SZ-Adventskalender:Endlich ein eigenes Bett

Lesezeit: 3 min

Neuer Name, altbackenes Konzept: Lauterbachs Gesundheitspläne. (Foto: imago stock&people/imago/Westend61)

Claudia Zimmer schläft seit 39 Jahren auf einer Ausziehcouch. Die ist kaputt, doch die Ersparnisse für ein neues Möbel haben eine Erkrankung und die Inflation aufgezehrt. Monika Fuchs kann sich weder eine neue Brille noch Weihnachtsgeschenke für ihre schwerstbehinderte Tochter und ihren Sohn leisten.

Von Ingrid Hügenell, Germering

Das Café Zenja in Germering ist nicht nur ein Café, sondern auch ein soziales Projekt. Hier arbeiten zum einen Menschen, die im ersten Arbeitsmarkt keinen Job finden würden - häufig, weil sie psychisch krank sind. Zum anderen hat Leiterin Leonie Seyfried auch feste Mitarbeiterinnen. Zwei von ihnen sind durch Krankheit, die Inflation und höhere Energiepreise in Not geraten. Der Adventskalender möchte sie unterstützen.

Claudia Zimmer (Name geändert) hat zwei Jobs - einen in einer Klein-Gastronomie, einen eben im Café Zenja in Germering, wo sie Leonie Seyfried vor allem beim Catering unterstützt. Dennoch reicht das Geld hinten und vorne nicht. Zum einen, weil alles teurer geworden ist, das belastet Menschen wie sie, die zu geringen Löhnen arbeiten, besonders. Zum anderen, weil die 65-Jährige seit einiger Zeit krank ist und nicht arbeiten kann. In ihrer linken Ferse hat sich eine große, sehr schmerzhafte Entzündung gebildet, eine Folge ihrer Osteoporose und der Überbelastung durch langes Stehen in Sicherheitsschuhen auf hartem Boden. Den Fuß soll sie nicht belasten, er steckt in einer speziellen Orthese.

Leonie Seyfried, die Leiterin des Café Zenja, weiß, wie wichtig es für Gäste und Mitarbeitende ist. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Wenigstens gut schlafen möchte sie können, und nun, da beide Söhne ausgezogen sind, könnte sie sich ein Schlafzimmer einrichten. Seit 39 Jahren schläft sie auf einer Ausziehcouch, die nun ihren Geist aufgibt. Der Adventskalender möchte Claudia Zimmer ein Bett finanzieren samt Lattenrost und einer guten Matratze, für den schmerzenden Rücken. "Ich habe auf das Bett gespart, aber jetzt ist alles weg", sagt Zimmer. Die lange Krankheit habe die Ersparnisse aufgezehrt.

Ihre Sorgen will sich die Frau nicht anmerken lassen

Die fröhliche Frau mit dem kecken Kurzhaarschnitt will sich nicht anmerken lassen, dass sie eigentlich große Sorgen hat. Erst nach und nach erzählt sie, dass sie nicht alle Räume ihrer Drei-Zimmer-Wohnung heizen kann, und lieber dick angezogen, mit Wärmflasche und Decke im Wohnzimmer sitzt; dass sie auf lindernde Wannenbäder verzichtet, seit alles teurer wird, und ungewiss ist, was an Energiekosten auf sie zukommt. Und auch beim Essen spart sie, Fleisch gibt es kaum, oft nur Spiegelei und Brot, "ich muss auch nicht dauernd warm essen", sagt sie.

Und was soll werden, wenn sie kommendes Jahr in Rente geht? Wie soll dann das Geld reichen? Als alleinerziehende Mutter hat sie nie viel verdient und zudem viele Fehlzeiten. Ihr jüngerer Sohn litt, wie sie berichtet, als Kind unter schwersten Allergien. Deshalb habe er nicht in Kitas oder dem Hort betreut werden können. Zimmer blieb deshalb zu Hause. Schon als die Kinder klein waren, musste die Familie auf vieles verzichten - zum Beispiel auf Urlaub. Nun sind die Söhne erwachsen. "Die sollen jetzt leben" - und nicht ihre Mutter versorgen müssen.

