Gesundheit:Lücken im Arznei-Lager

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Sollte ein Produkt fehlen, bestellt die Johannes-Apotheke in Gröbenzell es auch im Ausland. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Nicht mehr alle Medikamente sind jederzeit verfügbar. Wie Apotheker auf die Mangelsituation reagieren.

Von Andreas Ostermeier, Fürstenfeldbruck

Die Verkaufsräume der Apotheken sind meist gut gefüllt. Dort steht in Regalen, was ohne Rezept verkauft werden darf - und bei diesen Artikeln gibt es keine Engpässe. Anders sieht es mit den verschreibungspflichtigen Medikamenten aus. In diesem Bereich gibt es nicht immer alles. "Es geht so weiter wie vorher", sagt Thomas Benkert, Inhaber der Amper-Apotheke in Fürstenfeldbruck und Präsident der Bundesapothekerkammer. Das Fehlen von Fiebersaft für Kinder machte im vergangenen Jahr Schlagzeilen, doch Fiebersaft war nicht das einzige Medikament, das fehlte.

Momentan gibt es Engpässe bei Medikamenten zur Reduzierung von Blutfettwerten, bei Asthmasprays, Augentropfen oder antibiotischen Säften, um nur einige Artikel aufzuzählen. Die Mittel fehlten oft von jetzt auf gleich, sagt Sebastian Baehs, Betreiber von sechs Apotheken, davon zwei in Germering.

Mehr einkaufen und auf Lager legen

Was tut ein Apotheker, der seine Kunden bedienen möchte, in solch einer Lage? "Ich bunkere", sagt Baehs. Gibt es Tabletten, Sprays und Säfte, die Lieferschwierigkeiten gehabt haben, wieder, dann kauft Baehs eine größere Menge ein und legt sie ins Lager. So kann er auf die Bedürfnisse seiner Kunden besser eingehen. Und sollte ein Arzneimittel in einem seiner Geschäfte nicht vorhanden sein, wird es am nächsten Tag aus einer der anderen Apotheken gebracht. Viele Patienten seien froh, sagt Baehs, wenn sie ein Arzneimittel am nächsten Tag abholen könnten.

Auch Christian Sickau, Inhaber der Johannes-Apotheke in Gröbenzell, verlässt sich nicht mehr nur auf den Großhandel. Wenn Arzneimittel dort nicht vorhanden sind, versucht Sickau Tabletten und Säfte aus dem Ausland oder direkt vom Hersteller zu beziehen. Als Versorger von Kliniken hat er engere Kontakt zur Industrie als andere Apotheker. Manchmal habe er dadurch auch das Glück, dass ein Produzent bei einer Bestellung noch weitere Medikamente dazulege, sagt Sickau. Er habe zwei Mitarbeitende, die sich ausschließlich darum kümmerten, wo es etwas gebe, sagt er. Das kostet ihn freilich zusätzlich Geld. "Früher ging es um den Preis, heute geht es um Verfügbarkeit."

Auch ein großes Lager bindet Geld. Denn Baehs muss die Medikamente beim Einkaufen bezahlen. Bis er sie verkaufen kann und damit sein Geld von der Krankenkasse zurückbekommt, das kann eine Weile dauern. Baehs nennt als Beispiel die Abnehmspritze. Die kostet je nach Stärke zwischen 200 und 300 Euro. Da mache es schon einen Unterschied, ob er drei Spritzen (für jede Stärke eine) oder 20 auf dem Lager habe. Und auch der Transport von Tabletten und Säften zwischen den Apotheken in Germering, Starnberg und Pullach kostet Geld.

Hersteller bieten ein Medikament nicht an

Mit dem Verkauf verschreibungspflichtiger Arzneimittel lasse sich deshalb oft kein Geschäft mehr machen, sagt Baehs. Ähnlich sieht er auch die Lage der Arzneimittelhersteller. Für die sei es oft besser, ein Medikament in Deutschland nicht anzubieten, weil sie aufgrund der festgesetzten Preise nichts damit verdienten. Der Mangel an Medikamenten ist seiner Aussage nach eine Folge der Rabattverträge, die vorwiegend die Kosten für die Krankenkassen begrenzen sollten.

Dass sich an der Mangelsituation bald etwas ändert, glaubt auch Benkert nicht. In größerem Stil Produktion von Asien nach Europa holen zu können, das hält er für ein Wunschdenken des Ministers. Allein der Aufbau von Produktionsstätten würde mindestens fünf Jahre dauern, schätzt der Fürstenfeldbrucker Pharmazeut.

Und welcher Unternehmer soll sich darauf einlassen? Benkert zählt die Schwierigkeiten auf: Personal, Auflagen und Produktionskosten. "Wir können nicht zu asiatischen Preisen produzieren." Die Politik müsste bereit sein, dauerhaft höhere Medikamentenpreise zu gewährleisten. Wahrscheinlich ist das nicht.

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