Brauchtum:Reiter ehren den heiligen Willibald

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Vor der Sonne schützen sich in Jesenwang die Teilnehmer des Willibaldritts. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Etwa 2000 Zuschauer lassen sich die traditionelle Pferdewallfahrt in Jesenwang auch bei hochsommerlichen Temperaturen nicht entgehen.

Von Manfred Amann, Jesenwang

Mehr als 30 Grad, die Sonne sticht, kaum ein Wölkchen ist am Himmel zu sehen. Trotz dieser schweißtreibenden Temperatur haben am Sonntagnachmittag in Jesenwang etwa zweihundert Reiter, rund 20 Gespanne mit Kutschen, Truhen- und Leiterwagen mit ihren Tieren dem Heiligen Willibald gehuldigt. Auf den Wägen durften die Prominenz, die Ministranten, die Kommunionkinder und Bewohner des Seniorenheims Platz nehmen. Gut 2000 Zuschauer verfolgten die mittlerweile größte Brauchtumsveranstaltung mit Pferden im Landkreis, etwas weniger als in Spitzenjahren, was laut einem Feuerwehrmann "wohl der Hitze geschuldet" war.

"Auch wenn die hohen Temperaturen für Reiter und Pferd Stress bedeuten, es ist uns Ehre und Verpflichtung zugleich, das Brauchtum zu bewahren und alle Jahre wieder das Gelöbnis einzulösen, das Jesenwanger Bauern im Jahre 1712 machten", sagt Leo Schmid, der als Kreuzreiter die Pferdewallfahrt anführte. Vier Musikkapellen begleiteten den Zug. Vor mehr als dreihundert Jahren hatten der Überlieferung nach Bauern den Heiligen Willibald angefleht, er möge helfen, eine Tierseuche abzuwenden und versprochen, alljährlich ein Willibaldfest mit Tiersegnung zu begehen, falls ihr Gebet erhört wird. Da angeblich danach kein einziges Tier mehr der Seuche zum Opfer fiel, wird seither jedes Jahr erneut der Willibaldritt organisiert. Selbst in der Corona-Zeit ließen es sich viele Pferdeliebhaber nicht nehmen, zum Willibald zu reiten, auch wenn kein großes Fest organisiert worden war.

Typisch für die Pferdewallfahrt ist der Durchritt durch die Willibaldkirche. (Foto: Carmen Voxbrunner)
Auch eine Reiterin auf einem Ochsen nimmt am Durchritt teil. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Die Pferdewallfahrt, die mittlerweile als besonders schützenswert in die bundesweite Liste für immaterielles Kulturerbe aufgenommen wurde, fand heuer zum 301. Mal statt. Zu Kriegszeiten und von 1973 bis 1979 wegen Pferdemangels musste der Ritt ausfallen. An Pferdemangel würde das Willibaldfest aktuell sicher nicht scheitern, weiß Martin Schmid. Wichtig sei es aber, alle Jahre wieder Pferdefreunde für die Teilnahme an der Brauchtumsveranstaltung zu gewinnen. Die Gestüte und die Reitvereine seien immer wieder eine große Stütze. "Ohne euch gäbe es keinen Willibaldritt, ich danke euch allen sehr dafür, dass ihr uns immer wieder unterstützt", lobte der Vorsitzende des Freundeskreises St. Willibald, der seit 45 Jahren in enger Abstimmung mit der Gemeinde den Ritt organisiert. Schmid dankte auch allen Ehrenamtlichen und Helfern, zum Beispiel von der Feuerwehr, vom Bauhof, vom Rettungsdienst und von der Polizei, die immer wieder für einen ordentlichen Ablauf sorgten. Besonderen Dank zollte der Vorsitzende des Freundeskreises auch den Ortsvereinen, für die außer Frage stehe, bei dem großen Willibaldfest immer dabei zu sein.

Ein geflochtener und geschmückter Schweif gehört zum Willibaldfest. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Höhepunkt und Alleinstellungsmerkmal schlechthin ist seit jeher der Durchritt durch die Willibaldkirche, bei dem Reiter dem Heiligen die Ehre erweisen. Zuvor aber wurden Pferd und Reiter von Diakon Martin Pöller und seinem evangelischen Kollegen Karl Mehl mit Weihwasser besprengt und gesegnet. Bürgermeister Erwin Fraunhofer schloss sich dem Dank an und lobte unter schattigen Kastanien den Zusammenhalt in der Gemeinde. "Es ist unglaublich, bewunderns- und lobenswert, dass in Jesenwang nur eine Woche nach dem großen Festwochenende anlässlich der 1250-Jahrfeier wieder eine Großveranstaltung auf die Beine gestellt werden konnte", befand der Rathauschef. Brauchtum könne nur erhalten werden, wenn sich Menschen dafür einsetzen. Zu verdanken sei dies in erste Linie dem Engagement des Freundeskreises St. Willibald und Leitung von Martin Schmid. Dem Lob schloss sich auch der CSU-Landtagsabgeordnete Benjamin Miskowitsch an, der für die vielen Bürgermeister aus den Nachbarkommunen, für Landratsstellvertreterin Martina Drechsler, für Brucker Stadträte, für die zahlreichen Politiker wie Katrin Staffler (Bundestag) Hans Friedl (Landtag). Gaby Off-Nesselhauf und Josef Loy (Bezirkstag) sowie für die Kreisheimatpfleger Danke sagte.

Mitgeführt wurden neben dem Fahnenwagen der Vereine und Modellen von der Willibaldkirche auch eine Nachbildung der Pfarrkirche von Türkenfeld mitgeführt und zwei Esel, ein Ochs, eine Kuh und ein Kälbchen waren auch dabei. Schon zur Patroziniumsmesse in der Willibaldkirche waren am Vormittag zahlreiche Willibaldfreunde angereist und den ganzen Tag über herrschte im Kastanienhain Biergartenstimmung.

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