Neues Gewerbegebiet:Von Maisach auf den Mars

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Wenn der Mars-Rover "Curiosity" Mars-Gestein mit einem Laserstrahl abtastet, wie hier auf einer Computersimulation, ist ein Minimotor von Phytron aus Gröbenzell im Einsatz. (Foto: Max-Planck-Institut/dpa)

Mit der Phytron GmbH aus Gröbenzell kommt ein Hidden Champion der Luft- und Raumfahrttechnologie ins neue Gernlindener Gewerbegebiet. Und bringt einen passenden Elektronik-Dienstleister aus Germering gleich mit.

Von Erich C. Setzwein, Maisach

Man mag staunen über die Zahl der Kreisel in der Gemeinde Maisach, aber von etlichen zweigt der Verkehr ab in Gewerbegebiete. Das jüngste wird derzeit im Ortsteil Gernlinden entwickelt, und allein der Kreisverkehr an einer komplizierten Stelle vor der Straßenbrücke über die vierspurige Bahnlinie hat seinerseits die Gemeinde gut eine Million Euro gekostet. Das dürfte das Industriegebiet an der August-Rasch-Straße in den kommenden Jahren bald wieder einspielen, wenn sich dort Firmen ansiedeln, die rasch Gewerbesteuern bezahlen. Bereits im kommenden Jahr soll der 8000 Quadratmeter große "Tech-Hub Gernlinden" bezugsfertig sein und unter anderem die Gröbenzeller Firma Phytron und den Germeringer Elektronik-Dienstleister Press-Finish Electronics aufnehmen.

Bauherrin in Gernlinden ist die Stemas AG, zu der die Phytron GmbH und die Press-Finish Electronics GmbH sowie weitere neun mittelständische Produktionsunternehmen gehören. Die Gruppe hat eigenen Angaben zufolge 800 Mitarbeiter und einen Jahresumsatz von 120 Millionen Euro. Phytron sitzt mit gut 80 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern an der Industriestraße im Gewerbegebiet Gröbenzell und entwickelt und produziert unter anderem Stellmotoren für die Luft-und Raumfahrtindustrie. Sämtliche Mars-Missionen, so sagt Geschäftsführer Robert Stößer stolz, würden sich auf die präzisen Antriebe verlassen. Der Mars-Rover, der derzeit Kilometer um Kilometer auf dem Planeten für die Forschung tätig ist, hat einen Laserstrahl, der durch einen Gröbenzeller Motor scharf gestellt wird. Auch um den Saturn kreist ein Gröbenzeller Produkt, nämlich auf der Sonde Cassini-Huygens, die 1997 gestartet war. Ein Forschungsinstrument, das den kosmischen Staub analysiert, wird mit einem besonders stromsparenden Phytron-Motor angetrieben.

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Die Motoren, die die Firma baut, müssen laut Stößer in extremen Umgebungen mit sehr hohen und sehr niedrigen Temperaturen funktionieren. So werden etwa Optiken im Mikrometerbereich verstellt oder Sonnensegel von Satelliten bewegt. Unter anderem im James-Webb-Teleskop, das seit Januar vergangenen Jahres eineinhalb Millionen Kilometer von der Erde entfernt die ersten Galaxien nach dem Urknall zu erforschen versucht, sind Phytron-Motoren verbaut. Die Entscheidung, mit der Firma acht Kilometer von Gröbenzell nach Maisach umzuziehen, sei leichtgefallen, hat Phytron als Mieter an der Industriestraße nach Angaben Stößers keine Möglichkeiten, dort zu erweitern.

Platzbedarf hat auch der Germeringer ESM-Dienstleister Press-Finish, der laut Geschäftsführer Raffael Lustig vor allem Platinen bestückt. Flexibilität in der Produktion zeichne die vor 40 Jahren in München gegründete und seit sieben Jahren in Germering ansässige Firma aus, sagt Lustig. Viele Kunden kämen aus der Medizintechnik. 300 000 elektronische Baugruppen pro Jahr produziere die Firma, sie mache einen Umsatz von zehn Millionen Euro. In Gernlinden erwarten Lustig und die 40 Beschäftigten von Press-Finish Electronics eine einzige Arbeits- und Logistikebene und damit viel mehr Möglichkeiten als am alten Standort. Lustig freut sich schon jetzt auf das Betriebsrestaurant im Obergeschoss mit Ausblick ins Grüne.

Im neuen Maisacher Gewerbegebiet in Gernlinden entsteht an der August-Rasch-Straße das "Tech-Hub". Den ersten Spatenstich machen im Februar (von links) Robert Stößer, Stefan Hasper, Bürgermeister Hans Seidl, Thomas Müsch und Raffael Lustig. Ende des Jahres zieht die Phytron aus Gröbenzell dort ein. (Foto: Jana Islinger)

Davon ist in Maisach noch genug, vor allem der Blick vom neuen Gewerbegebiet nach Süden wird auf Dauer grün bleiben. Liegt dort doch das große zusammenhängende FFH-Gebiet auf den Flächen des ehemaligen Militärflugplatzes. Lediglich auf den bereits versiegelten Flächen, wo jetzt noch der Autobauer BMW das Fahrsicherheitstraining absolviert, soll in den kommenden Jahren ein Medizintechnik-Cluster entstehen. Passenderweise sind auch die im kommenden Jahr in Gernlinden neu einziehenden Firmen in diesem Bereich tätig.

Maisachs Bürgermeister Hans Seidl (CSU) freute sich bei der Spatenstich-Zeremonie über einen "Supergewinn" für die Gemeinde. Die Firmen verkörperten die "Nachhaltigkeit in der Hochtechnologie", das habe auch der Gemeinderat erkannt und dem Investor den Weg geebnet. Ebenso habe die Bauverwaltung dazu beigetragen, dass der Planungsprozess beschleunigt wurde. Etwa anderthalb Jahre sind laut Stemas-Vorstand Thomas Müsch zwischen den ersten Ideen und dem Spatenstich vergangen, und die Baufirma habe zugesagt, bis Ende des Jahres das Firmengebäude fertigzustellen.

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