Migration:Wie die Integration gelingt

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Vor 80 Besuchern diskutiert das Podium in der Eichenauer Friesenhalle über die Wege zur Integration von Geflüchteten. (Foto: Jana Islinger)

Bei einer Podiumsdiskussion in Eichenau wird intensiv über den Umgang mit Geflüchteten diskutiert. Zwei von ihnen erzählen dabei ihre persönlichen Erfolgsgeschichten.

Von Karl-Wilhelm Götte, Eichenau

Seray Alkhlyef, 24, steht auf und sagt selbstbewusst: "Man sollte einen Plan haben." Mit "man" meinte er sich selbst: "Ich habe einen gehabt und arbeite jetzt bei der Telekom." Der gebürtige Syrer kam vor achteinhalb Jahren mit der großen Fluchtbewegung 2015 nach Deutschland und schließlich nach Eichenau. Andere Beispiele sehr positiver Integration, die fast ausschließlich über den Dreiklang von Deutsch lernen, Schule und Ausbildung/Arbeit und erfolgreicher Wohnungssuche passiert, verkünden an diesem Abend andere Betroffene in der Eichenauer Friesenhalle. 80 Besucherinnen und Besucher sind auf Einladung des Eichenauer Asylhelferkreises gekommen, um einiges zum Stand von Flucht, Migration und Integration in Eichenau zu erfahren.

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Die Eichenauer Diskussion zur Integration zeigt, wie ein Diskurs laufen kann - jenseits von Populismus und dafür auf Augenhöhe mit den Beteiligten.

Kommentar von Karl-Wilhelm Götte

Auf dem Podium diskutieren, moderiert von Reinhard Neuhofer, Fachleute, die sich mit der Flüchtlingsthematik seit vielen Jahren gut auskennen. Markante Stichworte sind an diesem Abend nicht die von bestimmten Gruppen gerne propagierte "Flüchtlingskrise", sondern Begriffe, wie Verantwortung, Haltung, gemeinsam handeln und Bereicherung. "Flüchtlinge sind keine Belastung, sondern eine Bereicherung", legt Hans Sautmann vom Asylhelferkreis los, der für die Grünen als Integrationsreferent im Kreistag eine feste Stimme für Flüchtlinge ist. "Diese Menschen arbeiten in Eichenau mitten unter uns", so Sautmann, "als Friseur, Koch, Verkäufer oder Lagerarbeiter und zahlen Steuern." Er fordert auch in Bayern, wie in NRW und Niedersachsen, ein Integrationsgesetz. Richard Reischl, der Bürgermeister von Hebertshausen im Landkreis Dachau, bekennt "mit Stolz", wie er sagt, dass seine Gemeinde etwa 340 Asylsuchende unterbringt. Bei 6000 Einwohnern sei das mehr als das Vierfache der üblichen Quote der Kommunen. Reischl ist fest überzeugt: "Flüchtlinge schaffen nicht nur Probleme, sie bieten auch Chancen." Dann zählt auch der CSU-Bürgermeister auf, in welchen Bereichen die ehemaligen Flüchtlinge jetzt arbeiten. Und noch etwas. "Auch im Fußball gewinnen wir jetzt wieder", fügt er spürbar vergnügt hinzu. "Haltung zeigen, ist wichtig", bekräftigt Reischl. Das Wohnungsproblem packe man ebenfalls an. Und noch etwas: "Die AfD kann bei uns nicht punkten." Bei der vergangenen Landtagswahl habe die Partei im ganzen Landkreis die niedrigste Wahlquote erreicht.

Applaus gibt es auch für Peter Münster, seinen Bürgermeisterkollegen aus Eichenau. Der sieht ebenfalls "keine Krise", die durch Flüchtlinge verursacht sei. Was gerade passiere "ist der Regelfall", sagt Münster, der kürzlich aus der FDP ausgetreten ist und für gemeinsames Handeln aller Beteiligten plädiert. Er lobt ebenfalls die ehrenamtliche Arbeit des Eichenauer Asylhelferkreises. Dessen dringend benötigte hauptamtliche Unterstützung kann er jedoch nicht zusagen, weil das Geld in der Gemeinde fehle. Für eine gelungene Integration sei überall ein Wohnungsbauprogramm notwendig. Da sieht Münster jedoch noch keine Fortschritte. Den Leerstand von Häusern und Wohnungen auch in Eichenau kritisiert eine Besucherin heftig. Jurist Münster sieht hier eher keine Chance ins Eigentumsrecht einzugreifen. Willi Dräxler, Integrationsbeauftragter im Brucker Stadtrat und Flüchtlingsbetreuer für die Caritas, hat seit mehr als 30 Jahren mit Geflüchteten aus aller Welt zu tun und beklagt die finanziellen Kürzungen durch die Bundesregierung. Das sei deshalb der falsche Weg, weil es essenziell für Flüchtlinge ist, dass sie die deutsche Sprache lernen.

Das hat Siray Salih, 27, aus Eritrea exzellent geschafft. Er hat zunächst Einzelhandelskaufmann gelernt, das Abitur nachgemacht und studiert jetzt Soziale Arbeit. Ebenso Salsabeel Alkhlyef - die heute 23-jährige Frau kam ebenfalls 2015 aus Syrien nach Deutschland, hat nach der Hauptschule das Fachabitur absolviert und studiert jetzt Betriebswirtschaft. Vom Flüchtling zur baldigen dringend gesuchten Fachkraft hierzulande. "Ich will als Vorzeigebeispiel wirken", sagt sie so selbstbewusst wie bescheiden und auch den Satz: "Flüchtlinge sind nicht immer das Böse." Auch sie lobt das Engagement des Helferkreises in Eichenau: "Ohne diese Menschen hätte ich das nie erreicht, wo ich jetzt bin."

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