Bezirkstagwahl:Was macht eigentlich der Bezirkstag?

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Der Bezirkstag Oberbayern bei einer Sitzung in München. (Foto: Bezirk Oberbayern/oh)

Das Gremium wird gleichzeitig mit dem Landtag gewählt, ist jedoch weniger bekannt. Dabei werden dort Entscheidungen getroffen, die vor allem für den sozialen Bereich und die Kultur in Oberbayern von großer Bedeutung sein können.

Von Linus Freymark und Andreas Ostermeier, Fürstenfeldbruck

Fürstenfeldbruck Wenn die Wählerinnen und Wähler am 8. Oktober den Gang an die Urnen antreten oder vorab ihre Stimme per Briefwahl vergeben, geht es nicht nur um die Besetzung des neuen Landtags. Denn seit 1954 wird gleichzeitig mit der Sitzverteilung im Maximilianeum auch die Zusammensetzung des neuen Bezirkstags bestimmt. Doch was ist dieses Gremium eigentlich? Was hat es in den vergangenen fünf Jahren erreicht? Und wie wird es gewählt?

Jeder der sieben bayerischen Bezirke hat einen eigenen Bezirkstag, der sich vor allem um sozialen und gesundheitspolitischen Themen annimmt: So kümmern sich die Gremien in ihren Zuständigkeitsgebieten unter anderem darum, dass es genügend Angebote für Menschen mit psychischen Erkrankungen und für Suchtkranke gibt. Auch organisiert der Bezirkstag die Sozialhilfe für Menschen mit Behinderung, den Betrieb von Schulen für Kinder mit Hör- oder Sprachschwierigkeiten und ist obendrein in Bereichen der "Kultur- und Heimatpflege" und dabei insbesondere für die Erinnerungskultur zuständig.

Der Bezirkstag ist nicht befugt, Gesetze zu erlassen. Er kann aber für Veränderungen auf den Gesetzgeber einwirken und innerhalb der bestehenden Gesetzgebung Entscheidungen vollziehen. Dafür steht dem oberbayerischen Bezirkstag ein nicht unbeachtliches Budget zur Verfügung: Das Gremium hat jährlich mehr als zwei Milliarden Euro zu verwalten, mehr als 90 Prozent davon fließen in den sozialen Bereich. Ein Großteil der Beratungen dazu findet in den zahlreichen Ausschüssen statt. Die Vollversammlung des Bezirkstags kommt in der Regel zweimal pro Jahr zusammen, in diesem Jahr gab es noch eine zusätzliche Sitzung aller Bezirksräte aus ganz Bayern.

Die bayerischen Bezirke - und damit auch die sieben Bezirkstage - sind mit Blick auf die gesamte Bundesrepublik eine Besonderheit. Lediglich in Nordrhein-Westfalen gibt es mit den Landschaftsverbänden ähnliche Gremien. Anderswo sind die Aufgabengebiete der Bezirkstage oft in Zweckverbänden organisiert. Auch in Bayern ist dies immer wieder diskutiert worden. Letztendlich hat man jedoch an den Bezirkstagen festgehalten. Der Bezirkstag von Oberbayern umfasst 82 Mitglieder, gewählt wird ähnlich wie beim Landtag: Jeder Stimmkreis entsendet einen Direktkandidaten, zusätzlich besteht für Bewerber die Möglichkeit, über die Liste ihrer Partei einzuziehen. Ebenfalls wie bei der Landtagswahl ist der Landkreis Fürstenfeldbruck aufgeteilt in zwei Stimmkreise. Im Stimmkreis Fürstenfeldbruck-Ost ist wurde 2018 Gabriele Off-Nesselhauf (CSU) aus Germering als Direktkandidatin gewählt. Über die jeweiligen Listen haben Peter Münster (FDP) aus Eichenau und Michael Schanderl (FW) aus Emmering sowie von den Grünen die Fürstenfeldbrucker Jan Halbauer und Gina Merkl Mandate inne. Aus dem Stimmkreis Landsberg/Fürstenfeldbruck-West ist lediglich der Eresinger Josef Loy (CSU) als Direktkandidat vertreten.

