Vortrag beim Historischen Verein:Van Gogh in Freising

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Die Sammlerin und Malerin Elsa Tischner-von Durant lebte einst in Freising und Moosburg und besaß Werke von Van Gogh, Cézanne und Gauguin. (Foto: oh)

Elsa Tischner-von Durant besaß Gemälde von Cézanne, Gauguin und Van Gogh, die heute Millionen wert sind. Doch sie starb als arme Frau in Moosburg.

Von Johann Kirchberger, Freising

Nein, Vincent van Gogh war nicht in Freising. Aber einige Jahre lang hing ein Bild von ihm dort in der Haydstraße 18, später in Nummer 12, in Häusern, die dem Kommerzienrat Alois Steinecker gehörten. Van Goghs Gemälde zeigt ein Porträt der Madame Ginoux, der Besitzerin des berühmten Nachtcafés in Arles, weshalb das Gemälde im Ausstellungskatalog einer Sonderbundausstellung 1912 in Köln als "Arleserin" bezeichnet wurde. Ginoux sitzt an einem Tisch, den Kopf in die Hand gestützt, vor ihr zwei rot eingebundene Bücher.

Die Kunstsammlerin und Malerin Elsa Tischner-von Durant hatte das Gemälde mit zwei Bildern von Paul Cézanne ("Landschaft") und Paul Gauguin ("Die Anrufung") erworben und bei ihrem Umzug von Paris nach Freising mitgebracht. Ulrike Götz widmete Elsa von Durant, die mit ihrem Mann einige Jahre in Freising lebte und in Moosburg starb, einen Vortrag auf der Jahreshauptversammlung des Historischen Vereins. "In der Geschichte und Kunstgeschichte Freisings gibt es immer wieder Erstaunliches zu entdecken", sagte Götz. Aufmerksam gemacht auf die Kunstsammlerin hat sie der Moosburger Hans Mader, dessen Vater viele Jahre mit Durant befreundet war.

Die Malerin Elsa Baronesse von Durant kannte Franz Marc, Marie Schnür, Alexej von Jawlensky. Sie heiratete einen Augenarzt, mit dem sie 1911 nach Freising zog

Geboren wurde Elsa Baronesse von Durant 1876 in Breslau. Sie lebte einige Zeit in Paris und zog 1901 nach München. Von 1901 bis 1907 besuchte sie die Damen-Akademie, eine Malschule, und war in der Künstlerszene zu Hause. Sie kannte Franz Marc, Marie Schnür, Alexej von Jawlensky und viele andere Repräsentanten des Münchner Expressionismus. 1909 heiratete Durant den Augenarzt Rudolf Tischner und zog mit ihm am 1. August 1911 nach Freising, wo Tischner neben dem Marcushaus eine Praxis eröffnete und alsbald Mitglied des Historischen Vereins wurde.

Im März 1913 wurde Tochter Elli geboren, im Oktober zog die Familie nach München und baute sich zwei Jahre später ein Haus in Icking. Durant war nicht nur Sammlerin, sie war auch selbst Malerin, ihr derzeit bekanntes Oeuvre umfasst etwa 130 Arbeiten, Gemälde, Zeichnungen und Grafiken. Erhalten hat sich unter anderem ein Porträt, das sie 1909 von ihrem Mann Rudolf Tischner gefertigt hat. Später hat sie noch zwei Gemälde mit Freising-Motiven geschaffen, die aber im Krieg zerstört wurden und nur noch in Schwarz-Weiß-Fotografien erhalten sind.

Nach dem Ersten Weltkrieg musste sich Durant von ihren drei kostbaren Gemälden trennen

Das Leben der Elsa von Durant war geprägt von Schicksalsschlägen. 1917 wurde die Ehe geschieden. Nach dem Ersten Weltkrieg musste sich Durant aus wirtschaftlichen Gründen von ihren drei kostbaren Gemälden trennen. Sie zog wieder nach München, 1944 wurde ihre Wohnung bei einem Bombenangriff zerstört, im selben Jahr beging ihre Tochter Selbstmord. 1948 zog Durant, inzwischen 72-jährig, nach Moosburg, wo ihr langjähriger Malerfreund Joseph Mader wohnte. Bis zu ihrem Tod am 22. September 1958 lebte sie allein in einer primitiven Holzbaracke mit kleinem Garten. In einem Brief an ihren Malerkollegen Hugo Troendle schrieb sie 1954, "ich bin so arm geworden, ich hätte es nie für möglich gehalten". Mit den Einheimischen in Moosburg lebte sie auf Distanz und klagte darüber. Aus ihrem Gästebuch aber geht hervor, dass sie immer wieder mal Besuch von bekannten Malerpersönlichkeiten erhielt.

Elsa von Durant starb arm, ihre Bilder wechselten mehrmals den Besitzer und wurden immer wertvoller. Das Gemälde von Gauguin befindet sich heute in der National Gallery of Art in Washington, das Landschaftsbild von Cézanne brachte 2002 bei einer Versteigerung an einen Privatsammler 4,4 Millionen Dollar. Eine noch höhere Wertsteigerung aber hat die "Arleserin" von van Gogh erfahren. Zwischen 1908 und 1912 hatte es Durant von der Schwägerin des Kunstmalers für vermutlich weniger als 13 000 Mark gekauft. 2006 wurde das Gemälde durch Christie's in New York für über 40 Millionen Dollar versteigert.

© SZ vom 28.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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