Fürstenfeldbruck/München:Brutale Rache

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28-Jähriger soll zusammen mit seinem Bruder eine Bruckerin mit dem Tode bedroht, geschlagen und ausgeraubt haben, weil deren Sohn ihn angeblich als Kind missbraucht hat. Die Täter müssen mit mehrjähriger Haft rechnen

Von Andreas Salch, Fürstenfeldbruck/München

Matthias Q. errötet, als die Vertreterin der Staatsanwaltschaft am Montagmorgen die Anklage vor der 2. Strafkammer am Landgericht München II verliest. Es scheint ihm peinlich zu sein. Aber ihm bleibt nichts anderes als jetzt zuzuhören. Besonders schwere Vergewaltigung, Freiheitsberaubung, schwerer Raub sowie Besitz von kinder- und jugendpornografischen Schriften. Es ist einiges zusammengekommen, wofür sich der 26 Jahre alte Praktikant verantworten muss. Neben ihm auf der Anklagebank sitzt sein Bruder Stefan, 28, von Beruf Aushilfe in der Gastronomie. Ihm wird ebenfalls schwerer Raub zur Last gelegt.

Am frühen Abend des 21. Januar dieses Jahres überfielen die beiden eine Frau in ihrer Wohnung in der Höhenringstraße. Sie schlugen sie, bedrohten sie mit dem Tode und raubten sie aus. Eigentlich habe er sich an deren Sohn rächen wollen, sagte Matthias Q. Dieser habe ihn im Alter von neun, zehn Jahren sexuell missbraucht. "Meine Emotionen sind hochgekommen", erklärte Q. Richter Stefan Weickert die Tat. Als dieser ihn fragte, was die Mutter für den sexuellen Missbrauch könne, erwiderte Q.: "Überhaupt nichts." Wegen des angeblichen Missbrauchs habe er sich im Isar-Amper-Klinikum in München-Haar behandeln lassen. Er habe seither Depressionen und noch heute "kleine Schäden". Aus der Wohnung ihres Opfers raubten Matthias Q. und sein Bruder Bargeld und Wertgegenstände im Wert von insgesamt rund 4000 Euro.

Rund vier Wochen vor dem Raub soll Matthias Q. mit einem Fleischerbeil in der Hand eine 19-Jährige in der Wohnung einer Bekannten in Fürstenfeldbruck dazu gebracht haben, ihn sexuell zu befriedigen. Er und die junge Frau waren zu dem Zeitpunkt allein. Nach der Tat chattete Q. noch mit der 19-Jährigen und verhöhnte sie: "Es war doch gar nichts, was willst du denn. Hey, mach dich doch erst mal locker", hatte er ihr unter anderem geschrieben. Die Vergewaltigung und den Raub räumte Matthias Q. ein. Auch sein Bruder legte ein Geständnis ab. Für diesen Fall hat das Gericht beiden jeweils ein bestimmtes Strafmaß zugesichert. Matthias Q. kann mit einer Haftstrafe zwischen sechs Jahren, sechs Monaten bis maximal sieben Jahren rechnen. Sein Bruder wurde eine Haft zwischen vier Jahren, drei Monaten und vier Jahren, neun Monaten in Aussicht gestellt.

Wenige Tage nach dem Raub wurden beide festgenommen. Bei der Durchsuchung der Wohnung von Matthias Q. fand die Polizei auf dessen Handy kinder - und jugendpornografische Fotos. Darunter befänden sich auch welche, auf denen Vergewaltigungen zu sehen sind, hielt Richter Weickert dem 26-Jährigen vor. "Von denen weiß ich ehrlich gesagt nichts", lautete dessen Antwort. Und die Kinderpornos, fragte der Richter. "Ich weiß nicht, wie die auf mein Handy gekommen sind", entgegnete Q. Er habe sie "nicht willentlich heruntergeladen." Von wem er die Fotos habe, will der Richter wissen. Von einer Whatsapp-Gruppe, behauptete Q. Ihr gehören "25 Leute" an.

Der 26-Jährige lernte sie während einer Therapie kennen, in der sich wegen seiner Depressionen behandeln ließ. Dass er von den Vergewaltigungsfotos nichts wisse, glaubte ihm Richter Weickert nicht. Matthias Q. versicherte, er habe sich "nur ganz normale Pornos" heruntergeladen. Kinderpornos aber gehörten nicht dazu.

Außer Q. und seinem Bruder Stefan sitzt zudem der 30-jährige Daniel B. mit auf der Anklagebank. Der Bauarbeiter ist mit den beiden befreundet. Für den Raub in der Höhenringstraße hatte er ihnen einen Schlagring ausgeliehen. "Ich war Sammler", erklärte D. bei seiner Vernehmung. Vor der Tat habe er mit Matthias und dessen Bruder fünf bis sechs "Bierchen" getrunken. Laut Anklage wusste D. von dem Plan der beiden, in die Wohnung einzudringen, in der sie glaubten, den mutmaßlichen Vergewaltiger zu treffen. Aus diesem Grund wird Daniel B. Beihilfe zum gemeinschaftlichen schweren Raub zur Last gelegt. Außerdem fand die Polizei bei der Durchsuchung seiner Wohnung eine umgebaute Signalwaffe, Haschisch sowie einen LSD-Trip. Die Drogen hätten einen "Super-Wirkstoffgehalt", sagte Richter Weickert zu Daniel B. Der 30-Jährige nickte und sagte: "Hm". Der Prozess wird fortgesetzt.

© SZ vom 12.11.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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