Politik:Euphorische Stimmung bei der AfD

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Florian Jäger bei seiner Ansprache beim Neujahrsempfang der AfD Fürstenfeldbruck. (Foto: Jana Islinger)

Etwa hundert Gäste freuen sich beim Neujahrsempfang in Emmering über das "Regierungsprogramm" der rechtsextremen Partei.

Von Gerhard Eisenkolb, Emmering

In euphorische Stimmung haben beim Neujahrsempfang des AfD-Kreisverbandes Fürstenfeldbruck die Redner am Donnerstagabend im Emmeringer Bürgerhaus die etwa hundert Gäste versetzt. Begeisterung lösten drei Nachrichten aus. Unter großem Applaus teilte der Kreisvorsitzende Florian Jäger mit, dass die AfD laut einer aktuellen Meinungsumfrage seit Donnerstag nach der CSU die zweitstärkste politische Kraft in Bayern ist und damit die FW auf den dritten Platz verwiesen hat. Ausgehend von dieser neuen Stärke, das war die zweite Nachricht, seien die Bürger nun darauf vorzubereiten, "dass wir Regierungsverantwortung wollen". Mit diesem Anspruch solle die Partei künftig auftreten und sich nicht mehr wie bisher darauf konzentrieren, was andere machten, sondern auf das, was man selbst umsetzen wolle, hieß es. Drittens erfuhren die Gäste, was die AfD umsetzen will, sollte sie im Freistaat Regierungsverantwortung tragen.

Welche Folgen es haben könnte, sollte die unter der Beobachtung des Verfassungsschutzes stehende Partei an die Macht gelangen, schilderte der AfD-Landtagsabgeordnete Markus Striedl den Sympathisanten bei dem nicht öffentlichen Empfang. Er trug einzelne Punkte aus dem von ihm als "Regierungsprogramm" für den Freistaat bezeichneten Papier vor, das die AfD-Fraktion in dieser Woche bei ihrer Klausurtagung verabschiedete und am Donnerstag vorstellte. Offensichtlich genügt der aufstrebenden AfD ein Wahlprogramm nicht mehr. Als ersten Punkt nannte er "Remigrationsspläne" sowie die Einführung von Personenkontrollen an der Grenze. Mit Pushbacks will die AfD Einreisenden ohne Papiere und ohne Asylrecht den Zugang verwehren.

Gäste sitzen an Tischen im Bürgerhaus beim Neujahrsempfang der AfD. (Foto: Jana Islinger)

Laut Striedl ließe sich so nebenbei noch der Mangel an Sozialwohnungen und das Problem ständig steigender Mieten lösen. Schließlich schaffe man durch konsequentes Abschieben und die Schließung der Grenzen für unerwünschte Migranten günstigen Wohnraum, weshalb eine Mietpreisbremse überflüssig werde. Das bayrische Klimaschutzgesetz werde komplett gestrichen. Abgeschafft werde auch der Heizungstausch. Jeder solle heizen, wie er wolle. Starken Beifall erntete Striedl für die Ankündigung, der Verfassungsschutz werde unter einer Regierung mit AfD-Beteiligung keine unliebsame Parteikonkurrenz mehr bespitzeln. Wie der Kreisvorsitzende ergänzte, werde das "hoch ambitionierte" Regierungsprogramm dazu beitragen, dass der Verfassungsschutz stattdessen Deutschland vor solchen Extremisten schütze, wie sie zurzeit in Regierungen säßen.

Mehr Freude als die Ankündigung Jägers, dass der Kreisverband die Kosten für den Verzehr von Speisen bei dem Empfang übernehme, löste die Zusage des Landtagsabgeordneten aus, bei einem Wahlsieg die Erbschafts- und Schenkungssteuer komplett zu streichen. Auch Subventionen sollten abgeschafft werden, der finanzielle Spielraum hierfür werde mit Steuersenkungen geschaffen. Ganz ohne Subventionen kommt das sogenannte Regierungsprogramm dann doch nicht aus. So solle beispielsweise jedem, der einen Ausbildungsvertrag unterschreibt, ein "Azubibonus" gewährt und die Möglichkeit eröffnet werden, mit dem Beginn einer Lehre vorzeitig den Führerschein zu erwerben. Die Mobilfunkprobleme Bayerns hat die AfD laut Striedl in längstens neun Monaten nach einem Regierungseintritt gelöst. Dann soll eine 99-prozentige Mobilfunkabdeckung erreicht sein, kündigte er in Anlehnung an Merkel mit den Worten, "das schaffen wir", an.

Der Europa-Abgeordnete Markus Buchheit fordert innerparteiliche Disziplin. (Foto: Jana Islinger)

Das Drängen der AfD in die Regierungsverantwortung sprach auch der Europaabgeordnete Markus Buchheit an. Er forderte mit dem Verweis auf eine entsprechende Erwartungshaltung mit der AfD kooperierender Rechtsparteien in Europa, dass Deutschland mit seiner Partei in Europa die Rolle des Zugpferdes übernehmen müsse. Damit das gelinge, sagte er selbstkritisch, bedürfe es einer größeren innerparteilichen Disziplin. Zudem verwies er optimistisch darauf hin, dass die Brandmauer gegen die AfD nicht mehr so fest stehe wie früher. Zudem forderte der Redner, dass, wer künftig in Bayern leben wolle, die bayerische Heimat und deren Leitkultur achten und schützen müsse. Bejubelt wurde an dem Abend der Freispruch von Jäger am Bayerischen Obersten Landesgericht in München vom Vorwurf der Volksverhetzung.

Eher spärlich fiel der Protest vor dem Bürgerhaus aus. (Foto: Jana Islinger)

Als die AfD im Sommer im Gröbenzeller Bürgerhaus bei einem öffentlichen Informationsabend die Erderhitzung leugnete und die Energiewende verteufelte, tat sie das unter dem Schutz von zwei Mannschaftswagen der Polizei. In Emmering verfolgten zwei Polizisten den Aufritt von drei einsamen Demonstrierenden auf dem Platz vor dem Bürgerhaus, die die Besucher des Neujahrsempfangs mit einem Plakat mit der Aufschrift "Eure Mütter schämen sich" empfingen. Zum Aufwärmen boten diese den Polizisten im Schneetreiben warmen Kaffee aus der Thermoskanne an, den diese dankend ablehnten.

In einer früheren Version des Textes hieß es, Markus Striedl habe von Deportationsplänen gesprochen. Richtig ist, dass er von "Remigrationsplänen" gesprochen hat. Die entsprechende Stelle wurde korrigiert.

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