Fürstenfeldbruck:Sicher am See

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Wer am Screening teilnimmt (wie hier zwei Zweitklässler der Grundschule Aufkirchen), erhält eine Badekappe, die mit dem Logo der Initiative versehen ist. (Foto: Stefan Salger)

Die Initiative "FFB schwimmt" will erreichen, dass sich alle Kinder aus dem Landkreis über Wasser halten können. Wer einen Kurs belegen sollte, zeigt sich beim Screening der zweiten Grundschulklassen.

Von Stefan Salger, Fürstenfeldbruck

Vier Kinder lassen sich vom Betreuer auf Schwimmbrettern und Schwimmnudeln durchs Wasser ziehen und haben ihren Spaß dabei. Daneben begleitet eine Lehrerin im Wasser Buben und Mädchen, die einzeln quer durchs Becken schwimmen - ganz ohne Schwimmhilfen. Mehr als 30 Zweitklässler der Grundschule Aufkirchen, alle im Alter um die sieben oder acht Jahre, spulen in der Fürstenfeldbrucker Amperoase etwa eine Stunde lang ein festes Programm ab, das sie aber augenscheinlich nicht als lästige Pflicht begreifen.

Wer noch nicht so sattelfest im Wasser ist, reitet auf Schwimmnudel und Schwimmbrett, wie hier bei der ersten Kurseinheit mit Schwimmlehrer Daniel Leppin. (Foto: Stefan Salger)

Das Ziel: Bei diesem "Screening" soll festgestellt werden, wer sich schon sicher selbständig über Wasser halten kann und wer im Idealfall schnell in einen entsprechenden Kurs vermittelt wird. Mit dem Projekt, das von Schulamt, Maisacher und Puchheimer Grundschulen sowie Bürgerstiftung und Hans-Kiener-Stiftung angestoßen worden ist und auch von Sparkassenstiftung und Hans-Stangl-Stiftung unterstützt wird, sollen möglichst alle Viertklässler zu sicheren Schwimmern werden. Konkret messbar heißt das: sie sind in der Lage, sich 15 Minuten über Wasser zu halten - bis in Notfällen beispielsweise die Wasserwacht am Badesee eintrifft oder andere Badegäste helfen.

Qualifizierte Lehrerinnen und Lehrer oder Rettungsschwimmer begutachten die Kinder einzeln. (Foto: Stefan Salger)

An einem Mittwoch wird das ehrgeizige Projekt im Fürstenfeldbrucker Hallenbad vorgestellt, das ebenso genutzt werden kann wie weitere Bäder im Landkreis. Den Organisatoren merkt man ihre Begeisterung an. Sie sind gewillt, nicht nur über Probleme und Defizite zu reden, sondern sie auch anzupacken. Während sich nebenan die Bewertungsbögen der am Beckenrand stehenden Betreuer langsam füllen, erklären sie die Hintergründe. Die sind besorgniserregend.

Kleine Pause am Beckenrand: Schülerinnen und Schüler aus der zweiten Klasse der Grundschule Aufkirchen. (Foto: Stefan Salger)

So kommt eine Studie der Deutschen Lebensrettungsgesellschaft (DLRG) zu dem Schluss, dass sechs von zehn Zehnjährigen "keine sicheren Schwimmer" sind. Kein Wunder, schließlich schließen allerorten die kommunalen Bäder und es fehlt an Fachkräften. Nur noch 13 Prozent der Buben und Mädchen haben der Studie zufolge Schwimmen im Zuge des Schulunterrichts gelernt. Da nutzt es auch nichts, dass Schwimmen bis zur zehnten Klasse im Lehrplan verankert ist - ohne geeignetes Bad bleibt das allzu oft graue Theorie.