Geholfen wäre Claudia Zimmer, wenn sie eine kleinere, günstigere Wohnung finden würde, am liebsten eine mit einem Balkon. "Das ist mein größter Wunsch. Dann könnte ich auch draußen sitzen, wenn ich so wie jetzt nicht raus kann." Das Spazierengehen oder Wandern fehlen ihr sehr. "Ich sitze in einer Drei-Zimmer-Wohnung, total verloren."

Wenn die Tochter krank wird, muss die Mutter zur Pflege mit ins Krankenhaus

Immer schon hat Monika Fuchs (Name geändert) sehr sparsam geheizt, so dass sie bei der Heizkostenabrechnung immer 200 Euro herausbekommen habe. Doch in diesem Jahr habe sie fast 1200 Euro nachzahlen müssen, und 2023 soll das Gas nochmal doppelt so teuer werden. Auch die Kosten für Strom hätten sich verdoppelt, berichtet die 49-Jährige mit den streng zurückgenommenen Haaren. Beim Einkaufen merkt sie die gestiegenen Preise - "die haben's in sich".

Auch sie will nicht jammern. Im Café Zenja versuche man immer, das Positive zu sehen, sagt Seyfried. Geld für die dringend benötigte Brille und Weihnachtsgeschenke für die beiden erwachsenen Kinder hat Fuchs jedenfalls nicht. Hier möchte der Adventskalender einspringen.

Auch Fuchs ist alleinerziehend, ein Kind ist zwar erwachsen, wohnt aber noch zu Hause. Lisa, die 19-jährige Tochter, ist schwerstbehindert. Sie sitzt im Rollstuhl, kann sich selbst nicht versorgen und fällt in Pflegegrad fünf, die höchste Stufe, die mit besonderen Anforderungen an die pflegerische Versorgung einhergeht. Unter der Woche lebt sie in einer Einrichtung im Landkreis Dachau und verbringt die Wochenenden daheim bei der Mutter. Die führt die Behinderung, eine infantile Cerebralparese, auf eine Operation zurück, der sie sich in der Schwangerschaft unterziehen musste.

Immer wieder wird die Tochter krank, sie muss dann ganz plötzlich ins Krankenhaus, oft wochen-, manchmal sogar monatelang. Und da in der Klinik zwar die medizinische Versorgung sichergestellt sei, nicht aber die pflegerische, müsse auch sie dann ins Krankenhaus und die Tochter wickeln, waschen und füttern, erklärt Fuchs.

Das mache kein "normaler" Arbeitgeber mit, sagt die Frau, die eine gastronomische Ausbildung hat - dass man plötzlich alles stehen und liegen lassen muss. Im Café Zenja funktioniert das, weshalb die zierliche Frau dort seit elf Jahren angestellt ist. Ihre Fallmanagerin vom Jobcenter habe ihr dazu geraten. Mehr zu arbeiten als Teilzeit sei aber auch im Café Zenja nicht drin, "dann fehlt die Energie, wenn die Lisa am Wochenende heimkommt". Deshalb erhält sie zusätzlich zu dem Tariflohn Leistungen vom Jobcenter. Sehr helfen würde es ihr, jemanden zu finden, der ihr im Rahmen der Entlastungspflege hilft. Doch solche Fachkräfte sind nicht zu bekommen.

So können Sie spenden:

Adventskalender für gute Werke der Süddeutschen Zeitung e.V.

Stadtsparkasse München

IBAN: DE86 7015 0000 0000 6007 00

BIC: SSKMDEMMXXX

www.sz-adventskalender.de , https://www.facebook.com/szadventskalender

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ-Adventskalender
:Helferin gerät in Wohnungsnot

Eine Frau aus dem Landkreis übernimmt die Pflege für das Kind ihrer kranken Halbschwester in München. Weil Behörden und Bürokratie in ihrem eigenen Regel-Dschungel nicht durchsehen, steht sie plötzlich unverschuldet vor der Obdachlosigkeit.

Von Florian J. Haamann

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: