Grundstücksverkauf in München:Rätselhaftes Geschäft

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München hat 2013 ein Grundstück am Frankfurter Ring für 8,8 Millionen Euro verkauft. Wenig später soll es mit 100 Prozent Gewinn weiterverkauft worden sein. Das Kommunalreferat kann sich diese Rendite nicht erklären.

Von Dominik Hutter, München

100 Prozent Gewinn innerhalb von drei Monaten: Was sich nach einer Traumrendite im Immobilienhandel anhört, ist in den Augen der Grünen ein echtes Ärgernis - weil Privatfirmen das Geld eingestrichen haben und nicht die Stadt, der das lukrative Grundstück kurz zuvor noch gehört hat.

2013 hatte das Kommunalreferat das Areal an der Nordwestecke der Funkkaserne an einen Investor verkauft, nach SZ-Informationen für 8,8 Millionen Euro. Nun wollen die Grünen erfahren haben, dass die Fläche schon drei Monate später wieder den Besitzer gewechselt hat, diesmal für etwa 18 Millionen.

Hat die Stadt keine Ahnung, was ihre Grundstücke wert sind?, fragt Stadtrat Herbert Danner. Diese Summe hätte man doch lieber selbst einkassiert, finden nicht nur die Grünen, sondern auch Vertreter anderer Parteien - das Thema sorgt für Unruhe im Rathaus. Das Kommunalreferat weist die Vorwürfe zurück.

Im Kommunalreferat herrscht Rätselraten

"Ich würde das Grundstück heute noch genauso einstufen", versichert Helmut Thiele vom Bewertungsamt. Immerhin hatte die Stadt die Fläche zwei Jahre lang angeboten wie Sauerbier. Erst als sie mit dem Preis herunterging, gab es einen einzigen Interessenten - eben jene Grünwalder Firma, die es nach Informationen der Grünen kurz später weiterverkauft hat.

Im Kommunalreferat herrscht nun Rätselraten, wie sich der Deal für den jetzigen Eigentümer rentieren soll. Das Baurecht gebe eine solche Rendite nicht her, das sei, wenn überhaupt, nur bei einer Bebauung mit Eigentumswohnungen möglich. Eine entsprechende Änderung des Bebauungsplans aber müsste von der Stadt genehmigt werden. In diesem Fall käme übrigens doch noch ein Teil des Geldsegens im städtischen Haushalt an: Denn das Kommunalreferat hat sich per Klausel im Kaufvertrag einen Anteil an eventuellen Gewinnen durch höheres Baurecht gesichert.

Rückendeckung erhält das Kommunalreferat ausgerechnet von der Firma, die das Areal ursprünglich gekauft hatte. Der jetzige Eigentümer habe einen "überhöhten Liebhaberpreis" gezahlt, findet Andreas Schneider von "Munich Gate". Zwar seien von seiner Firma noch einige planerische Leistungen eingebracht worden - wirklich nachvollziehbar sind die 18 Millionen aber auch für "Munich Gate" nicht. Allerdings sei der Weiterverkauf in zwei Schritten erfolgt: "Munich Gate" habe 13,4 Millionen erhalten, und erst danach habe eine andere Firma die 18 Millionen für sich verbucht.

Das Grundstück mit dem Behördennamen MK 1 ist eines von nur zwei sogenannten Kerngebieten auf dem Areal der früheren Funkkaserne am Frankfurter Ring. Es liegt direkt neben der Wendeschleife der Trambahn und ist laut Bebauungsplan vor allem für Gewerbe und Büros vorgesehen, es gibt Ideen für ein Hotel und einen Supermarkt für die umliegenden Wohnquartiere. MK 1 darf nur zu 25 Prozent mit Wohnungen bebaut werden. Die allerdings sind in München der wahre Rendite-Bringer, Wohngebiete sind schon seit Jahren deutlich attraktiver als Gewerbe.

Das lässt sich gut an der Bewertung ablesen, die Thieles Abteilung 2010 für MK 1 erarbeitet hat. Diverse vergleichbare Grundstücksverkäufe wurden ausgewertet, Lage und Baurecht miteinbezogen. Das Ergebnis lautete: Die sogenannte Geschossfläche ist bei den Wohnungen 1295 Euro pro Quadratmeter wert, beim Gewerbe kamen die Gutachter auf 570. Der Supermarkt lasse sich für 975 Euro je Quadratmeter verkaufen. Was laut Thiele zum damaligen Zeitpunkt in etwa der Größenordnung der Parkstadt Schwabing und anderer Grundstücke in der Nachbarschaft entsprach.

Thiele hat ein reines Gewissen

Mit diesen Vorgaben wurde das Grundstück schließlich ausgeschrieben - nach SZ-Informationen für eine Mindestsumme von 9,7 Millionen Euro. Ohne jeglichen Erfolg allerdings. Kerngebiete sind offenbar nicht sehr attraktiv - was im Falle der Funkkaserne zur Folge hat, dass das ursprünglich ebenfalls für Gewerbe vorgesehene Nachbargrundstück MK 2 inzwischen zum Wohngebiet umgewandelt wurde. MK 1 aber soll unter anderem die Nahversorgung des Quartiers sichern, es wurde daher nach zwei Jahren erneut als Kerngebiet ausgeschrieben - diesmal ohne Mindestsumme.

Dennoch kam von ursprünglich 40 Interessenten nur ein einziges Angebot, berichtet Thiele. Das habe man dann auf seine Plausibilität geprüft - und akzeptiert. Weil sich herausgestellt hatte, dass der geplante Mischmasch aus Wohnen und Gewerbe eher für Miet- als für Eigentumswohnungen attraktiv ist. Die aber sind nur 800 bis 1000 Euro je Quadratmeter wert. Thiele hat daher ein reines Gewissen, die Stadt habe kein Geld verschenkt. Den von den Grünen angeführten Kaufpreis von 18 Millionen Euro, davon ist Thiele überzeugt, sei das Grundstück auf keinen Fall wert.

Im Schnitt 1640 Euro pro Quadratmeter wären das laut Bewertungsamt - ein Wert, der selbst bei einer (unzulässigen) Komplett-Bebauung mit Eigentumswohnungen hoch erscheint.

© SZ vom 23.08.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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