Wie bei der Landtagswahl

Das Wahlprocedere ist im Grunde identisch mit dem der Landtagswahl. Es gibt Überhang- und Ausgleichsmandate, womit die Größe des Bezirkstags von Amtsperiode zu Amtsperiode variiert. Allerdings gibt es einen entscheidenden Unterschied im Vergleich zur Sitzverteilung im Maximilianeum: Es gibt nämlich keine Fünf-Prozent-Hürde. Somit sind im aktuellen Bezirkstag von Oberbayern auch Vertreterinnen und Vertreter kleinerer Gruppierungen wie ÖDP und Bayernpartei repräsentiert. Sogar die Tierschutzpartei hat einen Sitz ergattern können - mit gerade einmal 0,7 Prozent Stimmanteil. Von den derzeit 82 Sitzen im oberbayerischen Bezirkstag hat die CSU momentan 26 Sitze, die Grünen sind mit 18 Vertretern zweitstärkste Kraft.

Was hat sich in den vergangenen fünf Jahren getan? Als größte Errungenschaft seit 2018 wird die Einrichtung des Krisendienstes Psychiatrie gesehen. Dieser bietet 365 Tage im Jahr rund um die Uhr telefonische Beratungen in akuten Notlagen an. Manchmal schicken die Mitarbeiter aber auch Einsatzteams zu den Betroffenen, um vor Ort Hilfestellung zu geben. Der Bezirk betreibt in Fürstenfeldbruck selbst eine Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie.

Am kommenden Sonntag bewerben sich 28 Frauen und Männer für den um ein Direktmandat. Die Stimmkreissiegerin von 2018, Gabriele Off-Nesselhauf tritt wieder an. Für die CSU im Stimmkreis West ist es der Landsberger Landrat Thomas Eichinger. Für die Grünen bewerben sich Christian Huber aus Germering (Ost) und Lysander Loosen aus Fürstenfeldbruck für den Stimmkreis West. Auch Emmerings früherer Bürgermeister und Bezirksrat Michael Schanderl stellt sich der Wiederwahl, im Westen tritt Susanne Droth an. Thomas Musil ist der Doppelkandidat der AfD und bewirbt sich um einen Sitz Landtag ebenso wie im Bezirkstag, ebenso wie Tassilo Erhardt aus Puchheim.

Am liebsten als Direktkandidaten möchten Martin Eberl und Tina Jäger aus Fürstenfeldbruck für die SPD in den Bezirkstag einziehen. Eberl gehörte dem Gremium bereits in den Jahren 2013 bis 2018 an und kommt aus Eichenau. Bereits Bezirksrat ist Peter Münster. Der Bürgermeister von Eichenau kandidiert diesmal für die FDP im Westen. Um die Stimmen im Osten bewirbt sich Michaela Kuchinka von den Puchheimer Liberalen.

Von den kleineren Parteien bewerben sich für einen Sitz im Bezirkstag im östlichen Stimmkreis Hans-Jürgen Buber (Linke), Thomas Hummel (Bayernpartei), Alexa Zierl (ÖDP), Denis Theinert (Die Partei), Claus-Jürgen Fink (Tierschutzpartei), Cornelia Wiedorn (V-Partei³), Sabine Kaiser (die Basis) sowie Marie-Louise Milberg (Volt). Im Stimmkreis West stehen zudem auf dem Wahlzettel: Martin Neuner (Linke), Michael Hofmann (Bayernpartei), Max Keil (ÖDP), Thomas Buck (Die Partei), Nathalie Eder-John (Tierschutzpartei), Beata Misiewicz (V-Partei³), Stefan Charrois (die Basis) sowie Christoph Klein (Volt).

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