Einmal im Jahr, wenn die bundesweite Aktion Stadtradeln ansteht, rühren die Gemeinden ganz besonders die Werbetrommel fürs Radfahren. Die Bürger sind dann aufgefordert, das Auto stehen zu lassen und für mehr Klimaschutz auf das Fahrrad umzusteigen. Die gefahrenen Kilometer werden gezählt und auf dem Projektportal im Internet gemeldet oder über die Stadtradeln-App auf dem Mobiltelefon. In diesem Jahr findet die Aktion von 29. Juni bis 19. Juli statt. Während die Planegger in den vergangenen Jahren allen davon geradelt sind - wiederholt wurde die Kommune zur "radelaktivsten" Gemeinde im Landkreis gekürt - gehen einige Gräfelfinger auf Gegenkurs: Die Grünen boykottieren heuer den Wettbewerb. Der Ort sei eine "durch und durch autogerechte" Gemeinde, monieren sie.
Beim Stadtradeln sind Vereine, Schulen, Firmen, Praxen und Privatleute aufgefordert, alleine oder in Teams in drei Wochen möglichst viele Kilometer zu radeln. In Planegg haben sich bereits 21 Teams angemeldet. Vor allem die Schüler des Feodor-Lynen-Gymnasiums tragen jedes Jahr zur Rekordzahl an zurückgelegten Kilometern bei. Im vergangenen Jahr haben 1200 Teilnehmer in Planegg in der Gesamtwertung mehr als 170 000 Kilometer zurückgelegt; die Gräfelfinger schafften mit 117 Teilnehmern knapp 30 000 Kilometer. In Neuried, der kleinsten der drei Würmtalgemeinden, erzielten die Teilnehmer ein ähnliches Ergebnis.
In Gräfelfing steht die Stimmung zum Auftakt des Radl-Wettbewerbs nicht zum Besten. Der Ortsverband der Grünen/Unabhängige Liste - in den vergangenen Jahren immer mit einem Team beteiligt - verweigert die Teilnahme. Die Protesthaltung steht ganz im Zeichen des Kommunalwahlkampfs: Durch seine Haltung will der Ortsverband darauf aufmerksam machen, dass eine relevante Verlagerung des Verkehrs auf das Fahrrad mit den bestehenden Mehrheiten im Gemeinderat nicht zu machen ist, heißt es in einer Mitteilung des Ortsverbands. Er beklagt die schlechte Infrastruktur für Radfahrer: Die Bahnhofstraße biete ausreichend Parkplätze, aber keine geeignete Verkehrsführung für Radler, es gebe keine Radverbindung zur jenseits der Autobahn A 96 gelegenen Heitmeiersiedlung und es fehlten Radschutzstreifen oder Fahrradstraßen in der Gemeinde. "Symbolische Aktionen ohne entschiedenes Handeln für die Verkehrswende bringen uns da nicht weiter", sagt der Bürgermeisterkandidat der Grünen/Unabhängigen Liste, Martin Feldner, der im Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club (ADFC) engagiert ist.
Für Roland Strecker, Radverkehrsbeauftragter der Gemeinde, stellt sich die Situation anders dar. Zu 98 Prozent lasse sich in Gräfelfing gut Rad fahren, meint er. Am Rest werde gearbeitet. So soll etwa die Situation für Radfahrer in der Bahnhofstraße im Zuge der Straßensanierung im Jahr 2020/21 neu überplant und die Überquerung der Bahnhofstraße von der Stefanus- in die Würmstraße verbessert werden. Einen Radweg zur Heitmeiersiedlung gebe es durchaus: Kürzlich wurde der Asphaltstreifen auf Höhe des Elektromarkts in der Pasinger Straße verbreitert, sodass man von da nach Pasing radeln könne. Bis Ende Juni rüste die Gemeinde zudem die Fahrradabstellplätze im Bereich Rößlweg am Gräfelfinger Bahnhof um und schaffe insgesamt 32 ADFC-zertifizierte überdachte Abstellmöglichkeiten. Auch werde gerade der Neurieder Weg saniert und mit neuen Radwegen ausgestattet. Strecker geht davon aus, dass aus dem vom Gemeinderat beschlossenen Verkehrskonzept weitere Verbesserungen für die Radfahrer resultieren.
Durch die Teilnahme am Stadtradeln können sich die Bürger selbst ein Bild von der Fahrradfreundlichkeit ihrer Kommune machen. Zum Auftakt der Aktion am 29. Juni radeln alle Teilnehmer sternförmig aus ihrer Kommune zum Planegger Marktplatz. Start ist für Neurieder um 12.15 Uhr am Rathaus, für Planegger um 12.40 Uhr am Kreisel Lochamer Straße/Lena-Christ-Straße in Martinsried und für Gräfelfinger um 13.10 Uhr am Rathaus. Teilnehmer können sich selbst unter ihrer jeweiligen Kommune im Internet registrieren, für Gräfelfing unter www.stadtradeln.de/graefelfing.