Wahlkampf:Zusammenrücken für die Wärmewende

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In Altbauten, in denen mit kleinen Radiatoren geheizt wird, seien Wärmepumpen häufig unrentabel, sagt Heizungsexperte Simon Herzog bei einer Veranstaltung der Maisacher Grünen. (Foto: Laura Ludwig/dpa-tmn)

Grünen-Landtagswahlkandidat Andreas Birzele und Heizungsexperte Simon Herzog klären in Maisach über Heiztechniken auf - und verzichten dabei auf Polemik

Von Til Antonie Wiesbeck, Maisach

Das Thema ist angesichts der geplanten Novelle zum Gebäudeenergiegesetz (GEG) so relevant wie nervenaufreibend: Mehr als 40 Interessierte sind an diesem Abend zu einem Vortrag über Heiztechniken von Landtagswahlkandidat Andreas Birzele (Grüne) und Heizungsexperte Simon Herzog im Bürgerhaus Gernlinden erschienen. Viele sind angesichts des Vorschlags, dass von kommendem Jahr an neu eingebaute Heizungen in Gebieten mit Wärmeplanung zu mindestens 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden sollen, verunsichert. Als Organisatoren der Veranstaltung wollen die Ortsverbände Maisach und Olching von Bündnis 90/Die Grünen dem entgegenwirken.

Wer seiner Meinung nach an der Verunsicherung eine Mitschuld trägt, daraus macht Andreas Birzele kein Geheimnis: "Für mich ist es unverständlich, dass die CSU und die FDP so draufhauen." Im Vorfeld hätten zum GEG viele Lügen und Halbwahrheiten kursiert. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck handle nicht im Alleingang. Vielmehr versuche er, das Klimaschutzgesetz umzusetzen, das im Jahr 2019 von der Großen Koalition beschlossen wurde. Demnach soll in der Bundesrepublik Klimaneutralität bis 2045 erreicht werden. Bayern möchte das sogar fünf Jahre früher schaffen. Birzele wünscht sich in Bezug auf die Wärmewende mehr Miteinander bei der Umsetzung und mehr Sachlichkeit in der Debatte: "Kritik jederzeit, aber bitte fair und ohne Halbwahrheiten - und bitte mit Gegenvorschlägen."

Die Wärmepumpe lohnt sich nicht überall

Zur Versachlichung der Debatte dürften Vorträge wie der von Simon Herzog beitragen. Der promovierte Elektrotechniker und Energiesystemforscher, der an der Technischen Universität München unter anderem Dozent für nachhaltige Energieversorgung war, leitet heute Projekte in der Forschung und Förderung von Start-ups im Bereich Energie und Mobilität und berät junge Unternehmerinnen und Unternehmer zu Geschäftsmodellen im Energiebereich. In seinem etwa einstündigen Vortrag kam er mit wissenschaftlichen Fakten und ganz ohne Polemik und Werbung aus. Auch zu nachhaltigen Heiztechniken nannte er Vor- und Nachteile.

So sei die leidenschaftlich diskutierte Wärmepumpe zum Beispiel optimal in Neubauten mit einer Fußbodenheizung, die mit einer niedrigen Vorlauftemperatur auskommt, und einer Photovoltaikanlage, die den notwendigen Strom für den Betrieb der Wärmepumpe günstig und nachthaltig produziert. Im Idealfall besitze man auch ein E-Auto, das mit dem produzierten Strom geladen werden kann: "Wenn diese Anlage für zehn Cent pro kWh Strom erzeugt, kann man für etwa zwei Euro 100 Kilometer weit fahren."

In Altbauten hingegen, in denen mit kleinen Radiatoren geheizt wird, seien Wärmepumpen häufig unrentabel - insbesondere dann, wenn für den Betrieb teurer Strom aus dem Netz bezogen würde. Gerade die in der Anschaffung relativ günstigen Luftwärmepumpen brauchten im Winter aufgrund der geringen Außentemperatur viel Strom. Laut Herzog käme in seiner Münchener Wohnung das Heizen mit einer Wärmepumpe teurer als mit einer Gasheizung. Er habe aber glücklicherweise eine gute Alternative: "Ich muss mir da gar keine Gedanken machen, weil wir ans Fernwärmenetz angeschlossen sind. Die Wärme soll in Zukunft aus Geothermie oder Erneuerbaren kommen. Das ist ja vielleicht hier für den Ort auch denkbar."

Maisach bräuchte zwei Windräder, 60 Hektar Photovoltaik und zehn Quadratkilometer Wald

Es ist eine derjenigen Passagen des Vortrags, die für die Anwesenden besonders relevant gewesen sein dürften. Immer wieder nahm Simon Herzog in seinen Schilderungen Bezug auf die Region und gab praktische Beispiele. So rechnete er vor, was nötig wäre, um die in Maisach gebrauchte Heizwärme regional und nachhaltig zu produzieren. In seinem Beispiel würde von der dafür notwendigen Energie je ein Drittel mit Windkraft, Photovoltaik und Holz aus nachhaltiger Forstwirtschaft erzeugt werden.

Das Ergebnis: Die Gemeinde Maisach bräuchte zwei Windräder, eine Fläche von 60 Hektar (etwa 84 Fußballfeldern) für Photovoltaikanlagen und eine Waldfläche von etwa zehn Quadratkilometern. Anhand einer Karte machte er deutlich, dass das möglich ist, räumte aber ein, dass es an manchen Stellen eng werden könnte. Man könne aber Maßnahmen ergreifen, um den Flächenbedarf zu reduzieren: Gebäude besser isolieren, intelligenter und sparsamer heizen und Geothermie nutzen. Wichtig sei, für die Wärmewende auf verschiedene Technologien zu setzen.

Zuhörerin Gisela Hombach lobte den Vortrag als "sehr informativ, sachlich und wenig manipulativ". Andere waren ähnlicher Meinung. Nur dem Wunsch einiger, mehr über Fördermöglichkeiten zu erfahren, konnte Simon Herzog nicht gerecht werden. Er gehe davon aus, dass die Förderrichtlinien noch nicht publiziert seien, da die Novelle noch nicht verabschiedet ist. "Sobald alles klar ist, machen wir dazu einfach nochmal eine Veranstaltung", erklärt Susanne Zwanzger, Sprecherin des Grünen-Ortsverbandes Maisach.

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