Campus in Weihenstephan:Wenn in der Vorlesung der Funkmelder piept

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Die Werkfeuerwehr in Weihenstephan leiten Mathias Mühlich (links) und Sebastian Holzmann. Das Besondere: Die Einsatzkräfte studieren oder arbeiten alle am Campus. (Foto: Johannes Simon)

Die Werkfeuerwehr Weihenstephan ist für die Sicherheit auf dem Campus-Gelände zuständig, zu den Einsatzkräften zählen auch Studierende und Professoren. Auch sie müssen manchmal alles liegen lassen.

Von Elena Luna Dima, Freising

Katharina Böckl studiert nun schon seit sieben Jahren am Campus in Weihenstephan und hat lange überlegt, ob sie zur Feuerwehr gehen soll. "Ich wusste nicht, ob sich Studium und Feuerwehr vereinbaren lassen." Immer wieder habe sie die Fahrzeuge auf dem Campusgelände gesehen. "Irgendwie hat mich der Wunsch, neben dem Studium etwas Sinnvolles zu tun, nicht losgelassen - bis ich mich dann endlich dazu entschieden habe mitzumachen", sagt die 26-Jährige. Die Studentin ist seit einem Jahr bei der Campusfeuerwehr in Weihenstephan dabei.

Die meiste Zeit verbringt Katharina Böckl, die Agrarwissenschaften studiert, in Vorlesungen, diskutiert über Forschungsprojekte oder büffelt in der Bibliothek für die nächste Klausur. Sie weiß aber, dass jeden Moment plötzlich ihr Funkmeldeempfänger piepen könnte. Und das bedeutet: Sie muss ausrücken.

60 Mitglieder zählt die Werkfeuerwehr Weihenstephan derzeit, Ziel ist es, sie auf 80 Einsatzkräfte aufzustocken. Denn nicht immer sind alle verfügbar. (Foto: Johannes Simon)
Die Ausrüstung muss gepflegt werden, Sebastian Holzmann reinigt hier gerade die Atemschutzmasken. (Foto: Johannes Simon)
Leiter Mathias Mühlich in der modernen Telefonzentrale der Werkfeuerwehr. (Foto: Johannes Simon)

Es ist Dienstagmorgen, 11 Uhr, auf dem weitläufigen Platz vor dem Gebäude der Feuerwehrwache läuft gerade eine Löschübung für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Hochschulen in Weihenstephan. In der Fahrzeughalle wird gewerkelt, während in den Büroräumen Leiter Mathias Mühlich und sein Stellvertreter Sebastian Holzmann den Tag planen. Das zweistöckige Gebäude, in dem sich die Büros befinden, verfügt zudem über Lagerräume, einen Aufenthaltsraum mit Küche und eine eigene Atemschutzwerkstatt. Überall modernste Technik. Das ist es aber nicht allein, was die Werkfeuerwehr, deren Träger die TU München ist, so besonders macht. Vielmehr sind es die Mitglieder. Diese werden ausschließlich aus den Institutionen am Campus in Weihenstephan rekrutiert. Denn für die Art der Forschung, die auf dem Gelände betrieben wird, ist das Bestehen einer eigenen Feuerwehr eine Grundbedingung.

Ein Drittel davon sind Studierende. Der Rest setzt sich zusammen aus Doktoranden und Doktorandinnen sowie Festangestellten der Institutionen. Auch zwei Professoren sind bei der Feuerwehr dabei. Die damit einhergehenden unterschiedlichen Kompetenzen der Mitglieder sind ein großer Pluspunkt der Werkfeuerwehr. "Wir haben Mitglieder aus allen denkbaren Bereichen", erklärt Mühlich, von Studierenden aller Fachrichtungen, Mitarbeitenden des technischen Betriebs über Verwaltungsangestellte, Ingenieure bis hin zu Professoren. "Unsere aktiven Mitglieder rekrutieren wir also querbeet. Das ist super! Wenn zum Beispiel im Labor ein Behälter mit giftigen Stoffen umgefallen ist, haben wir beim Einsatz dann eine Person dabei, die eben aus dem Bereich kommt." Das sei eine riesige Hilfe "und spart bei Einsätzen viel Zeit".

