SZ-Serie Energiewende 2030 (Teil 10):Glühbirnen raus

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Die Gemeinde Eichenau kommt bei der Umsetzung neuer Energiekonzepte nur langsam voran. Zwar werden die Straßenlampen sukzessive mit LED-Technik ausgestattet. Aber das ist nur ein weiterer kleiner Schritt.

Von Erich C. Setzwein

Ludger Grage (li.) und Michael Kneip auf dem Dach des Pfarrsaals. Ihnen geht es nicht nur um technischen Neuerungen, sondern auch darum über den Gottesdienstplan ein ökologischen Gewissen zu vermitteln. (Foto: Johannes Simon)

Das Gute an Eichenau ist sein Platz im Grünen. Und genau das ist auch das Schlechte an Eichenau. Denn allzu viel Grün im Ort hat bislang den größeren Ausbau der Fotovoltaik verhindert. Zwar gibt es eine Bürgersolaranlage, auch auf dem neuen Feuerwehrhaus wird privat Strom erzeugt, und es gibt etliche private Dachanlagen, doch einer effektiven Nutzung der Solarpaneele sind vielfach die hohen, Schatten werfenden Bäume im Weg. Zudem sind viele Dächer nicht nach der für die Sonnennutzung optimalen Südseite ausgerichtet. Das sind die Probleme, mit denen Bauherren in der Gartenstadt Eichenau rechnen müssen, doch wenn es mit der individuellen Energieerzeugung nicht so recht klappt, dann wenigstens mit einer zentralen? Doch auch da gilt: Fehlanzeige. "Eichenau hat nicht die Siedlungsstruktur für eine zentrale Wärme- und Energieversorgung", sagt Claus Ehrenberg, der Vorsitzende des Eichenauer Umweltbeirats. So müsste sich die Gemeinde etwas einfallen lassen, um einen ausreichend großen Beitrag zur Energiewende im Landkreis zu leisten. Bis 2030, da ist sich der Umweltbeiratsvorsitzende ziemlich sicher, ist das nicht zu schaffen.

Unterstützung bekommt die Gemeinde bei ihren Bemühungen momentan vom bayerischen Umweltministerium, bei dem Eichenau in einer Art Wettbewerb einen Energiecoach "gewonnen" hat. Insgesamt fünf Mal wird der Berater in regelmäßigen Abständen die Kommune besuchen, den Bestand aufnehmen und die Potenziale aufzeigen. Hauptaugenmerk dürfte dabei, wie Bauamtsleiter Andreas Troltsch schon vor dem Abschlussbericht vermutet, auf dem Energiesparen liegen. Grundlegend Neues erwartet er nicht, "der Energiecoach kann uns in Einzelheiten weiterhelfen, zum Beispiel, wo noch Fotovoltaik möglich ist." Laut Troltsch steht die Gemeinde ohnehin nicht schlecht da.

Die politische Gemeinde Eichenau kann sich selbst bereits die energetische Sanierung öffentlicher Gebäude, den Bau eines Blockheizkraftwerkes und die Bereitstellung von Dächern für private Fotovoltaikanlagen, zuletzt das auf der Starzelbachschule, zuschreiben. Ebenfalls zu den anstehenden Baumaßnahmen gehört der Austausch der Fenster und der Einbau einer Lüftungsanlage in einem Haus der Dering-Schule. Die Situation der Gemeinde im Kontext des Energiewendekonzepts des Landkreises Fürstenfeldbruck stellt sich für den Bauamtsleiter so dar: "Große Teile sind schon erledigt."

Ganz so rosig sieht es der Umweltbeiratsvorsitzende Ehrenberg nicht. Er gibt Defizite bei den kommunalen Liegenschaften zu bedenken, es müsste seiner Meinung nach mehr getan, ein Energiemanagement eingeführt und mehr kontrolliert werden. Als bislang größten Erfolg schreibt sich der Umweltbeirat auf die Fahnen, dass er mit seinen Vorschlägen zur Umrüstung der stromintensiven Straßenbeleuchtung durchgedrungen ist. Mittlerweile werden in den Eichenauer Straßen, die zum Ausbau oder zur Sanierung anstehen, Straßenlampen mit LED-Technik installiert. "Allerdings nur eine Straße pro Jahr."

Wie also kommt es dennoch zu Fortschritten? Mit kleinen, könnte die Antwort lauten, aber in Summe effektiven Maßnahmen. Gut zu beobachten ist dies bei den beiden kirchlichen Umweltgruppen, die ihren Kirchen-Betrieb haben prüfen und zertifizieren lassen. Laut Claus Ehrenberg haben sie eine "hervorragende Arbeit geleistet". Auch wenn das Engagement der kirchlichen wie technischen Laien hoch eingeschätzt wird, eine ökumenische Energiewende gibt es in Eichenau dennoch nicht. Jede Kirche verfolgt eigene Ziele und stellt sich eigene Aufgaben, um die jeweiligen Zertifizierung erfüllen zu können.

