Es dauert viel zu lange, bis die Ministerialbürokratie in Bayern in die Gänge kommt, dadurch werden wichtige Zukunftsprojekte gefährdet. Das sagt Hans Seidl, Maisacher Bürgermeister und Sprecher der Städte und Gemeinden im Landkreis. Er macht sich Sorgen um ein "Leuchtturmprojekt": den Aufbau des sogenannten Biodroms auf bereits entmilitarisierten Maisacher und Fürstenfeldbrucker Flächen des Fliegerhorsts. Geht es nach den beteiligten Kommunen und dem Landkreis, dann wird dort künftig im Bereich der Nuklearmedizin geforscht, entwickelt und produziert. Seidl stellte das Projekt am Mittwoch gemeinsam mit dem Fürstenfeldbrucker Unternehmer Karl-Heinz Jansen sowie dem Chef der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Alexander Dobrindt, vor und mahnte mit sehr deutlichen Worten vor überbordender Bürokratie und endlosen Genehmigungsverfahren. Der frühere Bundesverkehrsminister sicherte bei dem Treffen seine Unterstützung zu: "Da helfe ich gerne mit."
Am Nachmittag hatten sich Politikerinnen und Politiker der CSU mit Dobrindt sowie Vertretern von Start-ups am Rande des BMW-Fahrsicherheitszentrums verabredet - darunter der Landtagsabgeordnete Benjamin Miskowitsch, die Bundestagsabgeordnete Katrin Staffler, die Bezirksrätin Gaby Off-Nesselhauf und Landrat Thomas Karmasin. Im Blickpunkt stand vor allem das ambitionierte Projekt des Technologiezentrums, das in Kooperation mit Uni-Kliniken mit Hilfe eines Teilchenbeschleunigers Medikamente herstellen soll, die für die Strahlentherapie etwa bei Krebs oder Krankheiten wie Alzheimer dringend benötigt werden und für viele Patienten als überlebenswichtig gelten. Bundesweit gibt es bislang lediglich in Jülich ein vergleichbares Hochleistungszyklotron.
Fürstenfeldbruck:Nutzen und Risiken der Nuklearmedizin
Experten erläutern das auf dem Fliegerhorst geplante Technologiezentrum und das im weiten Umkreis einzigartige Hochleistungszyklotron. Muss man sich wegen der Strahlenbelastung Sorgen machen?
Mitte Juli war das Projekt, von dem sich die Politik hochwertige neue Arbeitsplätze erhofft, in Fürstenfeld vor etwa 400 Besuchern vorgestellt worden. Nach mehr als zwei Jahren Vorarbeit ist seitdem nicht viel passiert, weshalb die Initiatoren fürchten, dass wichtige Investoren vom Schlage eines Bayer-Konzerns sich doch noch für einen anderen Standort entscheiden.
Seidl ist nicht gut auf das bayerische Innenministerium zu sprechen. Konkret geht es darum, dass man bereits zwei Monate auf die Beantwortung einer dringenden Anfrage warte und damit auf die Bestätigung, dass der Freistaat die für den Campus vorgesehenen Flächen nicht selbst benötigt - etwa für den Bau zusätzlicher Unterkünfte für Asylbewerber. Erst wenn eine solche Bestätigung vorliegt, können die Verhandlungen mit der bundeseigenen Immobiliengesellschaft Bima beginnen. "Aber wir saufen ab in der Bürokratie", klagt Seidl. "Wir müssen deutlich schneller werden".
Jansen sieht das ähnlich. Im nächsten Jahr brauche man für die Umsetzung des Campus' "Big Pharma" - so große Unternehmen, von denen zwei bereits "Gewehr bei Fuß" stünden, könne man aber nur bei der Stange halten, wenn man etwas vorweisen könne. Etwa die Aussicht auf eine Baugenehmigung. Spätestens Ende nächsten Jahres müsse diese vorliegen, um den anvisierten Produktionsstart 2027 oder spätestens 2028 zu schaffen. "Die Politik muss Türen aufmachen", fordert Seidl, der Dobrindt in der Pflicht sieht, es nicht bei lobenden, aber unverbindlichen Worten zu belassen. Der CSU-Landesgruppenchef hat das Problem mit der Bürokratie nach eigenen Worten durchaus erkannt, auch wenn er betont, dass dies mitnichten nur Bayern betreffe. Er bot an, das Gespräch mit der Bima zu suchen und regte die Gründung eines runden Tisches an. Ein solcher Arbeitskreis wäre für Seidl aber bestenfalls so etwas wie ein Add-on und kein Ersatz für eine schnelle Stellungnahme des Ministeriums. Er will ein deutliches Bekenntnis zum Landkreis Fürstenfeldbruck als Hochtechnologiestandort.
Karl-Heinz Jansen setzt auch auf einer weiteren "Baustelle" die Hoffnung auf bundespolitische Unterstützung: Als Grundmaterial für die Produktion von Alphastrahlern wie dem radioaktiven Nuklid Actinium wird - wenn auch in sehr geringen Mengen - Radium benötigt. Um nach dem Abschalten der deutschen Atomkraftwerke hier nicht von Lieferländern wie USA und Kanada abhängig zu werden, sei es wichtig, Lagerstätten dieses Rohstoffs bundes- oder europaweit aufzulisten und die Vorräte für medizinische Zwecke zu reservieren.