Gröbenzell:Mit Desinformation gegen die Klimakrise

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"Für Spannung ist gesorgt", sagen die AfD-Kandidaten Peter Banholzer (links) und Tassilo Erhardt angesichts der angekündigten Gegendemos. (Foto: Gerhard Eisenkolb)

Wie die AfD in Gröbenzell die Erderhitzung leugnet und die Energiewende verteufelt.

Von Gerhard Eisenkolb, Gröbenzell

Anders als früher bei AfD-Veranstaltungen gibt es am Donnerstag in Gröbenzell keine Gegendemo. Drei Mannschaftswagen der Polizei sowie je eine Doppelstreife auf dem Rathausplatz und in der Nähe des Bürgerhauses lassen ahnen, dass das kein normaler Abend ist. Die AfD hat zum Auftakt des Landtagswahlkampfes ins Bürgerhaus geladen. Drei Gemeinderäte beobachten von der Rathausstraße aus die Szenerie. Sie bekämen zu gerne mit, wer kommt und sich als AfD-affin outet. Da sich niemand blicken lässt, ziehen sie es vor, die Zeit bis zum Beginn ihrer Sitzung im Rathaus besser zu nutzen. Sie holen sich ein Eis.

Am Stand der Grünen vor dem Veranstaltungsort warten auch SPD-Anhänger lange vergeblich auf AfD-Sympathisanten. "Wir wollen es denen nicht so einfach machen, sich hier vorbeizudrücken", sagt Dritter Bürgermeister Gregor von Uckermann (SPD). Als die Grünen einem älteren Mann Broschüren anbieten, weist dieser das barsch zurück. Er kenne deren "Programm zur Deindustrialisierung von Deutschland" schon, so seine Begründung.

Während die etwas mehr als 30 Gäste eintrudeln, wird im Saal über den Infostand gefrotzelt. "Draußen ist Klimawandel", heißt es ironisch. Dass die Klimakrise für die AfD und deren Anhänger kaum Relevanz hat, zeigt sich im Laufe des Abends. Thema ist die Energiewende. Diese zöge aus AfD-Sicht das "Energieende", also das Ende der bisherigen zuverlässigen Versorgung mit billiger Energie nach sich. Wie zu hören ist, glauben die AfDler, die Energiewende würde geradewegs ins Chaos führen. Also zu einem Wochen oder Monate dauernden Blackout mit vielen Toten, da Seuchen ausbrechen. Da im Bürgerhaus die Lichter nicht ausgehen, werden vorerst Ängste geschürt, auch mit an Verschwörungstheorien erinnernden Aussagen.

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So wirft Peter Banholzer, AfD-Landtagsdirektkandidat im Stimmkreis Fürstenfeldbruck-Ost, der Bundesregierung vor, die "dümmste Energiepolitik der Welt" zu machen. Wirtschaftsminister Habeck betreibe eine gezielte Deindustriealisierung. Referent Markus Engelsbeger wird das später auf die "gezielte Vernichtung Deutschlands" und dessen Wirtschaftskraft ausweiten. Das Mittel dazu sei der Zusammenbruch der Energiewirtschaft. Wer das Zerstörungswerk betreibt, bleibt mit verschwörerischen Hinweisen auf "Kräfte von außen" im Vagen.

Laut Banholzer braucht Bayern Atomkraftwerke und keine "ineffektiven Windräder". Bezirkstagskandidat Tassilo Erhardt findet es wohl witzig, unter den Anwesenden die Spitzel vom Verfassungsschutz zu begrüßen, bevor er fordert, den Wirtschaftskrieg mit Russland zu beenden, damit sich Deutschland mit dessen Öl- und Gaslieferungen seine alte "Energiesouveränität zurückerobern" könne. Den Besitzern von Elektroautos rät er, diese nicht guten Gewissens zu fahren. Stehe doch für die steigende Zahl an Elektroautos, ebenso wie für Wärmepumpen, nicht genug Strom zur Verfügung.

Engelsberger wird als Nichtmitglied der AfD, Energiewirtschaftskaufmann, Starkstromelektriker und Mitglied einer Familie aus Siegsdorf vorgestellt, die seit Generationen mit Wasserkraftwerken Strom erzeugt. Dessen Botschaft lautet: Es gibt nicht mehr genug Strom. Nach dem Aus der Atommeiler auf Solar- und Windenergie oder Biomasse zu setzen, bezeichnet er als Irrsinn. Als Elektrotechniker erhebt er sich über Demokraten, da denen unbekannt sei, dass Wind- und Solaranlagen ebenso wie Biomassekraftwerke unwirtschaftlich seien.

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Der Energiebedarf für deren Herstellung und Betrieb in Bayern sei größer als das, was sie an Energie erzeugten. Deshalb sei man vom Import von Atom- und Kohlestrom abhängig. Sollte der vielbeschworene Blackout eintreten, hat der Betreiber von vier Wasserkraftwerken vorgesorgt. Wie er berichtet, verfüge er über Listen, wer dann noch Strom bekomme und wer nicht. Von der CSU bis zu den Grünen bezeichnet er die für den vorausgesagten Blackout Verantwortlichen als irrsinnig, geisteskrank und spricht von Gehirnwäsche.

Kritische Nachfragen unterbleiben

Niemand lässt erkennen, dass er das über zwei Stunden Vorgetragene bezweifelt. Auch kritische Nachfragen unterbleiben. Dafür dankt das Publikum mit starkem Applaus. Auf SZ-Nachfrage lobt Banholzer das Fachwissen seines Gastes. Dieser sei etwas derb, aber er beschönige nichts.

Die Frage, ob er dessen Ansichten teile, dass zur Erzeugung von Wind- und Solarstrom mehr Energie benötigt werde, als unterm Strich herauskomme, beantwortet der Eigentümer einer Photovoltaik- und Solarthermieanlage ausweichend mit einem Hinweis. Es bestehe die "Sorge, dass wir sehenden Auges auf eine Energiekatastrophe zusteuern, ohne dagegen etwas zu machen". Was er nicht erwähnt, ist die sich anbahnende Klimakatastrophe.

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