Handwerk:Bäcker fürchten um ihre Existenz

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Der neu gewählte Vorstand der Bäckerinnung (von links) mit Kreishandwerksmeister Franz Höfelsauer: Innungsobermeister Werner Nau, Ulrich Drexler, Max Hünsche und Martin Reicherzer. (Foto: Leonhard Simon)

Die Zahl der Betriebe im Landkreis nimmt ab, das Interesse an einer Ausbildung schwindet. Deshalb wollen die Mitglieder der Innung nun gemeinsam Strategien entwickeln.

Von Erich C. Setzwein, Fürstnfeldbruck

Nur noch wenige Wochen hat die Bäckerinnung ein Dutzend Mitglieder. Ende dieses Jahres macht ein Betrieb für immer zu. Dann backen nur noch elf Handwerksbäcker im Landkreis, in dem sie ohnehin nur noch 20 Prozent der konsumierten Backwaren herstellen. Das heißt nach den Worten von Innungsobermeister Werner Nau aus Grunertshofen, dass 80 Prozent aus Fabriken kommen. Damit die verbleibenden Handwerksbetriebe sich noch über Wasser halten können, wollen sie noch stärker gemeinsam die alle angehenden Probleme besprechen und angehen. Dazu gehört an erster Stelle die Nachwuchswerbung. Dabei gibt es einen neuen Weg, an Lehrlinge zu kommen.

"Ich hatte viermal Preis- und Lohnerhöhung in diesem Jahr", stellte Werner Nau fest, "und ich müsste schon wieder um zehn Prozent erhöhen." Steigende Rohstoff- und Energiepreise sowie die der Konjunktur angepassten Löhne machen es den Bäckern derzeit besonders schwer, sicher zu planen. Nau, der nach drei Jahren im Amt von den Mitgliedern für weitere drei Jahre als Obermeister gewählt wurde und bei dieser Versammlung mit dem Goldenen Meisterbrief für 35-jährige Betriebsführung ausgezeichnet wurde, tat seinen Unmut über die politischen Rahmenbedingungen kund. Insbesondere kritisierte er das gerade erst zustande gekommene Bürgergeld als Nachfolger der Hartz-IV-Regelung. Wer es darauf anlege, werde vom Staat etwa so viel bekommen wie ein Arbeitnehmer, ohne aber dafür etwas tun zu müssen. Als Beispiel nannte er den Fall eines Bäckers, der als Angestellter in einem Münchner Betrieb für eine 50-Stundenwoche ein Bruttogehalt von 1900 Euro gehabt habe. Nach Abzügen blieben dem Mann 1400 Euro, davon könne in der Region niemand leben.

Fälle wie diese ärgern Kreishandwerksmeister und Bäckermeister Franz Höfelsauer. Ein solcher Chef schade den Bäckern, die ohnehin mit einem sinkenden Ansehen zu kämpfen hätten. Höfelsauer weiß schon, wie man das Renommee des Handwerksberufs steigern könnte. Dazu zählen die politischen Forderungen nach Steuerfreiheit für das Lehrlingsentgelt und auch kostenfreie Meisterschulen. Vor allem aber sollten Schülerinnen und Schüler über die Vorteile von Handwerksberufen aufgeklärt werden. Die Zahlen, die Höfelsauer nannte, weisen einen Rückgang bei den Lehrverträgen in den Handwerksbetrieben in den vergangenen Jahren aus, der zum gefürchteten "Handwerksloch" führt. Eine Zeitspanne, in der es viel weniger handwerklich ausgebildete Fachkräfte gibt und die zehn Jahre dauern könnte. 2020 seien im Landkreis noch 82 Neuverträge für die Lehrlingsausbildung abgeschlossen worden, 2021 seien es dann 75 gewesen, und in diesem Jahr nur noch 65 neue Lehrverträge. In den Bäckereien würden derzeit acht junge Leute als Bäcker und 15 im Verkauf ausgebildet, nun kämen noch jeweils fünf dazu.

Doch wie an potenzielle Auszubildende kommen? Zum einen durch Werbung, wie Franz Höfelsauer vom Wettbewerb der Blaskapellen berichtete. Dort habe die Handwerkskammer für den Sieger einen Sonderpreis ausgelobt. Die Jugend der Stadtkapelle Fürstenfeldbruck habe den Preis gewonnen und dürfe im kommenden Jahr bei der Meisterfeier der Handwerkskammer für München und Oberbayern vor großem Publikum in der Messe München ein Konzert geben. Die Handwerkskammer habe bei diesem Musikwettbewerb in der Stadthalle von Fürstenfeldbruck mit einem eigenen Stand einen ganzen Tag lang großes Interesse auf sich gezogen. Man müsse eben auch andere Wege gehen, schlug der Kreishandwerksmeister vor.

Einen dieser anderen Wege ist Bäckermeister Martin Reicherzer gegangen. Er hat auf Anregung von Franz Höfelsauer und durch Vermittlung einer Agentur in Puchheim zwei junge Frauen aus Vietnam angeworben. Eine 23-Jährige mit BWL-Studium lernt Bäckereifachverkäuferin, eine 24-Jährige mit medizinisch-technischem Studium bildet er zur Konditorin aus. Reicherzer ist ganz begeistert von seinen Lehrlingen, sie hätten sehr gute Deutschkenntnisse und sich sehr gut in den Betrieb integriert. Die jungen Frauen seien mit abgeschlossenem Hochschulstudium nach Deutschland gekommen, weil es in ihrer Heimat keine Arbeitsplätze gebe, und sie hätten konkrete Zukunftspläne hier, berichtete der Bäckermeister.

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