S-Bahn-Ausbau:Pünktlicher und dafür bedingt barrierefrei

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Solange der Ausbau der S 4 nicht entschieden ist, geht auch beim barrierefreien Umbau des Bahnhofs in Puchheim nichts voran. (Foto: Voxbrunner Carmen)

Experten plädieren dafür, bei einem Ausbau die S-Bahnen in Puchheim auf den Mittelgleisen fahren zu lassen. So könnten Verspätungen besser ausgeglichen werden. Die Behindertenfreundlichkeit bliebe teilweise auf der Strecke.

Von Peter Bierl, Puchheim

Eine Studie des Freistaats befürworten aus fahrtechnischen Gründen einen Mittelbahnsteig in Puchheim. Behinderte und Senioren lehnen das an, weil er nur über Tunnel und Lifte zugänglich wäre. Ist ein Aufzug defekt, ist die Plattform nicht mehr barrierefrei zugänglich.

Die Machbarkeitsstudie vom März 2021, die der Freistaat Bayern in Auftrag gegeben hat, bevorzugt einen viergleisigen Ausbau zwischen Pasing und Fürstenfeldbruck, dreigleisige Varianten scheinen erstmal vom Tisch. Allerdings plädieren die Autoren dafür, die S-Bahn auf den beiden inneren Gleisen verkehren zu lassen. In diesem Fall würden Mittelbahnsteige gebraucht.

Damit wäre der barrierefreier Ausbau des Bahnhofs Puchheim mit Außenbahnsteigen unmöglich. Den fordern die Behinderten- und Seniorenbeirat sowie das Brucker Verkehrsforum. Diese Gruppen halten einen Mittelbahnsteig, zu dem die Fahrgäste über Lifte und einen Fußgängertunnel gelangen sollen, für nicht wirklich barrierefrei, weil die Aufzüge ausfallen können.

"Die DB hält die Bewertung für schlüssig", sagt ein Sprecher der Bahn dazu. Die Studie zeige, dass sich das Konzept der außenliegenden S-Bahn-Gleise negativ auf Pünktlichkeit, Streckenkapazität, betriebliche Flexibilität und Verspätungsübertragungen auswirke sowie zu Störungen im Rahmen von Instandhaltungen führe. Diese negativen Effekte würden sich aufgrund des parallel fahrenden Fern- und Güterverkehrs "weit über die Region hinaus merkbar" machen.

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Unlängst hatte der bayerische Verkehrsausschuss zwei Petitionen der Beiräte und des Verkehrsforums noch einmal diskutiert und die bayerische Regierung erneut aufgefordert, sich für die Variante mit den Außenbahnsteigen einzusetzen.

Der Landtagsabgeordnete Benjamin Miskowitsch (FDP) hatte erklärt, die Staatsregierung solle sich weiter dafür ins Zeug legen. Besonders gefragt ist seiner Ansicht nach der Ausschussvorsitzende Sebastian Kröber, weil er der FDP angehört. Denn die abschlägige Antwort sei aus Berlin, von Staatssekretär Michael Theurer (FDP) gekommen. "Ein FDP-Minister und ein FDP-Staatssekretär stellen sich gegen den Landtag", hatte der CSU-Landtagsabgeordnete gerügt, was Kröber wiederum als Wahlkampf zurückwies.

Tatsächlich basiert die Entscheidung für Mittelbahnsteige auf einem Gutachten, das die bayerische Staatsregierung in Auftrag gegeben hatte. Im März 2021 legten die Büros Intraplan und Schüßler Plan aus München sowie die SMA und Partner AG aus Zürich ihre Studie vor.

Darin werden die Vor- und Nachteile dargestellt, die es mit sich bringen würde, wenn die S-Bahn innen oder außen fährt. Im Kern argumentieren die Ingenieure, es wäre besser, wenn die S-Bahn auf den beiden inneren Gleisen führe, weil die Züge dann an den Bahnsteigen direkt wenden und über eine Weiche auf das Gleis in die andere Richtung wechseln und zurück nach München fahren könnten.

Es wäre leichter, den S-Bahn-Takt zu erhöhen

So könnten Verspätungen besser ausgeglichen werden, auch weil Züge ausnahmsweise vorzeitig Richtung München zurückfahren könnten. Obendrein wäre es leichter, den S-Bahn-Takt in Hauptverkehrszeiten zu erhöhen.

Verkehrt die S-Bahn hingegen auf den Außengleisen, müsste sie die beiden inneren Gleise kreuzen, bevor sie Richtung München zurückfahren könnte. Diese Kreuzungen wiederum würden den Fern- und Regionalverkehr behindern, der die inneren Gleise nutzen müsste.

Der S-Bahn-Verkehr wäre auch leichter eingleisig abzuwickeln, wenn auf einem der beiden S-Bahn-Gleise Wartungen und Reparaturen notwendig sind. Den Flächenbedarf schätzen die Ingenieure bei beiden Varianten etwa gleich ein. Als einzigen Vorteil von S-Bahn-Gleisen außen nennen die Autoren der Studie den einfacheren Zugang über Außenbahnsteige.

"Die Gutachter empfehlen, die S-Bahn-Gleise mittig zu legen und die Gleise für den Fern- und Regionalverkehr außen zu bauen. Diese Anordnung entspricht auch den Planungen für zusätzliche Bahnsteigkanten in Fürstenfeldbruck an Gleis 1 und an Gleis 4 sowie den Planungen für den Westkopf-Bahnhof Pasing", heißt es abschließend. Der neue Bahnsteig an Gleis 1 in Bruck ist seit Dezember in Betrieb.

Ein Sprecher des bayerischen Verkehrsministeriums erklärt, die Gleisnutzungskonzepte seien unter Berücksichtigung aller relevanten Aspekte zwischen den Beteiligten - Deutsche Bahn, Bund und Freistaat - betrachtet worden. Der Freistaat setze sich dafür ein, dass der Beschluss des Verkehrsausschusses in die weiteren Planungen einbezogen wird. "Die Entscheidung liegt beim Bund, der gemäß Grundgesetz für den Ausbau der Schieneninfrastruktur zuständig ist", sagt der Sprecher.

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