliche Grund für das Zölibat", klinkt Meineke sich ein. Bevor das Zölibat beschlossen wurde, hatten Pfarrer eben Kinder. Später zwar auch noch, "aber nur illegitime". Wovon die Kirche profitierte: denn diese Nachkommen durften nicht erben, stattdessen fielen ihre Besitztümer an die Kirche (nächste Vorstellung am 26.10.).

Bei der Geburtstagsfeier im Hofspielhaus gab Julia von Miller mit dem Fritz Tiller Jazz Trio und dem Song "Ticket to Ride" einen Vorgeschmack auf "Beatles on Board", das im Februar Premiere haben soll. Aber jetzt steht neben dem dritten und neuen musikkabarettistischen Abend "Gute Saiten, schlechte Saiten" von Friedrich-Wilhelm Tiller mit André Hartmann (wieder am 20.10.) erst einmal am 21. Oktober das Kinder-"Meerchen" über Musik und Freundschaft "Der eingebildete Krake" an - in der Regie von Dominik Wilgenbus, mit Burkhard Kosche aus dem Staatsopern-Chor schräg gegenüber und Katarina Morfa. Die Mezzosopranistin wird auch in der neuen Spielzeit weiterhin in "Tango, Tango" brillieren. Jetzt aber singen sie und Kosche, begleitet von Stephan Reiser am Klavier "am Meeresboden ist es so düster - deshalb gibt es da so fiese Biester".

Warum es am Meeresboden düster ist und es dort so viele Biester gibt, davon singen und musizieren die Mitwirkenden wie hier Stephan Reiser am Klavier in "Der eingebildete Krake". (Foto: Michael Gotschlich)

Regisseur Georg Büttel hat sich nach dem 2021 mit dem Monica-Bleibtreu-Preis der Privattheatertage ausgezeichneten Solostück "Der Kontrabass" eine weitere One-man-Show vorgenommen: "Novecento - Die Legende vom Ozeanpianisten" erzählt im Gegensatz zum "Kontrabass" nicht von einem mittelmäßigen Musiker, sondern vom "besten Pianisten aller Zeiten", erklärt Büttel. Der sich sehr darüber freut, für diese Rolle Henry Arnold gewonnen zu haben. Den dürften viele aus Edgar Reitz' "Heimat"-Filmen kennen, "für mich ist er ein Glücksfall, denn er ist nicht nur ein toller Darsteller, sondern auch ein begabter Pianist" (ab 21.11.)

Im neuen Jahr darf man sich auf eine eigenwillige Fortschreibung von Patricia Highsmith' Tom-Ripley-Kriminalromanen freuen, dabei werden Leon Sandner und Veronika von Quast miteinander ringen (7.1.) Auch Götz Otto, der hier mit seiner Verkörperung von Shakespeares "Richard III." für Furore sorgte, hat für April seine Rückkehr angekündigt, in einem Stück nach Kafkas "Prozess". "Mit den Schranken und Beschränkungen haben wir ja alle zu tun", sagt Brammer. Diese zu überwinden, dabei haben ihr unter anderen Andrea Stadler-Bachmaier und ihr Mann Markus vom Bezirksausschuss Altstadt-Lehel mit der Förderung des kostenlosen Theater für Alle-Programms im Sommer geholfen. Ihnen überreichte Brammer den diesjährigen "Preis der Leidenschaft" des Hofspielhauses.

Spielzeit-Auftakt im Hofspielhaus, Falkenturmstraße 8: "Gute Saiten, schlechte Saiten" am 20. Okt., "Der eingebildete Krake" am 21. Okt., "Jurassic Parc" am 26. Okt., alle Termine unter www.hofspielhaus.de

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