Ausgezeichnete Projekte (2):Echte Lebensräume schaffen

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Eine Blühfläche, die 2018 angelegt wurde, im Mai 2023. (Foto: Margit Pesch/oh)

Das Projekt "Brucker Land blüht auf" wird mit Umweltpreis von Bürgerstiftung und SZ ausgezeichnet. Nun sollen auch Firmengelände naturnäher gestaltet werden.

Von Ingrid Hügenell, Fürstenfeldbruck

Zum zweiten Mal hat die Bürgerstiftung für den Landkreis Fürstenfeldbruck zusammen mit Süddeutscher Zeitung und Sparkasse einen Umwelt- und Klimapreis vergeben. Erstmals gab es in Kooperation mit dem Jugendkreistag zudem eine Jugendkategorie. Die SZ stellt die sieben ausgezeichneten Projekte vor, diesmal "Brucker Land blüht auf".

13 Hektar zuvor ungenutztes Land sind im Landkreis Fürstenfeldbruck seit 2018 in blühende Flächen verwandelt worden, in dauerhafte Lebensräume für eine vielgestaltige Insektenfauna - Verkehrsinseln, Randstreifen an Straßen, häufig gemähte Wiesen, öffentliches Grün. Geschaffen haben diese Flächen die Teilnehmer des Projekts "Brucker Land blüht auf" - und zwar noch vor dem erfolgreichen Volksbegehren zur Artenvielfalt.

Dafür sind das Brucker Forum, vertreten durch Kerstin Jäger sowie die Solidargemeinschaft Brucker Land, vertreten von Margit Pesch und Sonja Schlemmer, mit einem der beiden mit 1500 Euro dotierten Hauptpreise des Umwelt- und Klimapreises der Bürgerstiftung für den Landkreis Fürstenfeldbruck und der Süddeutschen Zeitung ausgezeichnet worden.

Kerstin Jäger (von links), Sonja Schlemmer und Margit Pesch mit Urkunde und Sonnenblume. (Foto: Bürgerstiftung/oh)

"Wir sind richtig stolz auf das Projekt", sagt Margit Pesch. "Das war nicht nur ein kurzes Highlight." Sie ist im Vorstand von Brucker Land für die Säule "Umwelt und Natur" zuständig und ist seit Beginn beim Projekt dabei. Die 1500 Euro Preisgeld sollen wieder in ein Naturprojekt fließen. Welches das sein wird, werde noch beschlossen, teilt Pesch mit.

Die Flächen sind passend zum Standort so angelegt worden, dass heimische Pflanzen bei richtiger Pflege eine wirkliche Lebensgemeinschaft bilden. Magerwiesen, Säume und Streuobstwiesen sind so entstanden, sie wurden mit erklärenden Schildern versehen. Nicht nur Blütenbesucher finden dort Nahrung, sondern auch Schmetterlingsraupen, Grashüpfer und viele andere Insekten. Immer wieder blieben Berichten von Bauhofmitarbeitern Menschen bei den Flächen stehen, die wissen wollten, wie sie auch so eine schön blühende Wiese bekommen könnten.

Die Blühfläche am Emmeringer Bürgerhaus im Frühsommer. Es blühen unter anderem das gelbe Echte Labkraut und violette Flockenblumen. (Foto: Margit Pesch/oh)

Die meisten blühen bis heute. Manche allerdings sind wieder, wie vorher, mit saisonalen Gewächsen wie Stiefmütterchen, Tagetes und Eisbegonien bepflanzt worden, vor allem in Fürstenfeldbruck selbst.

Das Projekt ist eine Kooperation der Solidargemeinschaft Brucker Land und des Brucker Forums, das im Landkreis Erwachsenenbildung betreibt. Es begann 2018 mit einer Auftaktveranstaltung, bei der der renommierte Naturgartenplaner Reinhard Witt sein Konzept etwa 80 Vertretern von Kommunen und Pfarreien vorstellte.

