Leben in München:Hier bin ich Depp, hier darf ich's sein

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Bei schönem Wetter zieht es viele Münchnerinnen und Münchner an die Isar - ob sie auch alle Sonnencreme aufgetragen haben? (Foto: Matthias Balk/dpa)

Wie kann man nur in München leben, in dieser teuren, stressigen, vollen Stadt? Ganz gut, eigentlich. Auch wenn der Bekannte aus einem Weiler an der B15 das nicht versteht.

Glosse von Andreas Schubert

Wer sich irgendwo als Münchner oder zumindest als Wahl-Münchner outet, bekommt zuweilen ungefragt eine ganze Menge Gründe zu hören, warum er oder sie im Grunde ein totaler Depp ist. Ganz vorne in der "Warum-tust-du-dir das an?"-Litanei stehen stets die Wohnkosten, gefolgt von den Bierpreisen auf dem Oktoberfest, dem Parkplatzmangel und überhaupt den vielen, vielen Menschen überall. Dieses greisliche "Minga" meide er, so gut es geht, hörte man zum Beispiel neulich von einem, der sich durch den Anschluss seines niederbayerischen Weilers an die Bundesstraße 15 als Weltbürger versteht, schon so manches All-inclusive-Ressort auf dem Globus bereist hat und auch schon ein paar Mal für einen Tag in München war.

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Seine Ausführungen machten einem wieder einmal bewusst, was Münchnerinnen und Münchner so alles verpassen. Wieso nur pferchen die sich in mickrige Etagenwohnungen und auf dem Weg zur Arbeit in stickige U-Bahnen, wenn vor dem Toskana-Haus an der B15 drei Autos darauf warten, einen mit ihrer Klimaanlage zu verwöhnen? Wie kann man nur in einer Stadt leben, in der harmlose Autofahrer rund um die Uhr von wilden Kampfradlern bedroht werden? Und warum nur gibt man in einem Biergarten einen Haufen Geld aus und ärgert sich mit Wespen rum, wenn sich doch das Helle im eigenen insektenfreien Schottergarten viel stressfreier genießen lässt?

Aus seiner Sicht hat der Weltbürger aus Niederbayern natürlich Recht. In München zu leben, ist gerade im Sommer der totale Stress. Chillen an der Isar oder im Englischen Garten? Bier- oder Schanigarten? Open-Air- oder klimatisiertes Kino? Der Zwang etwas unternehmen und sich entscheiden zu müssen, soll schon viele in den Freizeit-Burnout getrieben haben. Trotzdem wollen immer mehr Menschen hierher - für München-Hasser, wie den von der B15, ist das der beste Beweis, dass es viel zu viele Deppen gibt.

Wir fassen das mal als Kompliment auf. Und während wir im Biergarten oder an der Isar darauf anstoßen, freuen wir uns, dass es sich als Depp gar nicht mal so schlecht lebt.

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