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In diesem Jahr verzeichnete die Feuerwehr bisher 223 Einsätze. Nicht alle davon waren Brände. Die Werkfeuerwehr hilft auch in anderen Notfällen: viele Einsätze ereignen sich bei Wasserschäden oder Personenrettung aus feststeckenden Aufzügen. Aber auch wenn jemand bei der Arbeit ohnmächtig wird, leistet die Feuerwehr medizinische Ersthilfe. Im vergangenen August gab es besonders viele Alarmierungen aufgrund des starken Unwetters. 35 Einsätze an einem Wochenende wurden dabei verzeichnet. Da die Bandbreite so groß ist, ist es umso wichtiger, dass unterschiedliche Kompetenzen abgedeckt werden. "Letzten Endes ist der Einsatzerfolg immer eine Mannschaftsleistung, jede und jeder ist wichtig", sagt Holzmann.

Um das Gemeinschaftsgefühl zu stärken, werden neben der Feuerwehrarbeit auch Veranstaltungen und gemeinsame Aktivitäten organisiert. Dies übernimmt der Verein, welcher sich aus aktiven Mitgliedern und Ehemaligen - sogenannten passiven Mitgliedern - zusammensetzt. Michael Haselbeck ist 36 Jahre alt, arbeitet als Ingenieur an der Hochschule und ist seit 2017 bei der Werkfeuerwehr dabei. Zudem ist er Teil des Führungsteams des Vereins und zusätzlich auch für Veranstaltungen und Rekrutierung zuständig. "Die zwischenmenschlichen Beziehungen sind wichtig", sagt er. Diese würden insbesondere durch gemeinsame Erlebnisse gestärkt. Sobald man im Einsatz ist, müsse man sich zu hundert Prozent auf sein Team verlassen können.

Katharina Böckl hat lange überlegt, ob sich Studium und Feuerwehr vereinbaren lassen. Bereut hat sie ihre Entscheidung, dort mitzumachen, nicht. (Foto: Johannes Simon)
Die Gemeinschaft im Team schätzt Ingenieur Michael Haselbeck. (Foto: Johannes Simon)

Auch Böckl schätzt das Gemeinschaftsgefühl, welches sie in der Feuerwehr erlebt. Sie ist in einem kleinen Dorf in der Oberpfalz aufgewachsen. Dort war sie bereits bei der Jugendfeuerwehr. Das Gefühl des Zusammenhalts habe sie in den Jahren, in denen sie nicht bei der Feuerwehr war, vermisst, erzählt sie. Die Bedenken, Feuerwehr und Studium nicht unter einen Hut zu bekommen, hat sie schon längst vergessen. Begeistert erzählt sie: "Es gibt Mannschaftsabende, Dart-Turniere und wir haben eine eigene Sportgruppe. Da treffen wir uns ein bis zwei Mal die Woche und gehen alle zusammen laufen." Das sei auch wichtig, um fit zu bleiben. "Und zusammen macht es auch einfach mehr Spaß." Bald sei gemeinsames Bouldern geplant. Darauf freut sich die Studentin schon.

Der Bedarf nach der Feuerwehr steigt am Wissenschaftsstandort Weihenstephan.

Da die TU München und die Hochschule Weihenstephan-Triesdorf wachsen und damit auch die Anzahl der Einsätze, ist viel geplant. Ziel ist laut Holzmann, "auf 80 Mitglieder aufzustocken". Derzeit tragen 60 Personen einen Funkmeldeempfänger bei sich und sind somit einsatzbereit. Das klingt nach viel. Aufgrund des Studiums, Familie, Urlaub und auch aus anderen Gründen können aber nicht immer alle 60 Mitglieder bei einer Alarmierung ausrücken. Deshalb soll ihre Zahl vergrößert werden. Dadurch soll sichergestellt werden, dass zu jedem Zeitpunkt genügend Einsatzkräfte vor Ort sind und der Campus rundum gesichert werden kann.

Neben Presse- und Öffentlichkeitsarbeit gehört auch ein Tag der offenen Türe zur Werbe-Strategie dazu. Mitte Oktober fand der "Tag der offenen Wache" statt. Zwischen 250 bis 300 Interessierte kamen im Laufe des Tages vorbei. Mit dem Erfolg sind Mathias Mühlich und Sebastian Holzmann zufrieden: Sieben schriftliche Anfragen für eine Mitgliedschaft sind nach der Veranstaltung eingegangen. Ihrem Ziel, die Gemeinschaft der freiwilligen Werkfeuerwehr in Weihenstephan zu vergrößern, sind die beiden einen Schritt näher gekommen.

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