Landtagswahlkampf:Die Gemeinschaftsschule als Angebot

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Daniel Liebetruth will für die SPD in den Landtag. (Foto: Johannes Simon)

Im Gespräch mit der Bevölkerung suchen die SPD-Kandidaten Daniel Liebetruth und Martin Eberl nach Ideen für eine bessere Bildungspolitik. Bei der Auftaktveranstaltung werden erste Standpunkte diskutiert.

Von Peter Bierl, Puchheim

Bildung ist Ländersache, das bayerische Schulsystem hat einige Defizite, darunter einen gravierenden Lehrermangel. Das Thema eignet sich also hervorragend für einen Wahlkampf, in dem, so der Idealfall, die Parteien und Kandidaten ihre Vorstellungen präsentieren. "Aber Hubert Aiwanger redet lieber über Bundesthemen", kritisiert Daniel Liebetruth den Chef der Freien Wähler.

Der SPD-Landtagskandidat im Stimmkreis Fürstenfeldbruck Ost hat nun zusammen mit dem Bezirkstagskandidaten Martin Eberl eine Reihe zu Bildungsfragen gestartet. In zwölf Kommunen wollen sie mit Bürgern diskutieren, im Landkreis, aber auch in Dachau und Gilching, in Fuchstal und Dießen. Der Start gab es in Gröbenzell. Mitten in den Sommerferien bei 36 Grad ist das ein hartes Brot. In das Nebenzimmer der Vereinsgaststätte in Puchheim sind an diesem Abend nur fünf Besucher gekommen, allesamt Parteimitglieder.

Martin Eberl plädiert für ein verpflichtendes Kindergartenjahr für alle. (Foto: Günther Reger)

Liebetruth und Eberl stellen nicht das Parteiprogramm vor. Die beiden sind Lehrer und haben sich ein "interaktives Format" ausgedacht. In vier Runden zu vier Aspekten an vier Tischen sollen Besucher und Kandidaten ins Gespräch kommen. Die Ergebnisse können die Teilnehmer gleich auf tischtuchgroßen Papieren notieren, die die beiden SPD-Kandidaten aufgedeckt haben. Darauf liegen bunte Stifte und Zettel sowie laminierte Blätter mit Informationen.

Zum Einstieg präsentieren die Kandidaten Forderungen etwa nach einem kostenlosen Mittagessen oder Computern für alle, das Publikum stimmt darüber ab. Rot für contra, grün für pro. Schon da gehen die Meinungen ein bisschen auseinander. Kinder aus reichen Häusern müssten nicht finanziert werden, sagt ein Zuhörer. Das in der Schule zu regeln, würde einen riesigen bürokratischen Aufwand erfordern, warnt Petra Weber, stellvertretende Vorsitzende des Ortsvereins und ehemalige Stadträtin. Besser wäre, reiche Leute müssten mehr Steuern bezahlen.

Auch am Tisch zum Thema Fachkräftemangel bringt Weber eine eigene Perspektive ein: Der Mangel an Lehrerinnen und Erzieherinnen habe auch damit zu tun, dass es sich, zum Teil immer noch um Frauenberufe handele, die schlechter bezahlt sind. Außerdem seien Frauen mit Kindern immer noch einer Doppelbelastung ausgesetzt. "Ich vermute, das Potenzial an Frauen, die diese Berufe ausüben wollen, ist einfach erschöpft", sagt Weber. Die Kommunalpolitikerin stellt die Frage, ob es vielleicht prinzipiell an Menschen fehlt, um all die gewünschten Jobs im Bereich der Erziehung, Bildung und Pflege zu besetzen.

Einig ist sich die Runde, dass ungleiche Bezahlung falsch ist. Es gebe keinen Grund dafür, dass Lehrer verschiedener Schularten nicht das Gleiche verdienen. "Lehrer an Mittelschulen arbeiten deutlich härter", sagt Liebetruth, der selbst am Gymnasium tätig ist.

Was das Schulsystem betrifft, so hadern alle am zweiten Tisch mit der Vielgliedrigkeit und der Selektion, auch wenn zugegeben wird, dass die Durchlässigkeit inzwischen groß sei. Liebetruth wirbt für die Gemeinschaftsschule mit verschiedenen Abschlüssen, die er als zusätzliches Angebot einführen würde. Eine Grundschule aus sechs Klassen wird hingegen von manchen skeptisch gesehen. Es sei doch fraglich, ob der Übergang in der Pubertät einfacher sei als nach der vierten Klasse, lautet ein Einwand.

Der nächste Tisch beschäftigt sich mit der kniffligen Frage, was Schule eigentlich leisten soll? Mehr Inhalte und Bildung vermitteln, eher die Talente fördern oder wird die Erziehung immer wichtiger, weil diese in immer mehr Familien vernachlässigt würde, wie alle zu meinen scheinen. Liebetruth berichtet, wie schwierig das sein kann. "Als Lehrer für Latein und Mathe bin ich für viele der Prüfer, vor dem sie Angst haben", berichtete er. Leichter falle ihm diese Aufgabe als Verbindungslehrer mit Schülern, die er selbst nicht unterrichtet. Mehr Sozialpädagogen einstellen, lautete ein Vorschlag, den Weber mit der Warnung vor einer "Pädagogisierung" kontert.

In der Runde zu Diversität und Bildungsgerechtigkeit plädiert Eberl für ein verpflichtendes Kindergartenjahr für alle, etwa um zu gewährleisten, dass Kinder aus migrantischen Familien die deutsche Sprache gut beherrschen. Selbstredend sind alle für die Ganztagsschule, um mehr individuelle Förderung zu ermöglichen - und landen dann beim Fachkräftemangel.

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