Fürstenfeldbruck:Wenn der Partner zuschlägt

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Besonders in Trennungssituationen sind Frauen durch Gewalt gefährdet. Bei der Aktionswoche erfahren sie auch, wo ihnen geholfen werden kann. (Foto: Maurizio Gambarini/dpa)

Eine Aktionswoche gegen Gewalt an Frauen in der Stadtbibliothek Fürstenfeldbruck will das Bewusstsein schärfen für ein Phänomen, das in allen Schichten existiert.

Von Ingrid Hügenell, Fürstenfeldbruck

"Jeden dritten Tag stirbt eine Frau in Deutschland durch Partnerschaftsgewalt." Isolde Klyeisen von der Gleichstellungsstelle des Landratsamts Fürstenfeldbruck sagt diesen Satz, und fährt fort: "Und das sind nur die Versuche, die erfolgreich sind." Diese Morde geschähen aufgrund des Geschlechts der Opfer. Deshalb müsse man sie als Femizide bezeichnen, statt verharmlosend von "Familiendramen" zu sprechen. Die Stadtbibliothek Fürstenfeldbruck widmet dem Thema eine Aktionswoche, anlässlich des Internationalen Tags gegen Gewalt an Frauen, der am 25. November begangen wird.

Traurig nennt es Birgitta Klemenz (CSU) bei der Vorstellung des Programms, dass jedes Jahr mit einem solchen Tag auf das Problem aufmerksam gemacht werden müsse, "weil sich nichts ändert". Fürstenfeldbrucks Dritte Bürgermeisterin fungiert als Schirmherrin der Aktionswoche. Fast könne man beim Blick auf die "Horrormeldungen im Internet" die Hoffnung verlieren, sagt sie. Umso wichtiger sei es, das Thema immer wieder ins Bewusstsein zu holen, wofür sie der Stadtbibliothek und den anderen Beteiligten ausdrücklich dankt.

"Es handelt sich nicht um ein Randphänomen"

Die Bewusstseinsbildung ist laut Bibliotheksleiterin Diana Rupprecht tatsächlich das Ziel der Aktionswoche mit fünf Veranstaltungen, die das Thema aus unterschiedlichen Blickwinkeln beleuchten. Der Verein "Frauen helfen Frauen" und die Ortsgruppe von Amnesty International sind als Veranstalter dabei. Die Idee dazu hatte Stadträtin und Bibliotheksreferentin Irene Weinberg (BBV). "Ich wollte das Thema in Fürstenfeldbruck in den Mittelpunkt stellen", sagt sie. "Es handelt sich nicht um ein Randphänomen, es geht durch alle Schichten." Vor allem in Trennungssituationen könne es zu Gewalt kommen.

Zu einem Informationstag am Freitag, 25. November, dem eigentlichen Gedenktag, kommen neben den Veranstaltern auch Vertreter der Opferschutzorganisation "Weißer Ring", der Ökumenischen Erziehungsberatungsstelle, der Gleichstellungsstelle und von Plan International in den Lesesaal der Bibliothek. Dort kann man sich bei freiem Eintritt von 14 bis 18 Uhr informieren, aber auch Hilfe suchen - für sich selbst oder für Angehörige, Freundinnen und Bekannte. "Wir sind komplett zur Verschwiegenheit verpflichtet", sagt Klyeisen. Alles, was jemand erzähle, werde immer vertraulich behandelt.

Die Erziehungsberatungsstelle will Kindern Sicherheit geben

Amnesty International wird dort Protestbriefe auslegen, die man an Regierungen verschicken kann, um politischen Gefangenen zu helfen, darunter Frauen, die beispielsweise in Afghanistan oder Iran für ihre Rechte eingetreten sind und deshalb im Gefängnis sitzen. Die Ökumenische Erziehungsberatungsstelle stellt die Frage, wie es eigentlich Kindern bei häuslicher Gewalt geht. "Oft denken die Eltern, die Kinder hätten nichts mitbekommen", sagt Sylvia Scholpp-Stadler. "Aber 80 Prozent der Kinder wissen Bescheid." Bei der Arbeit der Beratungsstelle gehe es darum "das Kind ins Zentrum zu stellen und ihm Sicherheit zu geben"; aber auch die Eltern zu unterstützen, wenn Kinder, die aus der Familie genommen waren, wieder zurückkommen.

Sie unterstützen die Aktionswoche gegen Gewalt an Frauen: Irina Ingatz von Amnesty International, Klaus Frank vom Weißen Ring, Stadträton Irene Weinberg, Dritte Bürgermeisterin Birgitta Klemenz, Sylvia Scholpp-Stadler von der Ökumenischen Erziehungsberatungsstelle, Bibliotheksleiterin Diana Rupprecht, Rafaela Mötsch von "Frauen helfen Frauen" und Gleichstellungsbeauftragte Isolde Klyeisen. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Die Aktionswoche beginnt mit einem Filmabend am Montag, 21. November, um 19.30 Uhr. Gezeigt wird der Film "Hinter Türen", eine Dokumentation, die Einblicke gibt in das Leben von Personen, die von häuslicher Gewalt betroffen sind. "Es berichten Opfer von ihrer Situation, wie sie in die Gewaltbeziehung gerieten und von den Schwierigkeiten, Hilfe zu bekommen", sagt Rafaela Mötsch vom Verein "Frauen helfen Frauen".

Im Anschluss ist Zeit für Fragen, und der Verein stellt sich und seine Arbeit vor. "Vielleicht kann man bei dem ein oder anderen etwas verändern", hofft Mötsch. Ganz konkret: "Vielleicht vermietet doch jemand seine Wohnung an eine alleinerziehende Mutter mit zwei Kindern, die wenig Geld hat." Der Eintritt zum Filmabend ist frei.

Frauen aus Afghanistan berichten

Zwei Frauen aus Afghanistan sind am Dienstag, 22. November, 19.30 Uhr zu Gast in der Bibliothek. Hassina Quraishi berichtet von der Situation von Frauen und Mädchen nach der Machtergreifung durch die Taliban, Nilab Taufiq über besondere Gefahren durch Säureattacken. Ihr Vortrag, zu dem Amnesty International einlädt, trägt den Titel "Vergessen und verraten". Der Eintritt ist frei. Mit seiner musikalischen Lesung "Dunkelziffer" weist das Künstlerduo Klaus Zeh und Adeline am Mittwoch, 23. November, 19.30 Uhr auf Kinderhandel und Zwangsprostitution hin. Eintritt: acht Euro.

Bei einem Selbstverteidigungskurs am Samstag, 26. November, lernen die Teilnehmerinnen unter professioneller Leitung, wie man Gefahrensituationen erkennt, Grenzen setzt und sich gegen Übergriffe wehrt. Es soll auch um die Themen Angst, Willensschulung, Selbstbehauptung gehen. Zudem werden Techniken vermittelt, mit denen man sich effizient verteidigen kann. Der Kurs für Frauen und Mädchen von zwölf Jahren an dauert von 10 bis 16 Uhr, Anmeldung per E-Mail an frauennotruf@fhf-ffb.de. Die Teilnahme kostet 60 Euro. Wer sich diese Ausgabe nicht leisten kann, "für den findet sich eine Lösung", versprechen Rafaela Mötsch von "Frauen helfen Frauen" und Dritte Bürgermeisterin Klemenz.

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