Fürstenried/Solln:Kampf ums Kino

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Der Erhalt kultureller Einrichtungen und der Verkehr stehen in der Bürgerversammlung im Vordergrund

Von Jürgen Wolfram, Fürstenried

Die Verkehrswende ernst zu nehmen und das Radwegenetz sowie die Buslinien im Münchner Süden zu optimieren, so lautet eine Hauptforderung der Bürgerversammlung für Thalkirchen-Obersendling-Forstenried-Fürstenried-Solln. Dazu der Appell: Stadtrat und Verwaltung mögen es mit der Nachverdichtung im drittgrößten Stadtbezirk, der jetzt schon knapp 100 000 Einwohner zählt, nicht übertreiben. Entschieden verteidigen die Bürgerinnen und Bürger des "Neunzehners" die kulturellen Einrichtungen ihres Viertel. Als ein Redner die Stadt aufforderte, den Erhalt des Sollner Kinos zu sichern, brandete Beifall auf in der Sporthalle an der Gaißacher Straße, wohin die Zusammenkunft aus Coronaschutzgründen verlegt worden war. Wie unlängst die Runde machte, soll das Filmkunst-Haus an der Sollner Straße Wohnungen und einem Ladengeschäft weichen. Die Versammlungsleiterin, Bürgermeisterin Katrin Habenschaden (Grüne), erklärte, das Reizthema Kino sei "bereits im Stadtrat angekommen". Sie bekam es dann noch mit drei Dutzend anderen Anträgen und Anfragen zu tun.

Vor rund 200 Versammlungsteilnehmern forderte Hildebrecht Braun "im Interesse von Tausenden" die Rettung des Sollner Kinos. Die Stadt müsse dafür alle baurechtlichen Instrumente nutzen, die ihr zur Verfügung stehen. In einer Gegend, in der das kulturelle Angebot "nicht überragend" sei, strahle das Kino wie ein "Highlight", sagte Braun. Ein anderer Beitrag ging in die gleiche Richtung: Geboten seien hartnäckige Verhandlungen mit Immobilieneigentümer und Kinobetreiber, so der Aufruf. Beide Anträge wurden mit überwältigender Mehrheit angenommen. Auch der Bezirksausschuss-Vorsitzende Ludwig Weidinger (CSU) sprach von einer "unerwünschten Umnutzung". Gepriesen wurde das Festivalgelände in Zwischennutzung im ehemaligen Betonwerk an der Helfenrieder Straße, das "Sugar Mountain". Litten die Anwohner nicht ständig unter basslastiger musikalischer "Bedröhnung", wäre das eine "Supersache", merkte ein Nachbar an.

Das "Sugar Mountain" wird im Münchner Süden als kultureller Gewinn betrachtet - wenn nur die Lärmbelästigung nicht wär'... (Foto: Alessandra Schellnegger)

Der Verkehr treibt die Leute im Süden um wie gehabt. Bei den Buslinien 132 und 134 vermissen viele eine Taktverdichtung. Noch mehr ein Diskussionsthema: die Geh- und Radwege, deren Sicherheit und deren Ausbau. Vor allem im Bereich der Forstenrieder Allee müsse die Stadt nacharbeiten und beispielsweise auf der ehemaligen Stäbli-Trasse Grundstücke für einen Zweirichtungsradweg sowie einen Fußweg sichern, hieß es. Allgemein der Wunsch, an der Tölzer Straße und Flößergasse einen gänzlich neuen Radweg anzulegen. Andere Anträge zielten auf eine Verminderung des Verkehrslärms am Schmiedberg in Thalkirchen sowie die Einführung von Tempo 30 auf der Herterichstraße, der Forstenrieder Allee und der Diefenbachstraße.

Der "maßlosen" Nachverdichtung, wie etwa durch einen Wohnturm an der Neurieder Straße, einen Riegel vorzuschieben, ist Bürgern genauso wichtig wie eine Verschönerung des Viertels mit Bepflanzungen oder die Aufwertung durch neue Bücherschränke und Freizeitangebote. Besonders der Ratzingerplatz, der Schweizer Platz und der Siemens-Sportpark eigneten sich für solche Maßnahmen. Angemahnt wurde erneut die Ausweisung der Freifläche südlich des Sportparks als Landschaftsschutzgebiet "Isar-Solln". Dafür kämpft seit zehn Jahren bereits der Bezirksausschuss, woran dessen Vorsitzender Weidinger erinnerte. Klare Forderung auch der Bürgerversammlung: "Von Bebauung freihalten, als Frischluftschneise bewahren." Zustimmung erhielt eine Umweltpädagogin, die der Stadt einen sorgsameren Umgang mit Obstbäumen, Sträuchern, Hecken nahelegte.

Das Haus mit den legendären Filmkunstspielen an der Sollner Straße soll Wohnungen und einem Ladengeschäft weichen. (Foto: Catherina Hess)

Ist im Stadtbezirk 19 auch viel in Bewegung, so gibt es doch eine Konstante: Die Sicherheitslage sei unverändert "sehr gut", berichtete Hans Jürgen Erlebach von der Polizeiinspektion 29. 2906 Straftaten, 1837 Verkehrsunfälle und 13 000 Einsätze - 736 wegen Corona, 67 beim chinesischen Generalkonsulat - waren im Jahr 2020 dennoch zu verzeichnen.

© SZ vom 16.10.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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