Die Resonanz war sehr positiv. Die Gemeinden Althegnenberg, Adelshofen, Eichenau und Emmering, die Städte Fürstenfeldbruck, Olching und Puchheim, der Landkreis und die Pfarrgemeinde Sankt Margaretha in Günzlhofen machten schließlich mit. Sie alle wollten einige ihrer Flächen zu Blühflächen machen und sich von Witt zeigen lassen, wie das geht.

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Die Besonderheiten des Witt'schen Konzepts sind, dass die Flächen fast ausschließlich mit heimischen Wildpflanzen angelegt werden. Die Auswahl ist an die Art der Fläche und des Bodens angepasst. Teils wird gesät, teils werden kleine Pflänzchen eingesetzt, damit schon im ersten Jahr etwas blüht. Die Leute, die für Anlage und Pflege der Flächen zuständig sind, im Falle der Gemeinden vor allem Bauhofmitarbeiter, werden an Ort und Stelle geschult. Sie lernen, wie die Flächen vorbereitet werden, welches Saatgut das richtige ist und wie man es ausbringt, und auch, wie oft und wie die Blühflächen gemäht werden sollten, damit sich dauerhaft ein gutes Ergebnis einstellt.

Bei "Brucker Land blüht auf" wurde anhand der Beispielgemeinde Emmering gezeigt, wie es geht - etwa auf einer Fläche beim Johanniter-Kindergarten oder beim Bürgerhaus am Lauscherwörth. Die Kommunen sparen sich Geld, weil nicht, wie sonst häufig, auf öffentlichen Flächen dreimal im Jahr neue Pflanzen eingesetzt und dann wieder entfernt werden, und auch, weil die Flächen viel seltener gemäht werden.

Margit Pesch von Brucker Land und Leonhard Högenauer vom Bauhof Emmering 2019 bei der Pflege eines Blühstreifens bei Nassenhausen. (Foto: Günther Reger)

Für die beteiligte Pfarrgemeinde Sankt Margarethe stehe die Bewahrung der Schöpfung im Fokus, erklärt Kerstin Jäger vom Brucker Forum. Aus diesem Projekt ist die Handreichung Pfarrflächen blühen auf" entstanden, mit genauen Beschreibungen.

2019 wurde Emmering, die Beispielgemeinde, vom Bezirk Oberbayern als bienenfreundliche Kommune ausgezeichnet. Und im Jahr darauf wurde das Gesamtprojekt "Brucker Land blüht auf" ausgezeichnet als Projekt der UN-Dekade Biologische Vielfalt .

Die Fortsetzung des Projekts, "Brucker Betriebe blühen auf", ist indes noch nicht wirklich angelaufen, wie Pesch und Jäger sagen. 2021 gab es eine Auftaktveranstaltung - wegen Corona als Videokonferenz. Gemeldet hat sich allerdings bisher keine Firma. Auch zu einem Termin bei der Fürstenfeldbrucker Firma Sykam Anfang Juli kamen keine Interessenten. Sykam wurde 2021 im Rahmen des Blühpakts Bayern der Staatsregierung als Blühender Betrieb zertifiziert.

Die Dachterrasse der Firma Sykam dient als natürliche Klimaanlage. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Eine Besonderheit der Firma ist die 280 Quadratmeter große Dachterrasse, die mit einem 70 Zentimeter starken Tonsubstrat bedeckt wurde und von Gras bewachsen wird. Sie speichert 60 Kubikmeter Wasser und dient als natürliche Klimaanlage des Gebäudes - sie kühlt im Sommer und hält im Winter die Wärme.

"Wenn man das von Anfang an mitplant, ist es nicht schwierig, das umzusetzen", sagt Sykam-Inhaber Karl-Heinz Jansen über seine blühende Firma. Wer Interesse habe, könne jederzeit vorbeikommen und sich informieren lassen. Pesch und Jäger hoffen, dass viele Betriebe das Angebot annehmen und so das Brucker Land weiter aufblüht.

Bisher erschienen: Menschen und der Umwelt helfen - Warum das Projekt "Wir entsorgen - ohne Sorgen" der Eugen-Papst-Schule den Umweltpreis von Bürgerstiftung und SZ erhalten hat.

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