Energiewende:Himmlische Energie

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Die Kirche Sankt Johann Baptist prägt das Gröbenzeller Ortsbild. (Foto: Jana Islinger)

In Gröbenzell wird über den Bau einer Solaranlage auf dem Dach der denkmalgeschützten Kirche Sankt Johann Baptist diskutiert. Es ist ein Thema, das immer mehr Gemeinden beschäftigt.

Von Gerhard Eisenkolb, Gröbenzell

Es ist eine Grundsatzdiskussion die der ehemalige Bundestagsabgeordnete Eicke Götz hat in seiner Gemeinde Gröbenzell angestoßen hat: Sollte auf dem Dach der denkmalgeschützten katholischen Kirche Sankt Johann Baptist eine Solaranlage gebaut werden? Angesichts steigender Energiepreise will er klären lassen, ob und gegebenenfalls welcher Anteil des Energiebedarfs eines solchen öffentlichen Gebäudes durch die Nutzung des Daches gedeckt werden kann. Aus seiner Zeit als Vorsitzender des Kirchenbauvereins weiß der ehemalige Politiker, dass der Verein noch über erhebliche Mittel in sechsstelliger Höhe für Renovierungsarbeiten verfügt. Dieses Geld war von Gröbenzellern vor Jahren für die damals erfolgte, etwa 1,35 Millionen Euro teure Kirchenrenovierung gesammelt worden, zu der der Verein 700 000 Euro beisteuern konnte. Der Rest soll nun, so Götz weiter, umgewidmet und in eine klimagerechte Dachgestaltung zur Erzeugung von regenerativer Energie gesteckt werden.

Die Gröbenzeller Kirche ist nicht nur eines der wenigen Baudenkmäler der jungen Gemeinde. Sie prägt als deren Wahrzeichen auch das Ortsbild. Das heißt, dass bei der Installation einer Solaranlage das überlieferte Erscheinungsbild der Kirche nicht gestört werden darf und deren ursprüngliche architektonische Aussagekraft erhalten bleiben muss. Ist das gewährleistet, hält Juliane Grimm-von Wedemayer, Pressesprecherin beim Landesamt für Denkmalpflege, die Errichtung einer Photovoltaikanlage mit dem Denkmalschutz für vereinbar. "Dass ein Haus ein Denkmal ist", sei für sie noch "kein Grund gegen einen PV-Anlage", beteuert sie. Es gebe keine allgemeingültige Antwort, jeder Einzelfall bedürfe einer individuellen Lösung. Infolge der aktuellen geopolitischen Lage sei das Thema Energiewende auch im Bereich der Denkmalpflege in den Fokus gerückt.

Für denkmalgerechte Photovoltaikanlagen könnte es bald Zuschüsse geben

Denkmal- und Klimaschutz gehen laut Grimm-von Wedemayer Hand in Hand. Sie verweist zudem auf einen Gesetzesentwurf der Bayerischen Staatsregierung. Stimmt der Landtag diesem zu, haben die Eigentümer von Baudenkmälern künftig "grundsätzlich einen rechtlichen Anspruch auf Photovoltaikanlagen". Für den Mehraufwand für die Installation einer denkmalgerechten Photovoltaikanlage sollen dann Zuschüsse gewährt werden. Als unproblematisch für Solaranlagen gelten vom öffentlichen Raum aus nicht einsehbare Dachflächen von Baudenkmälern oder auf deren Nebengebäuden. Allerdings sind in der Region München zurzeit für Dächer denkmalgeschützter Kirchen nur einige Projekte in der Planung, verwirklicht wurde noch keines.

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Eine Solaranlage auf der Gröbenzeller Kirche würde auch zeigen, dass sich die Gläubigen ihrer Verantwortung stellen.

Kommentar von Gerhard Eisenkolb

Die Einschätzung des Landesamts für Denkmalschutz, dass viele Kirchengemeinden zurzeit das Bedürfnis haben, den Wandel zur Nutzung erneuerbarer Energien zu unterstützen und ein Zeichen zu setzen, bestätigt ein Pressesprecher des Ordinariats München. Laut diesem befürwortet die Erzdiözese den Ausbau der regenerativen Energiegewinnung als Beitrag zum Umweltschutz und Erhalt der Schöpfung. So berät die Abteilung Umwelt des Ordinariats die Kirchengemeinden in der Frage der Nutzung der Sonnenenergie. Außerdem verfügt die Erzdiözese zur Förderung des Baus von Solaranlagen und zur Umstellung von Heizungen auf regenerative Energien über einen Klimaschutz-Sonderetat.

