Wahltag:Der große Schock bleibt aus

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Bange Blicke auf die Ergebnisse (von links): Peter Falk, Simone Schrodi mit Oskar, Michael Schrodi,Gregor von Uckermann, Christoph Maier und ein Gast im Landratsamt Fürstenfeldbruck. (Foto: Leonhard Simon)

Bei Weißbier und vegetarischer Quiche verfolgen Kandidaten, Kommunalpolitiker und Gäste im Landratsamt Fürstenfeldbruck die Wahlberichterstattung.

Von Ingrid Hügenell, Fürstenfeldbruck

Kaum ist Katrin Staffler im Landratsamt Fürstenfeldbruck aufgetaucht und - nach Aufforderung von Landrat Thomas Karmasin - tüchtig beklatscht worden, leert sich das Foyer der Kreisbehörde auch schon wieder recht schnell. Einige CSU-Vertreter wie die Frauen-Unions-Kreisvorsitzende Claudia Huber aus Maisach, haben nur gewartet, bis sie der alten und neuen CSU-Bundestagsabgeordneten gratulieren können. Dann verabschieden sie sich.

Stafflers Mann Emanuel, Bürgermeister von Türkenfeld, freut sich sichtbar über das Wahlergebnis seiner Frau, die nun zum zweiten Mal in den Bundestag gewählt wurde. Sie bedankt sich erst bei allen und steht dann an einem der kleinen, weiß gedeckten Bistrotische der Presse Rede und Antwort. Immer wieder ist sie abgelenkt, denn jetzt um 20.15 Uhr, laufen rasch hintereinander die Ergebnisse aus den einzelnen Kommunen ein. Überall liegt Staffler klar vor ihrem Konkurrenten Michael Schrodi von der SPD und auch klar vor dem Zweitstimmenergebnis ihrer Partei. Die Abgeordnete sieht das als Bestätigung ihrer Arbeit.

Stafflers gutes Abschneiden lindert den Schmerz der CSU-Vertreter wegen des bundesweiten Ergebnisses. "Ich hoffe für uns", hat Claudia Huber nach der ersten Prognose gesagt. Die sieht Union und SPD gleichauf. Danach wird es eher schlechter für die Union, die SPD führt im Bund leicht mit deutlichen Stimmgewinnen, während die Union noch deutlicher verloren hat. "Möglicherweise hätten wir doch einen schlagkräftigeren Kandidaten haben können", versucht sich Karmasin an einer ersten Analyse. Und der CSU-Landtagsabgeordnete Benjamin Miskowitsch nennt es "bezeichnend, dass wir uns heute schon über 32 Prozent für die CSU freuen". Wirklich schockiert ist aber niemand. "Das war sowieso klar, dass die Union verlieren wird", sagt Karmasin.

Die Besucher im Foyer des Landratsamts, es sind einige Wähler, die einfach so hereingeschaut haben, aber auch Vertreter der Parteien und Gemeinden, stehen um die Bistrotische, während sie auf die Kandidaten warten. Viele trinken Weißbier, später alkoholfreien Sekt. Zu essen gibt es drei Sorten vegetarische Quiche und eine mit Lachs - ist das schon ein Hinweis auf eine neue Zeit? Die Gespräche drehen sich nicht nur um Politik, sondern zwischendurch auch mal um einen Stierstall. Die Stimmung ist eher unaufgeregt. Nur die Vertreter der Grünen blicken gespannt auf den Fernsehschirm. "Wir erwarten unser bestes Ergebnis bei Bundestagswahlen und hoffen auf eine grüne Zukunft", sagt Kreissprecher Simon Würfl. Die kleine Gruppe bleibt allerdings nicht lange, die Abgeordnete und Kandidatin Beate Walter-Rosenheimer kommt nicht ins Landratsamt, die Wahlparty findet in Gröbenzell statt.

Michael Schrodi, der um 18.30 als erster Direktkandidat im Landratsamt auftaucht, mit Frau Simone, Sohn Oskar und in roten Turnschuhen, gibt sich kämpferisch und sagt: "Wir sind auch hier im Wahlkreis wieder zurück." Er führt das auf den guten Wahlkampf und seinen hohen persönlichen Einsatz zurück. Der Abgeordnete, der auch im neuen Bundestag sitzen wird, leitet aus den Stimmengewinnen seiner Partei einen deutlichen Regierungsauftrag ab, ebenso wie Peter Falk. Der Kreis- und Gemeinderat der SPD aus Gröbenzell hat selbst schon einige Male kandidiert hat, für den Bundestag, den Landtag, als Landrat, ohne Erfolg. Als Kanzlermacher sieht Ulrich Bode allerdings seine Partei, die FDP. Zwar wird er selbst nicht dem Bundestag angehören, aber er sagt, FDP und Grüne würden nun Gespräch führen und dann den Kanzler aussuchen. SPD und Union müssten Zugeständnisse machen.

Während in kleinen Gruppen Abgeordnete, der Landrat, Bürgermeister, Stadt- und Gemeinderäte miteinander reden, kommen nahezu unbemerkt drei junge Leute ins Landratsamt. Es sind Erstwähler aus Fürstenfeldbruck, alle drei gerade 18 Jahre alt. Zufällig seien sie vorbei gekommen und hätten sich entschlossen, einfach reinzukommen, sagt Diego Schulz aus Bruck. Sie seien alle drei sehr an Politik interessiert. "Es war meine erste Wahl überhaupt und gleich so eine spannende", sagt er. Die beiden jungen Frauen, die ihren Namen nicht in der Zeitung lesen wollen, nicken. Diego Schulz sagt, er sei mit dem Ergebnis sehr zufrieden und wünsche sich nun eine Ampel-Koalition. Armin Laschet möchte er nicht als Kanzler. Eine seiner Begleiterinnen könnte auch mit einer Jamaika-Koalition leben.

"Klimaschutz ist zweitrangig", sagt Schulz, wichtiger sei eine funktionierende Wirtschaft. Denn ohne die gebe es nicht genug Geld für den Klimaschutz. Für seine Begleiterin spielt das Thema soziale Gerechtigkeit eine wichtigere Rolle als die Umwelt. "Man muss die Kluft zwischen Arm und Reich kleiner machen", sagt sie.

Froh sind sie alle drei, dass es für Rot-Rot-Grün nicht reichen wird. Denn mit der Einstellung der Partei "Die Linke" zu EU und Nato sind die jungen Leute gar nicht einverstanden. Später wird Ernestine Martin-Köppl auf Fragen der Presse darüber nachsinnen, woran es gelegen haben könnte, dass die Linke diesmal so schlecht abgeschnitten hat. Die jungen Leute, die ihr einen inhaltlichen Grund hätten nennen können, sind da schon wieder weg. Mit einem Politiker oder einer Politikerin haben sie nicht geredet.

© SZ vom 27.09.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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