Sparvorschlag:Weniger Geld für Schulsozialarbeit

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Pädagogen und Eltern kritisieren Kultusminister Spaenle, weil er freie Mittel an deb Gymnasien vor allem für den Unterricht einsetzen will.

Stefan Salger

Mit großer Skepsis ist im Landkreis der Vorstoß von Ludwig Spaenle aufgenommen worden, freie Finanzmittel der Gymnasien stärker für Aushilfslehrkräfte einzusetzen. Bayerns Kultusminister will Unterrichtsausfälle auf Kosten der Schulsozialarbeit reduzieren. Pädagogen warnen, die Rechnung werde nicht aufgehen. Sie wehren sich dagegen, dass ein wichtiges sozialpädagogisches Angebot geopfert werden soll.

Mit seiner Dienstanweisung reagiert Spaenle auf die Klagen vieler Eltern über ausfallende Stunden. In den "Leitlinien zur Vermeidung von Unterrichtsausfall" heißt es, das Stundenkontingent, über das die Schulen bislang relativ frei verfügen konnten, solle vom kommenden Schuljahr an "zu mindestens zwei Dritteln" reserviert werden, um fehlenden Unterricht zu ersetzen. Je nach Schülerzahl zwischen 20 000 und 40 000 Euro umfasst der Etat. Wie viel vom Stundenbudget für Pflichtstunden, Wahlfächer, Förderstunden oder eben Sozialarbeit aufgewendet wurde, darüber entschieden bislang die Gymnasien weitgehend selbst. Vor allem in München, aber auch Fürstenfeldbruck, Gröbenzell, Olching und Puchheim wurde das Geld genutzt, um Fachkräfte wie Iris Plischke ins Boot zu holen. Die studierte Sonderpädagogin klärt in Olching über die möglichen Folgen des Rauschgiftkonsums auf oder interveniert in Fällen von Mobbing - in Klassen oder bei Bedarf auch von Angesicht zu Angesicht. Eltern und Lehrer finden ebenfalls bei ihr Rat. Bedarf gibt es genügend für dieses "niederschwellige Angebot", darauf deutet auch die steigende Zahl von Selbstverletzungen hin.

In der fünften Klasse belastet der Übertritt manchen Schüler, in der sechsten Klasse kann die Umstellung aufs achtstufige Gymnasium sozialen Druck befördern und in der achten und neunten Klasse kämpfen die Jugendlichen mit der Pubertät. Dann können sie - ebenso wie Schüler an Haupt- oder Realschulen - einen "neutralen" Ansprechpartner in der Schule gut gebrauchen. "Ich könnte viel mehr machen", sagt Plischke. Aber ebenso wie an anderen Gymnasien müssen schon heute 20 Wochenstunden für mehr als 1000 Schüler reichen. "Ziemlich skandalös" findet Iris Plischke deshalb die geplanten Kürzungen. Angst um den eigenen Job hat sie nicht, denn sie wird ohnehin nach dem Schuljahr aufhören. Befristete Verträge, unbezahlte Ferien und eine insgesamt schlechte Bezahlung seien auf Dauer nicht hinnehmbar.

Dass die Mittel, die bei der Sozialarbeit eingespart werden, überhaupt etwas ändern würden am Unterrichtsausfall, das bezweifelt Hermann Baumgartner, Schulleiter des Gröbenzeller Gymnasiums. Er spricht von einer "bedauerlichen Entwicklung" und einem Verlust an Flexibilität. Auch der Elternbeirat wolle auf die Sozialarbeit nicht verzichten. Qualifizierte Aushilfslehrer, die im Falle von Erkrankungen oder Elternzeit einspringen, seien kaum zu finden, betont Baumgartner ebenso wie Georg Gebhard vom Germeringer Carl-Spitzweg-Gymnasium.

Können die Schulen das Geld aber weder für diesen Zweck noch für die Sozialarbeit abrufen, dann würde es letztlich beim Ministerium bleiben. Vielleicht stecke ja gerade das hinter all den Plänen, ärgert sich Jürgen Zucht, stellvertretender Elternbeiratsvorsitzender am Brucker Viscardi-Gymnasium. Baumgartner hat dabei noch Glück: Eine seiner zwei Halbtagskräfte ist ein Pädagoge aus Serbien, der bei Unterrichtsausfällen als Sportlehrer ebenso eingesetzt werden kann wie als Sozialpädagoge.

Am Carl-Spitzweg-Gymnasium wird die von Spaenle anvisierte Quote schon heute eingehalten. Die Kritik des Schulleiters greift denn auch weiter: Gebhard hält die Aufgabenteilung zwischen Freistaat und Landkreis bei Bildung und sozialer Jugendfürsorge für kontraproduktiv. Die Aufgaben der Kommunen würden auf die Schulen verlagert. Ohne Geld aber sei das kaum zu leisten.

© SZ vom 28.02.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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