Die Gemeinde Sankt Johann Baptist in Gröbenzell bekommt einen neuen Seelsorger. (Foto: Jana Islinger)

Da klingt so, als könnte der Kirchenbauverein und die Pfarrgemeinde Gröbenzell bei der Umsetzung des Solarprojekts, sofern sich dieses als wirtschaftlich sinnvoll und gestalterisch machbar erweist, mit der Unterstützung des Ordinariats und der Denkmalschützer rechnen. Als Hürde könnte sich die Statik des Dachstuhls erweisen. Schließlich ist nicht jede Dachkonstruktion, besonders wenn sie sehr groß ist, auf die Mehrbelastung durch eine nachträglich installierte Solaranlage ausgelegt.

Eicke Götz, der bis 1980 Bürgermeister von Gröbenzell war, fordert, dass Kirchenbauverein und Kirchenverwaltung die Frage der Errichtung von Solarzellen auf dem Dach von St. Johann Baptist nicht nur intern, sondern öffentlich diskutieren. Das begründet er damit, dass zur Finanzierung des Vorhabens auch von Bürgerinnen und Bürgern gespendete Mittel verwendet werden sollen. Daher sollten die Gröbenzeller die Möglichkeit haben, ihre Meinung zur künftigen Dachgestaltung des Wahrzeichens ihres Ortes einzubringen. Götz regt zudem an zu prüfen, ob die Solaranlage an die Heizung angeschlossen werden kann.

Ein erster Plan soll demnächst dem Landratsamt vorgelegt werden

Johann Höcherl ist Mitglied der ehrenamtlich tätigen Kirchenverwaltung von St. Johann Baptist, die auch für den Gebäudebestand verantwortlich ist und Baumaßnahmen beschließt. Er erklärte auf SZ-Anfrage, er würde persönlich die Entscheidung für die Installation einer Solaranlage auf dem Kirchendach mittragen, sofern das möglich und sinnvoll sei. Gleichzeitig verweist er auf Vorbehalte aufgrund der aktuellen Praxis der Unteren Denkmalbehörde am Landratsamt und den für die Gröbenzeller Kirche und die umliegenden Gebäude wie das Pfarrhaus und das Pfarrheim geltenden Ensembleschutz. Deshalb habe Gottfried Obermair, der Energieberater und Geschäftsführer des Energiewendevereins Ziel 21 ist, den Tipp gegeben abzuwarten, bis der Landtag dem Gesetzesentwurf der Staatsregierung zugestimmt habe. Trotzdem gibt es inzwischen einen ersten Planentwurf für eine Solaranlage auf dem Dach des Pfarrhauses und des Pfarrheims. Dieser soll demnächst dem Landratsamt vorgelegt werden. Für das Kirchendach gibt es solche konkreten Überlegungen noch nicht.

In Fürstenfeldbruck steht im Jahr 2024 die Generalsanierung der hundert Jahre alten evangelischen Erlöserkirche an. Laut dem evangelischen Dekan Markus Ambrosy wurde bei der Planung des etwa eine Million Euro teuren Projekt auch die Errichtung einer Solaranlage auf dem Kirchendach geprüft. Eine statische Ertüchtigung des Dachstuhls könne sich die Gemeinde nicht leisten, daher sei das keine Option. Stattdessen hält es der Dekan für sinnvoller und wirtschaftlicher, zu prüfen, inwieweit sich das Dach des Gemeindehauses oder andere kirchliche Gebäude im Rahmen der ökonomischen Möglichkeiten für die Gewinnung regenerativer Energie eignen. In diesem Zusammenhang verweist er auf das Förderprogramm der Landeskirche zur thermischen Gebäudesanierung. Mit der evangelischen Kirche in Eichenau verfügt das Dekanat laut Ambrosy über ein erstes mit dem "Grünen Gockel" der evangelischen Kirche öko-zertifiziertes Gotteshaus.

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