Zentrum des Dorflebens:Das Wirtshaus soll bleiben

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Nach dem Abschied des langjährigen Pächters wollen die fünf Eigentümer das Lokal in Günzenhausen nach den Wünschen der Bewohner für die Dorfgemeinschaft erhalten. Derzeit suchen sie einen neuen Betreiber.

Von Klaus Bachhuber, Günzenhausen

Das Wirtshaus in Günzenhausen hat auf den alten Flurkarten des Dorfes stets die Hausnummer 1. Unmittelbar am Fuß der Kirche St. Laurentius gelegen, ist die Gaststätte seit jeher das Zentrum des Ortes. Auch nach der Eingemeindung Günzenhausens nach Eching 1978 ist der Wirt der Kern des sozialen Lebens geblieben, das sich gerade in den nördlichen Echinger Ortsteilen in sehr urwüchsiger und stets autarker Form erhalten hat.

Das jüngste Kapitel dieser bemerkenswerten Günzenhausener Dorfgemeinschaft schreibt diesmal nun das Wirtshaus selbst. Denn nach dem gesundheitsbedingten Abschied des langjährigen Pächters ist die Prämisse der Eigentümer nicht, die Immobilie in Bestlage zu versilbern oder das Lokal maximal ertragreich zu veräußern - sondern das Wirtshaus als Zentrum des Dorflebens zu erhalten.

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In Aich wird das Gasthaus abgerissen. Damit endet eine Geschichte, die im 18. Jahrhundert mit einer Wirtskaserne begann, mit "Joe's Disco" und als Eishockey-Vereinslokal weiter ging und als griechisches Restaurant ausklang.

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Aktuell wird ein neuer Pächter gesucht

Dazu haben sie aktuell für die Übergangszeit ein Modell zur gemeinsamen Bewirtschaftung mit den Vereinen entwickelt und dazu wird ein Pächter gesucht, dessen zentrale Aufgabenbeschreibung es ist, das Günzenhausener Wirtshaus so zu betreiben, wie es die Leute am Dorf wünschen, in erster Linie als Treff für alle Vereinsveranstaltungen, Versammlungen, die Dorfbühne oder den Burschenfasching.

"Unser Ansinnen ist es, dass die Vereine nicht auf der Straße stehen", sagt Hans Kratzl von der Erbengemeinschaft, der das Gasthaus samt zugehöriger Grundstücke gehört, "wir sind ja selber alle in den Vereinen verwurzelt". Kratzl und seine Zwillingsschwester Elisabeth Beer etwa gehören dem Vorstand des Bürgerforums GOD an, das eine ehrenamtliche Selbstverwaltung der nördlichen Ortsteile ist - gegründet vor 22 Jahren selbstverständlich im Wirtshaus. Nach 23 Jahren hat Walter Bader bei einer Silvesterparty mit mehr als 150 Günzenhausener Gästen den Gasthof verlassen, der unter seiner Ägide zum "Baderwirt" geworden war. Seither sperrt die Erbengemeinschaft für jede Vereinsveranstaltung auf. Für die Verköstigung bei Veranstaltungen müssen die Vereine allerdings selbst sorgen.

Elisabeth Beer hat nun eine formale Schankkonzession erworben, damit der Betrieb auch korrekt weiterlaufen kann. Mit Pächtern ist man in Verhandlungen. Beim Faschingszug am vorvergangenen Sonntag beispielsweise hat dann der ausrichtende Burschenverein den Ausschank und die Verpflegung übernommen und im Gasthaus eine Bar betrieben.

Alle fünf Geschwister helfen mit, wenn es um das Gasthaus geht

Die befürchteten Investitionen zum Erhalt der Gaststätte nach dem Pächterwechsel sind überschaubar geblieben. Die zentrale Anforderung, eine neue Kühlanlage für mehr als 20 000 Euro, ist schon beschafft, eingebaut werden soll sie aber erst unter Regie des künftigen Pächters. Auch der Biergartenbetrieb hätte enormes Potenzial, glaubt Kratzl. "Wenn wir ein gutes Gefühl mit dem Pächter haben, werden wir auch weiter investieren", betont er. Ziel sei es, dem Gasthaus und damit dem Dorfkern "Leben einzuhauchen".

Der Gasthof wurde 1938 von der Familie Grill erworben. Rudolf Grill hat ihn 1994 verpachtet, 2000 ist er gestorben. Über seine heute 79-jährige Schwester Anneliese, die in Deutenhausen lebt, kam das Eigentum an ihre fünf Kinder, Anita, Barbara und Johann Kratzl, Elisabeth Beer und Annemarie Reitmeier. Zwei der fünf leben in Deutenhausen, zwei in Günzenhausen, direkt beim Wirtsgrundstück, und Barbara Kratzl in Unterschleißheim. "Jeder hilft mit", beschreibt Hans Kratzl das Engagement der Geschwister und ihrer Partner für das Wirtshaus.

Der einstige Stadel als südliche Abrundung des Wirtshofes wurde vor rund 15 Jahren abgerissen, Plan war damals, eine Pension mit etwa 30 Zimmern und Tiefgarage zu bauen. Die Pläne existieren zwar noch, aber mindestens für die fünf Geschwister ist das Projekt gestorben. "Unser Fokus liegt auf dem Erhalt der Wirtschaft", betont Kratzl.

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