Fürstenfeldbruck:Grüne gehen im Streit auseinander

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Jan Halbauer steht im Mittelpunkt eines Streits bei den Grünen. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Nach einer turbulenten Mitgliederversammlung wird die Nominierung für die Landtagswahl auf November verschoben. In der Zwischenzeit will sich der Kreisverband konsolidieren.

Von Gerhard Eisenkolb, Fürstenfeldbruck

Der Kreisverband der Grünen hat turbulente Monate hinter sich. Dessen entscheidende Etappen sind: Rücktritt des gesamten mit vielen neuen und teilweise unerfahrenen Mitgliedern besetzten Kreisvorstands wegen interner Meinungsverschiedenheiten im Frühjahr, Neuwahlen mit der Etablierung einer neuen Mannschaft im Mai. Den Kulminationspunkt der Krise bildete eine gegen den neuen Kreissprecher oder Kreisvorsitzenden Jan Halbauer gerichtete Anzeige wegen Beleidigung und übler Nachrede durch seinen Vorgänger Simon Würfl. Eigentlich hätten die Mitglieder des Kreisverbands am 22. September eine Kandidatin oder einen Kandidaten für die Nachfolge des Landtagsabgeordneten Martin Runge im Stimmkreis Fürstenfeldbruck Ost nominieren sollen. Diese Entscheidung wurde auf den 7. November verschoben, weil bei der Festlegung des Septembertermins übersehen worden war, dass Runge diesen wegen einer Gemeinderatssitzung in Gröbenzell nicht wahrnehmen konnte. So die offizielle Begründung.

Ob es für die Verschiebung des Termins eine Rolle spielte, dass wegen der Zwistigkeiten Bewerbungen zurückgezogen wurden, ist unklar. Neben dem Fürstenfeldbrucker Halbauer, der Mitarbeiter in Runges Landtagsbüro ist, bewirbt sich von den Grünen noch Andreas Birzele aus Hörbach um das Landtagsdirektmandat. Auf jeden Fall gibt es Bemühungen, den Kreisverband zu konsolidieren. Sowohl Halbauer als auch die Germeringer Bundestagsabgeordnete der Grünen, Beate Walter-Rosenheimer, sprechen im Zusammenhang mit der Krise notwendige Strukturveränderungen an. Es heißt, die Meinungsverschiedenheiten seien auch eine Folge des schnellen Wachstums des Kreisverbands. Die Rede ist von neuen Strömungen und unterschiedlichen Vorstellungen, die es zu integrieren gelte.

Anzeige ist vom Tisch

Laut Simon Würfl ist seine Anzeige inzwischen vom Tisch. Der bei seiner Wahl zum Kreisvorsitzenden 20 Jahre alte Student aus Eichenau wollte, wie er auf SZ-Anfrage erklärte, den im Internet verbreiteten Vorwurf, ein "Nichtsnutz" zu sein, nicht auf sich sitzen lassen. Das Verfahren sei aufgrund des fehlenden öffentlichen Interesses eingestellt worden. Wie der angeblich nur für einen kleinen Kreis bestimmte Post mit der Verunglimpfung in einen größeren Verteiler kam, ist nicht ganz klar. Die Entschuldigung Halbauers akzeptiert Würfl nicht, weil diese nicht ernst zu nehmen gewesen sei. Die Verunglimpfung nennt Martin Runge "rotzdumm" und inakzeptabel. Es liege an Halbauer, die Geschichte glattzuziehen, was hoffentlich geschehen sei.

"Wo Menschen sind, da menschelt es." Mit diesen Worten begründet Halbauer die auf unterschiedlichen Meinungen zwischen Ortsverbänden und dem Kreisvorstand beruhenden atmosphärischen Störungen im Kreisverband. Diese hätten sich unter anderem an der Frage entzündet, "wie man mit Anträgen an den Kreisvorstand umgeht". Angesprochen auf die Anzeige reagiert er ausweichend. Unzufriedene gebe es immer mal wieder, das sei nichts, was man nicht intern regeln könnte. Konkret spricht Halbauer zu den Meinungsverschiedenheiten einen Antrag von Hans Aigner und Sabeka Well aus dem Türkenfelder Ortsverband zum schnelleren Ausbau der erneuerbaren Energien an. Die beiden seien der Meinung gewesen, ihre Arbeit sei nicht ausreichend gewürdigt worden.

Türkenfelder Vorstoß

Auf SZ-Anfrage bestreitet Aigner mit Nachdruck, dass die von Halbauer angesprochenen atmosphärischen Störungen im Kreisverband vom Türkenfelder Ortsverband beziehungsweise von dessen Energieanträgen ausgelöst worden sind. Ansonsten will er sich zu den internen Zwistigkeiten nicht weiter äußern.

Auch andere Grüne halten den Türkenfelder Vorstoß nicht für den Stein des Anstoßes. Wie berichtet wird, sei es ein Ärgernis gewesen, wie der Vorstand mit dem Antrag umgegangen sein. Eigentlich galt die Türkenfelder Initiative einem urgrünen Anliegen: der schnelleren Umsetzung der Energiewende in der aktuellen Energiekrise. Dieses Ziel sollte durch eine Korrektur am Oster-Energiepaket der Bundesregierung erreicht werden. Gefordert wurde eine Erleichterung des Baus von Solarstromanlagen auf Freiflächen. Die Türkenfelder forderten den Kreisvorstand auf, ihren Antrag an die mit dem Osterpaket befassten Bundestagsabgeordneten der Grünen weiterzuleiten, was ihm als Initiative eines großen Kreisverbands mehr Gewicht verliehen hätte.

Der Kreisvorstand verknüpfte die Umsetzung dieses Anliegens an die Legitimation durch eine vorherige Online-Mitgliederbefragung, bei der die Befürworter ein Mindestquorum von 20 Prozent erreichen sollten. Wie es heißt, sei in der Satzung der Grünen ein solches Verfahren nicht vorgeschrieben. Seine Vorgehensweise begründet Würfl, der damals noch Kreisvorsitzender war, damit, dass solche Mitgliederbefragungen für die Grünen ein hohes Gut sind. Das Quorum sei in kurzer Zeit erreicht worden. Dazu, ob der Antrag rechtzeitig nach Berlin geschickt wurde, gibt es zwei Versionen. Würfel beteuert, das sei geschehen, andere bezweifeln das.

Unterschiedliche Bewertungen

Beate Walter-Rosenheimer verweist darauf, dass in einem großen Kreisverband mit mehr als 350 Mitgliedern die Belastung des Vorstands enorm zugenommen habe. Von zwei ehrenamtlichen Kreissprechern oder Vorsitzenden sei diese Aufgabe nicht mehr zu bewältigen, deshalb sei zu deren Entlastung ein Geschäftsführer eingestellt worden. Als Psychologin hält es die Bundestagsabgeordnete für normal, wenn sich ein hoch motivierter Kreisverband wie der Fürstenfeldbrucker nach einer starken Wachstumsphase neu sortiere und es dabei ruckelt. Das sehe sie nicht panisch. Die Stimmung sei gut, und es werde viel getan, die Dinge zu klären und aus der Welt zu schaffen. Die Argumentation, der Kreisverband sei zu schnell gewachsen und habe deshalb ein strukturelles Problem, teilt Martin Runge nicht, es habe inhaltliche Konflikte gegeben, meint er.

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