Mammendorf:Schwierige Planung in unsicheren Zeiten

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Der neue Kollege darf auch wieder etwas älter sein. (Foto: Ralph Peters/imago images)

Die Auftragsbücher der Unternehmen im Landkreis sind voll. Doch die Betriebe haben Sorgen, nicht nur wegen steigender Energiepreise. Vor allem plagt sie die Frage, wie sie zu Fachpersonal kommen

Von Erich C. Setzwein, Mammendorf

Die Kundinnen und Kunden der Stadtwerke Fürstenfeldbruck wissen seit dieser Woche, dass sie im kommenden Jahr höhere Abschlagszahlungen für Strom und Gas an den regionalen Energieversorger überweisen müssen. Beim Strom sind es je nach Tarif um die 12 Cent, die jede verbrauchte Kilowattstunde mehr kostet. Großkunden bezahlen zwar schon immer andere Preise für Strom, Gas und Öl als private Haushalte. Doch auch Sonderkonditionen ändern sich in Zeiten, in denen die Beschaffungspreise für Energie teurer werden. So berichtet Fürstenfelder-Chef Gerhard Kohlfürst im Regionalausschuss Fürstenfeldbruck der Industrie- und Handelskammer (IHK) von einer Steigerung des Kilowattstundenpreises von sieben auf 43 Cent im kommenden Jahr. Kohlfürst betreibt ein Hotel und ein Restaurant in Fürstenfeldbruck und hofft auf die zugesagte Strompreisbremse. Doch die steigenden Energiepreise sind für die Mitglieder des Ausschusses, der sich zu seiner Herbstversammlung im Mammendorfer Institut für Physik und Medizin (MIPM) traf, nicht die allergrößte Sorge. Eher schon sind es die fehlenden Fachkräfte, die ein Abarbeiten der vollen Auftragsbücher verzögern könnten.

"Wir sind nicht ganz glücklich", fasst Guido Amendt, stellvertretender Ausschussvorsitzender aus Olching, die Situation zusammen. Erst die Corona-Krise, die immer noch anhaltende Pandemie und nun direkt danach die durch den Krieg in der Ukraine ausgelöste Energiekrise haben bei den Unternehmern im Landkreis eine generelle Planungsunsicherheit ausgelöst, und so werden Preise neu kalkuliert und Termine geschoben. Das trifft die Baubranche ebenso wie die Gastronomie. Harry Faul, seit 16 Jahren Wirt im Bräustüberl Maisach, berichtet davon, dass er zwar 97 Prozent seiner benötigten Produkte aus Bayern bekomme, mittlerweile aber auch Waren aus anderen Bundesländern beziehen müsse, weil sie in Bayern nicht zu finden sind. Und dabei gehe es nicht um Exotisches. Für bayerisches Kalbfleisch etwa gebe es nur noch eine Quelle. Christian Huber vom Baustoffzentrum Olching teilt den Mitgliedern des Regionalausschusses mit, dass er von Baustoff-Herstellern gehört habe, die wegen der steigenden Energiepreise ihre Produktion eingeschränkt hätten und nur noch an bestimmten Tagen produzierten: "Es wird deutlich ruhiger". Ausschussvorsitzender Michael Steinbauer vom Maisacher Schalungsspezialisten Doka kann das aus seiner Erfahrung in der Baubranche nur bestätigen.

Doch zumindest die Mitglieder des Fürstenfeldbrucker IHK-Ausschusses, die die viele kleine Betriebe und einige Global Player wie MIPM vertreten, wollen sich nichts durch ein Jammertal treiben lassen. Die Energiepreise müssen sie hinnehmen und einkalkulieren, doch das Problem fehlenden Fachpersonals wollen sie angehen. Gemeinsame wie individuelle Lösungen sind dabei in Planung. So hat Jennifer Rosenheimer vor, im kommenden Frühjahr in ihrer Firma einen Berufsinformationstag zu veranstalten. Sie wolle auf die Schulen zugehen, um künftige Absolventen für eine Ausbildung und einen Arbeitsplatz im Landkreis zu gewinnen. 70 Mitarbeiter sind in Mammendorf beschäftigt, elf Auszubildende werden in kaufmännischen wie in technischen Berufen ausgebildet, die Firma wolle weiter wachsen. Aufträge gebe es genug, sagt Rosenheimer.

Geräte für die Patientenüberwachung im Kernspin stellt die Firma MIPM in Mammendorf her. Der IHK-Regionalausschuss tagt dort und bekommt eine Führung mit Geschäftsführerin Jennifer Rosenheimer (links) und Michael Arnold (rechts). (Foto: Carmen Voxbrunner)

Aber nicht nur die Schulabsolventen will man gewinnen, auch junge Menschen, die ihr Studium abbrechen, könne man auffangen. Jürgen Biffar denkt an neue Modell bei der Ausbildungszeit. So hält er es nicht für nötig, dass jemand, der das Elektroingenieursstudium geschmissen hat, zweieinhalb oder drei Jahre einen Beruf lernen müsse. Verkürzungen müssten je nach Qualifikation möglich sein.

Dass man als Personaler einen langen Atem braucht, verdeutlichte Michael Steinbauer an einem Beispiel. Es habe sich eine Schulabsolventin beworben, die vor vielen Jahren einen Schnuppertag im Unternehmen verbracht habe. Denn jeden Buß- und Bettag, der zwar kein Feiertag mehr, aber unterrichtsfrei ist, lädt die Maisacher Firma Schülerinnen und Schüler ein, um Interesse für die angebotenen Ausbildungsrichtungen zu wecken. Die Azubis würden dafür ein Programm vorbereiten. Die IHK, so Steinbauer, wolle im kommenden Jahr zwei bis drei Veranstaltungen zur Berufsinformation im Landkreis anbieten.

Doch nicht nur den Nachwuchs gelte es zu fördern, sondern auch frisch gegründete Firmen und Soloselbständige, meinte Guido Amendt. Am besten funktioniere das mit Netzwerktreffen, eine solche Aktion lief vor wenigen Wochen auf Initiative von Steinbauer und Amendt in Olching. Von einer ähnlichen Veranstaltung berichtete Jürgen Biffar, Geschäftsführer von Docuware, aus Germering. Manchmal aber sind es nicht die Arbeitskräfte, die fehlen, damit ein Betrieb weiter existieren kann, sondern es fehlt ein Nachfolger an der Spitze der Firma. Wenn es gut läuft, wie etwa bei MIPM in Mammendorf, wo Jennifer Rosenheimer die Geschäftsführung von ihrem Vater Michael N. Rosenheimer übernahm, dann sei die Nachfolge in der Familie oder firmenintern gelöst. Sollte die Suche nach einem Unternehmensnachfolger aber schwierig werden, so schlägt Jennifer Rosenheimer vor, Jungunternehmer mit Betriebsinhabern, die einen Nachfolger suchen, zusammenzubringen. Auch diese Idee von Personalgewinnung möchte die IHK weiterverfolgen.

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