Asylpolitik:Erste Bezahlkarten ausgegeben

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Ein Asylbewerber zeigt im Ankerzentrum Fürstenfeldbruck eine der ersten bayerischen Bezahlkarten, die er zuvor erhalten hat. Rund fünf Wochen nach Hamburg hat auch in Bayern in vier ausgewählten Modell-Kommunen die Ausgabe der Bezahlkarten für Asylbewerber begonnen. (Foto: Sven Hoppe/dpa)

Im sogenannten Ankerzentrum auf dem ehemaligen Brucker Fliegerhorst bekommen Geflüchtete die Mastercard mit ihrem Taschengeld.

Von Peter Bierl, Fürstenfeldbruck

Im sogenannten Ankerzentrum auf dem ehemaligen Brucker Fliegerhorst haben Geflüchtete am Freitag die ersten Bezahlkarten mit ihrem Taschengeld ausgehändigt bekommen. Auf den Mastercards werden jeden Monat rund 133 Euro gebucht, von denen die Asylbewerber sich nur 50 Euro pro Monat in bar auszahlen lassen können. Mit der Bezahlkarte kann in allen Geschäften, die Mastercard akzeptieren, eingekauft werden.

Der Landkreis hat eines von vier Pilotprojekten im Freistaat für dieses neue System bekommen. Landrat Thomas Karmasin (CSU) erwartet, dass damit die "sozialen Pull-Faktoren reduziert" würden, was zur "Bewältigung der Migrationskrise" beitragen soll. Den höchsten Anteil unter den Menschen, die am Freitag die Karte bekamen, stellten Staatsangehörige aus dem Nato-Partnerstaat Türkei unter dem autoritären Regime des Präsidenten Recep Tayyib Erdoğan.

Derzeit sind in den Gebäuden auf dem früheren Fliegerhorst etwa 700 Asylbewerber untergebracht, die in den nächsten Tagen die Bezahlkarte bekommen. Die Kosten trägt der Freistaat Bayern. Während die Regierung für Unterkunft, Verpflegung und Fahrkarten zuständig ist, übernimmt das Landratsamt die Auszahlung der Geldleistungen. Durch die Karten soll sich der Aufwand für die Kreisbehörde verringern, sie muss künftig einmal im Monat aufgeladen werden. Die Ausgabe erfolgt durch Mitarbeiterinnen des Landratsamtes, die in einem Schalterraum des Ankerzentrums sitzen. Für die Aufladung muss sich jeder Asylbewerber persönlich einfinden. Der Landrat erwartet von dem neuen Kartensystem eine "Entbürokratisierung", weil die aufwändige Auszahlung des Taschengeldes in bar entfällt.

Ausgabe der Bezahlkarte im Ankerzentrum am Fliegerhorst. (Foto: Peter Bierl)

Am Freitag bekamen die Insassen stattdessen eine Karte ausgehändigt, zusammen mit einer PIN in einem verschlossenen Umschlag. Sollte jemand seine Karte verlieren, muss er dies melden. Die Mastercard wird dann sofort gesperrt und ein neues Exemplar ausgehändigt.

Zunächst bekommen alle eine solche Karte, die neu in der Einrichtung aufgenommen wurden, darunter Menschen, die erst vor einigen Tagen mit einem Bus eintrafen. Im Vorraum haben sich etwa 40 Geflüchtete eingefunden, Männer und Frauen. Jugendliche ab 14 Jahren bekommen eine eigene Karte. Die meisten stammen aus der Türkei, andere aus Afghanistan, Jemen oder Uganda. Sie wollen sich weder filmen, fotografieren noch interviewen lassen, aus Angst vor Repressalien gegen sie oder ihre Angehörigen zu Hause. Einige wenige sind bereit, sich von hinten ablichten zu lassen. Ein junger Mann sagt, ihm wäre Bargeld lieber, weil er dann flexibler wäre. Auf die Frage, was er sich von dem Geld als Erstes kaufen würde, sagt er: "Zigaretten."

Asylhelfer kritisieren die Karte

In Helferkreisen sieht man die Bezahlkarte mit Skepsis. "Das ist nicht zu Ende gedacht", sagte Karl-Heinz Theis von den Ehrenamtlichen in Olching. Er geht davon aus, dass die Begrenzung auf 50 Euro Bargeld auch zu umgehen sein wird, etwa, wenn man ein Kleidungsstück kauft, es am nächsten Tag zurückbringt und dafür den Kaufpreis erstattet bekommt. Vor allem aber geht Theis davon aus, dass die Bezahlkarte zu einer Stigmatisierung beiträgt, auch wenn es sich um eine Mastercard handelt.

Marlies Eller aus Puchheim bezweifelt, dass weniger Geld ins Ausland transferiert wird, denn die Asylbewerber haben nicht viel. In den Beträgen, die oft genannt werden, ist undifferenziert enthalten, was anerkannte Flüchtlinge oder Migranten überweisen, die arbeiten und Geld verdienen. Sie hält die Bezahlkarte für populistische Wahlpropaganda und fragt, was die Einführung an zusätzlichen Kosten verursacht.

Derzeit sind knapp 2400 Flüchtlinge aus der Ukraine im Landkreis registriert, die nicht unter das Asylbewerberleistungsgesetz fallen. Sie bekommen keine Bezahlkarte. Für die Karte kommen außer den 700 Menschen im Ankerzentrum die etwas mehr als 1400 Asylbewerber in den dezentralen Unterkünften infrage.

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