Flüchtlinge:Die Schwierigkeiten der Helfer

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Kennenlernen in der Marthabräuhalle: Helfer und Geflüchtete bei einer Willkommensfeier in Fürstenfeldbruck im vergangenen Jahr. (Foto: Lukas Barth)

Während der Zuzug von Flüchtlingen anhält, verringert sich die Zahl der Ehrenamtlichen. Corona, das intensive Engagement und sich ändernde Lebensumstände sind Gründe. Aber es gibt auch neue helfende Hände.

Von Andreas Ostermeier, Fürstenfeldbruck

Seit Beginn des Krieges in der Ukraine vor einem Jahr suchen deutlich mehr Flüchtlinge im Landkreis Schutz als in früheren Jahren - auch mehr als in den Jahren 2015 und 2016. Städte und Gemeinden sowie das Landratsamt sehen sich an der Grenze der Zahl von Geflüchteten, die sie unterbringen können. Maisachs Bürgermeister Hans Seidl (CSU) hat sich in einem offenen Brief an Landrat Thomas Karmasin (CSU) gewandt und gefordert, nicht mehr weitere Flüchtlinge aufnehmen zu müssen. Seidls Hauptargument: Die Zahl der ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer wachse nicht im gleichen Maß wie die Zahl der Flüchtlinge. Das gefährde die Integration der Zugewanderten.

Die Asylunterkunft in der Industriestraße in Germering gehört zu den Gebäuden, in denen der Landkreis Geflüchtete einquartiert. (Foto: Leonhard Simon)

Mitte Februar lebten etwa 4000 Geflüchtete im Landkreis. Für knapp 2100 von ihnen muss das Landratsamt eine Bleibe zur Verfügung stellen. An die 700 sind in Einrichtungen der Regierung von Oberbayern untergebracht, vor allem leben sie in Gebäuden am Fliegerhorst in Fürstenfeldbruck, einige aber auch in Germering. Unter ihnen befinden sich keine Ukrainer. Etwa 1050 Flüchtlinge - bei ihnen handelt es sich ausschließlich um Frauen, Männer und Kinder aus der Ukraine, sind von Privatpersonen aufgenommen worden. Die Zahl der Flüchtlinge wächst, vor allem aus der Ukraine kommen Menschen, die vor dem Krieg flüchten. An die 900 Ukrainerinnen und Ukrainer haben den Landkreis aber schon wieder verlassen, ist den Informationen der Kreisbehörde zu entnehmen.

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Dieser Zuzug kann nicht von den Ämtern allein bewältigt werden. Dafür braucht es den Einsatz der Ehrenamtlichen. Ganz deutlich ist das im Fall der Frauen, Männer und Kinder aus der Ukraine. Über die Hälfte von ihnen sind privat untergebracht. Auch die Vermittlung von Arbeit, die Hilfe bei Gängen zu Ärzten und Ämtern, bei den Hausaufgaben der Kinder, an den Tafeln oder bei den Sportvereinen, beim Ausfüllen von Formularen und Anträgen liegt zu einem sehr großen Teil bei den Asylhelferinnen und Asylhelfern. Viele von ihnen setzen sich seit Jahren mit großem Aufwand an Zeit, Leidenschaft und auch Geld für geflohene Menschen ein.

Ansprechpartnerinnen für Helferinnen und Helfer (von links): Leonie Dienes-Weippert, Andrea Gummert und Ulrike Bienemann vom Fachdienst Asyl und Migration. (Foto: Caritas Fürstenfeldbruck)

Andrea Gummert, Koordinatorin der Asylarbeit der Caritas im Landkreis, kennt viele der Ehrenamtlichen. Sie weiß, wie zeitintensiv die Betreuung von Geflüchteten ist: "Das ist für alle eine wahnsinnige Herausforderung", sagt sie und lobt den ehrenamtlichen Einsatz: "Es tut sich viel." In den meisten Kommunen gebe es Helferkreise, sagt sie. Und diese zeigten immer wieder, dass sie in Notsituationen auch durch Zusammenarbeit mit anderen viel Unterstützung organisieren könnten. Als Beispiele nennt Gummert die private Unterbringung von Flüchtlingen aus der Ukraine. So stammen viele Wohnungsgeber aus dem Umfeld der Helferkreise. Und als Flüchtlinge in der Budrio-Halle in Eichenau ankamen, halfen Mitglieder des Freundeskreises Wischgorod bei der Aufnahme mit.

Zusammenarbeit bei der Datenerfassung: Mitglieder des Asylkreises und des Freundeskreises Wischgorod in der Budrio-Halle in Eichenau. (Foto: Carmen Voxbrunner)

An Mitgliedern sind die Helferkreise aber geschrumpft. Gummert nennt dafür einige Faktoren. So hat die Corona-Pandemie ihre Spuren hinterlassen. Es gab Monate lange Kontaktbeschränkungen, und ältere Helferinnen und Helfer wollten aus gesundheitlichen Gründen ihre Kontakte begrenzen. Andere Ehrenamtliche kümmern sich um Familien und Einzelpersonen, mit denen sie inzwischen befreundet sind und denen sie weiterhin beistehen möchten. Für die Arbeit mit neuen Flüchtlingen bleibt keine Zeit mehr. Wieder andere haben sich zurückgezogen, weil sich ihre persönlichen Lebensumstände geändert haben und ein zeitlich so intensives Ehrenamt nicht mehr zulassen.

Formulare, Formulare, Formulare

Abschreckend wirken auch die vielen Formulare, die auszufüllen sind. Über die Schwierigkeiten, die sich immer wieder ändernden Fragebögen zu bearbeiten, sagt Gummert: "Wir sind im Hürdenlaufen inzwischen ganz gut geworden." Zufrieden zeigt sie sich mit der Zusammenarbeit mit den Behörden. Es bestünden gute Austauschnetzwerke, sagt sie. Aber auch die Ämter litten unter Personalknappheit - ein weiterer Grund dafür, dass Ehrenamtliche zusätzliche Aufgaben übernehmen. Die Konflikte zwischen Haupt- und Ehrenamtlichen führt Gummert vor allem auf deren unterschiedliche Rollen zurück. Eine Ausländerbehörde müsse nun einmal Recht umsetzen und habe einen anderen Blick auf Flüchtlinge als die Helferinnen und Helfer.

Die Asylkreise freuten sich über jedes neue Mitglied, sagt Gummert und erzählt von einer Frau, die aus einem anderen Landkreis zugezogen ist. Die Frau engagiert sich in Spielberg und gibt Deutschunterricht. Die Caritas-Mitarbeiterin stellt aber auch fest, dass wegen der Erfahrungen aus der Corona-Zeit viele Menschen die Präsenz in Gruppen meiden. Das zeige sich auch bei den Fortbildungen, die die Caritas veranstaltet. Deren Teilnehmer säßen oft lieber am heimischen Computer als im Veranstaltungsraum - eine Folge der Pandemie.

Wer Interesse an der Arbeit mit Geflüchteten hat, kann sich bei einem Asylhelferkreis melden oder direkt bei der Caritas unter ehrenamt.asyl@caritasmuenchen.org .

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