In der katholischen Schutzengelgemeinde versucht man es unter anderem mit Energiesparmöglichkeiten und der konsequenten Weiterverbreitung von Umweltwissen. Das leisten die Mitglieder der EMAS-Gruppe schon seit 2008. Damals wurden sie mit nach den EMAS-Regeln, die auf einer EG-Verordnung und einer Din-Iso-Norm aufbauen, von der Industrie- und Handelskammer zertifiziert. Das sei, wie Norbert Grage, Sprecher der Gruppe erzählt, keine einmalige Sache, sondern es fänden regelmäßig Nachprüfungen statt. Im Oktober 2014 steht die nächste an, bis dahin gilt es, die bislang gesteckten Ziele zu erreichen und sich neue Aufgaben zu suchen. Dabei geht es nicht ausschließlich darum, Glühbirnen heraus- und LED-Lampen einzuschrauben. Aber es ist ein Baustein in dem gesamten Konzept.

Die Sanierung des 1926 erbauten und unter Denkmalschutz stehenden Pfarrhauses etwa gehört zu den Anstrengungen, das Zertifikat zu erfüllen. Wegen der geschützten Außenfassade wurden die Wände innen gedämmt, auch durch das Dach entweicht nun nur noch wenig Wärme. Neue Heizkörperventile sorgen zusätzlich für Spareffekte. Und auf dem Dach des Pfarrsaals macht eine Fotovoltaikanlage aus Sonnenlicht Strom mit einer Spitzenleistung von 4,8 Kilowatt. Norbert Grage und dem Vorsitzenden der Umweltgruppe, Michael Kneip, kommt es aber nicht nur auf die technischen Neuerungen an, sondern auch auf "Verkündigung und Veröffentlichung". So wird versucht, ein wenig Umweltgewissen auch über den monatliche Gottesdienstplan zu transportieren. Der Arbeitskreis Umwelt und Schöpfungsverantwortung hat dafür ein paar Zeilen Platz, derzeit wird auf den sinnvollen Umgang mit Warmwasser hingewiesen. Über das hinaus werden die Mitarbeiter geschult und mit den EMAS-Zielen vertraut gemacht. Das geht so weit, dass der Papierverbrauch, der Müllanteil und der Energieverbrauch pro Person errechnet wird. Und weisen die Zahlen nach unten, ist wieder eine Aufgabe geschafft.

Doch nicht nur die katholische Kirche in Eichenau ist aktiv an der Energiewende beteiligt, auch bei den Protestanten ein paar Hausnummern weiter auf der Hauptstraße, wird an Einsparplänen getüftelt. Die Katholiken halten ihr Niveau der Zertifizierung zwar für höher, "aber das brauchen wir nicht", sagt der Pfarrer der Friedenskirche, Christoph Böhlau. Bei ihnen ist die Norm der "Grüne Gockel", die Kriterien, nach denen sich die Friedenskirche hat 2012 zertifizieren lassen, sind weitgehend identisch und beruhen auf den EU-Richtlinien. Ähnlich wie in der Schutzengelkirche, stammen die Gebäude der Friedenskirche aus Zeiten, in denen an effektiven Wärmeschutz niemand dachte. Das ehemalige Unterkunftsgebäude der evangelischen Jugend München stammt aus dem Jahr 1936, heute ist es saniert und beherbergt den Vorkindergarten. Und noch vor der Zertifizierung stand der Austausch der Heizung für die Pfarrgebäude außer der Kirche an. Bei der Generalsanierung 2009 hat man sich für eine Holzpelletanlage entschieden. "Das hat uns 50 Prozent an Wärme eingespart", sagt Böhlau.

Diese Vorleistung konnte die seinerzeit siebenköpfige Gruppe, die das Verfahren für den Grünen Gockel vorbereitete, schon in den Zertifizierungsprozess einbringen. Der Austausch von Technik allein aber führt noch nicht zu den Resultaten, die notwendig sind, um die Rezertifizierung zu erhalten. Mitarbeiter seien geschult worden, berichtet der Pfarrer, es ging ums richtige Lüften, aber auch um Lebensmittel bis hin zur Verwendung von Putzmitteln. Alles Kriterien, die die EU vorgegeben hat und die zu einem sorgsameren Umgang mit Ressourcen führen sollen. In der Friedenskirche fühlt man sich an die Willenserklärung gebunden und auf dem richtigen Weg. Und das am besten ohne Einmischung von außen. Die Projektleiterin Andrea Köhler-Wanner hält kritischen Abstand zum Energiewendeverein Ziel 21 und den politischen Vorgaben im Landkreis. Es sei bislang alles unabhängig gewesen, man wolle sich auf keinen Fall von der Politik ausbremsen lassen. Schließlich seien alle Beteiligten ehrenamtlich tätig, so Köhler-Wanner: "Entscheidend ist, dass man etwas verändern möchte."

© SZ vom 14.08.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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