Mitten in Olching:Im Blütenkleid auf die Wiesn

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Das Münchner Model Jasmin Berner führt das neue Papierkleid von Dora Dorl-Nastasa vor. (Foto: Corinna Eichberger-Renneisen)

Die Künstlerin Dora Dorl-Nastasa hat pünktlich zum Oktoberfestauftakt ein Papierdirndl entworfen.

Kolumne von Stefan Salger, Olching

Volksfeste kommen und gehen. Es sind befristete Veranstaltungen, denen die Vergänglichkeit in den Genen steckt. Ein kurzer Rausch der Gefühle, ein paar Runden in Autoscooter oder Kettenkarussell, ein paar Lose ziehen und Plastikrosen schießen, schon werden Fahrgeschäfte, Buden und Bierzelt wieder abgebaut. Dann fällt beispielsweise in Fürstenfeldbruck oder in Olching der Volksfestplatz in einen tiefen Dornröschenschlaf, wird zur Parkplatzwüste und wartet darauf, im kommenden Jahr wieder wachgeküsst zu werden. Manche Volksfeste, wie jenes in Germering, kommen aus der Tiefschlafphase gar nicht mehr heraus, weil das Interesse der Besucher nachgelassen hat. Anderen gelingt die Wiederauferstehung, wie 2013 nach vierjähriger Pause jenem in Puchheim. Dort kann man es offenbar gar nicht mehr erwarten und zählt schon bis zum Beginn der nächsten Auflage Mitte April 2023 via Homepage die verbleibende Wartezeit herunter ("Nur noch 212 Tage").

Viel schneller naht das Volksfest der Volksfeste: Am Wochenende startet es auf der Münchner Theresienwiese. Auch die Wiesn hat in diesem Jahr wieder ein Ablaufdatum. Am Samstag wird angezapft, gut zwei Wochen später, nach dem ersten Oktoberwochenende, ist Zapfenstreich. Wegen Corona blickt die Welt mit gemischten Gefühlen auf den Massenansturm. Schade wär's schon, wenn die Wiesn, aber auch all die Volksfeste im Landkreis, in den Folgejahren wieder ganz flach fallen müssten. Schade auch ums Dirndl oder die unverwüstlichen Lederhosn, die man sich für viel Geld für diese Events zugelegt hat.

Drei Wochen nimmt die Arbeit an dem mit 850 Papierblüten besetzten Kleid in Anspruch: Dora Dorl-Nastasa in ihrem Olchinger Lila Atelier. (Foto: Leonhard Simon)

Es gibt eine Alternative, stilsicher garantiert im Wiesn-Trend zu liegen, Tradition und Mode zu kombinieren und doch der Vergänglichkeit Tribut zu zollen: Die auf Papierkleider spezialisierte Gröbenzeller Künstlerin Dora Dorl-Nastasa hat in ihrem Olchinger Atelier ein mit 850 handgefalteten Hortensien-Papierblüten besetztes Dirndl entworfen, das im übertragenen Sinne nach der Wiesnsaison guten Gewissens verblühen könnte - jedenfalls wenn man es beim Feiern und Tanzen und Schunkeln auf den Bierbänken so richtig krachen lassen würde. Leider handelt es sich beim Papierblütendirndl um ein Unikat. Sollte jeder der etwa 2,5 Millionen weiblichen Wiesnbesucher eines bei Dorl-Nastasa in Auftrag geben, wäre die einige Tausend Jahre beschäftigt. Immerhin dürfte bis dahin das Thema Corona nur noch ein Spuk aus der Vergangenheit sein.

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