Beim Pilotprojekt haben sieben von zehn das Becken vor Ablauf der 15 Minuten verlassen

Bei dem im Oktober gestarteten Pilotprojekt an der Grundschule Gernerplatz in Puchheim hat sich die Studie als sehr realistisch erwiesen: 346 Schülerinnen und Schüler nahmen teil, sieben von zehn haben das Becken vor Ablauf der 15 Minuten verlassen. Ähnlich sah es in Gröbenzell aus. In Alling waren die Ergebnisse etwas besser: 38 Kinder nahmen teil, knapp die Hälfte bestand den Test.

Fernziel ist, dass alle Viertklässler in den Schulen des Landkreises schwimmen können

Mit Sorge beobachten auch die Sport- und Schwimmlehrkräfte der Grundschulen im Landkreis, dass die Schwimmfähigkeit in der Bevölkerung abnimmt. Seit Corona hat sich die Lage noch verschärft. Als Folge häufen sich nach Angaben der Fürstenfeldbrucker Wasserwacht Unfälle mit Nichtschwimmern. Die geraten vor allem an den vielen Badeseen und Weihern manchmal in zu tiefes Wasser oder benutzen ungeeignete Schwimmhilfen. Dann kann es zu einem lebensgefährlichen Wettlauf gegen die Zeit kommen.

Die Köpfe hinter "FFB schwimmt" (von links): Thomas Frey (Leiter Schulamt), Dorothee von Bary (Bürgerstiftung Vorstand), Martina Fink (Projektleiterin), Katrin Rizzi (Bürgerstiftung Geschäftsführerin), Ricarda Kicherer (Projektleiterin), Theo Bärmann (Wasserwacht) und Lucas Schacherl (Amperoase). (Foto: Stefan Salger)

Das soll sich ändern. Unbedingt. Und deshalb sitzen nun mehrere Gleichgesinnte an einem der Evaluationstage buchstäblich an einem Tisch, um die Werbetrommel zu rühren für das Projekt "FFB schwimmt". Zudem sollen Eltern überzeugt und vielleicht auch weitere Unterstützer sowie Spender gewonnen werden. Das Schulamt ist mit seinem Leiter Thomas Frey ebenso vertreten wie die Bürgerstiftung mit Dorothee von Bary und Katrin Rizzi, die Wasserwacht mit Theo Bärmann und die Amperoase mit Lucas Schacherl. Die beiden Projektleiterinnen Martina Fink und Ricarda Kicherer sind ebenfalls gekommen, während das Screeningteam aus Daniel Leppin und Fabienne Sippel nebenan gemeinsam mit Lehrern und Eltern mit der Praxis beschäftigt ist.

Die Bürgerstiftung sucht noch Unterstützer und Spender für das dauerhaft angelegte Projekt

Sie alle machen klar, dass sie den Grundstein legen wollen für ein Dauerprojekt, das möglichst unbefristet weiterlaufen soll. Von dem auch künftige Grundschüler weiter profitieren sollen. Um die 200 Zweitklässler haben bereits am Screening teilgenommen, nächster Termin ist im Mai. Dann werden 105 Kinder der Germeringer Grundschule an der Kirchenstraße im dortigen Freibad erwartet. Zahlreiche weitere Schulen haben bereits Interesse bekundet.

Wer sich selbstbewusst ganz ohne Schwimmreifen ins tiefe Becken wagen kann, hat mehr Spaß - mit oder ohne Quietscheente. (Foto: Stefan Salger)

Bis zu den Sommerferien sollen 600 Kinder die Tests absolvieren. Zwölf der 35 Grundschulen im Landkreis sind dabei, möglichst viele weitere sollen noch an Bord geholt werden. Die Kosten fürs Screening der Schülerinnen- und Schüler werden von den Projektpartnern mithilfe von Spenden übernommen. Die Gebühren für die Kurse, in die Kinder, die nicht sicher schwimmen können, über ihre Schulen vermittelt werden können, übernehmen die Eltern - in Einzelfällen gibt "FFB schwimmt" Zuschüsse.

Die Bürgerstiftung freut sich über Spenden für "FFB schwimmt", Details unter www.buergerstiftung-lkr-ffb.de/spenden.

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