Olching:Wenn der Nachbar zum Hilfssheriff wird

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So könnte es aussehen: In Poing im Landkreis Ebersberg patrouilliert bereits eine Sicherheitswacht. (Foto: Christian Endt)

Ehrenamtliche in Uniform sollen von Herbst an in Olching probeweise die Polizei unterstützen. Sie werden Streife gehen und bei Volksfesten und Weihnachtsmärkten Präsenz zeigen. Auch in Maisach könnte die Sicherheitswacht kommen.

Von Peter Bierl, Olching

Die Polizei ist überlastet, weshalb ihr in Olching und Maisach demnächst eine Sicherheitswacht zur Seite stehen soll. Aufgabe der uniformierten Ehrenamtlichen wird es sein, Streife zu gehen an Orten wie dem Olchinger See und den Amperauen, aber auch bei Volksfesten und Weihnachtsmärkten sollen sie Präsenz zeigen. Die Ehrenamtlichen werden von der Polizei ausgebildet und eingesetzt. Sie tragen Pfefferspray und Funkgerät, dürfen Personalien kontrollieren, Platzverweise erteilen und Menschen festhalten, die sie auf frischer Tat ertappen.

Der Olchinger Bürgermeister Andreas Magg (SPD) versichert, dass seine Stadt sicher sei, im vergangenen Jahr habe es nicht einen Wohnungseinbruch gegeben. Die Polizei führt das auf die Pandemie zurück, in der die Leute zu Hause blieben. Das Sicherheitsempfinden mancher Bürger sei jedoch schlechter als die Statistik ausweist, außerdem gebe es Probleme mit Vandalismus, sagt der Bürgermeister. Er berichtet von alkoholisierten Jugendlichen, die vom See zum Bahnhof zogen, Passanten anpöbelten und Schilder abrissen. Einen Streetworker habe die Stadt für solche Probleme nicht eingestellt, allerdings sei das Personal des Jugendzentrums immer mal draußen unterwegs.

Das reicht der Kommune nicht, weswegen seit 2005 ein privater Sicherheitsdienst im Einsatz ist, anfangs am See, nachdem dort Einbrüche stattfanden und Sitzbänke verbrannt worden seien. Später sei das Einsatzgebiet ausgeweitet worden, erzählt Magg. Am See patrouillieren die Sicherheitsleute im Schnitt etwa 120 Stunden im Jahr, im Grünanger-Park im Schwaigfeld sind es sogar 600 Stunden. Die Stadt hatte dafür im vergangenen Jahr 34 000 Euro gezahlt.

"Wir brauchen vernünftige Leute, die mit beiden Beinen auf der Erde stehen, keine Rambos"

Die Sicherheitswach gibt's für die Kommune hingegen umsonst, die Kosten trägt der Freistaat, der auf diese Weise sehr günstig zu Hilfssheriffs kommt. Das Problem sei, dass die Polizei zu viel zu tun habe, um noch Fußstreife zu gehen, wie Martin Hofmann, der stellvertretende Dienststellenleiter der Polizeiinspektion Olching, sagt. Dort sind 59 Beamte im Einsatz, allerdings in Schichten rund um die Uhr und auch für Maisach und den nördlichen Landkreis um Egenhofen zuständig. Etwa die Hälfte der Arbeit in einer Inspektion bestünde heute darin, Verbrechen im Internet aufzuklären, Betrug, Nötigung, Erpressung oder Pornographie. "Da ist eine zweite Welt entstanden, mit der wir uns beschäftigen müssen", sagt Hofmann.

Die Sicherheitswacht soll eine Art Uniform tragen. (Foto: Polizei/oh)

Die Ehrenamtlichen sollen maximal 20 Stunden im Monat Streife gehen und bekommen dafür 220 Euro Aufwandsentschädigung. Sie tragen eine Uniform, die jener der Polizei ähnelt, es fehlen jedoch die Abzeichen an den Ärmeln. Bewerber müssen zwischen 18 und 62 Jahre alt sein, sehr gerne hätte die Polizei Menschen mit Migrationshintergrund dabei, sagt Hofmann, der das Projekt leitet. "Wir brauchen vernünftige Leute, die mit beiden Beinen auf der Erde stehen, keine Rambos", versichert er. Sie bekommen 40 Ausbildungseinheiten. Dazu gehören eine psychologische Schulung, Tipps für konfliktfreie Kommunikation, Unterweisungen in Straf- und Sexualrecht sowie Ausweispflicht, ein Erste-Hilfe-Kurs sowie die Ausbildung an der Waffe, die aus einem besseren Pfefferspray besteht.

Zwei Bewerber hat Hofmann schon, es sind Stadträte aus Olching. Dort hat die Polizei das Konzept im April vorgestellt , in der jüngsten Sitzung votierte eine Mehrheit von 21 gegen sieben Gemeinderäten dafür, die Sicherheitswacht zunächst einmal ein Jahr lang zu testen. Den privaten Sicherheitsdienst würde die Stadt dann weniger in Anspruch nehmen, sagt Magg. Wobei er betont, dass der finanzielle Aspekt zwar interessant, aber nicht ausschlaggebend sei.

Die Sicherheitswacht wird von der Polizei ausgesucht, ausgebildet und kontrolliert

Für den Bürgermeister hat die Sicherheitswacht den großen Vorzug, dass sie überall im Stadtgebiet unterwegs sein und aufpassen kann, nicht bloß in klar abgegrenzten Bereichen mit einer eigenen Satzung wie private Dienste, die in diesen Arealen formal das Hausrecht ausüben. Als weiteren Vorteil führt Magg an, dass die Angehörigen der Sicherheitswacht von der Polizei ausgesucht, ausgebildet und kontrolliert werden. Über Funk stünden die Ehrenamtlichen permanent in Kontakt mit der Inspektion. Sowohl die Polizei als auch die Kommunalpolitiker versprechen sich allein durch die Präsenz von Uniformierten im öffentlichen Raum den Effekt, dass Konflikte und Vandalismus zurückgehen und sich die Bürger sicherer fühlen.

In Maisach entscheidet der Gemeinderat Ende Juni

Die Gemeinde Maisach ist ebenfalls interessiert, der Gemeinderat entscheidet aber erst am 30. Juni, ob die Kommune sich dem Projekt Sicherheitswacht anschließt, hieß es am Dienstag aus dem Rathaus. In Alling, Fürstenfeldbruck und Eichenau hat eine Mehrheit der Räte solche Hilfssheriffs schon vor einigen Jahren abgelehnt, weil sie als überflüssig erachtet wurden. Ihr Einsatz in Olching ist demnach eine Premiere im Landkreis. Bayernweit gibt es mehr als 150 Kommunen, in denen eine Sicherheitswacht im Einsatz ist, darunter nach Angaben des Polizeipräsidiums Oberbayern-Nord etwa in den Städten Landsberg und Starnberg sowie in Geltendorf.

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