Fachkräfte gesucht:105 000 Arbeitsstellen unbesetzt im Jahr 2030

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Der Fachkräftemangel ist auch im Landkreis Freising ein großes Thema. Frauen sollen mehr arbeiten, Ältere länger.

Von Petra Schnirch, Freising

Der Fachkräftemangel ist in der Region um München ein großes Thema. Die Industrie- und Handelskammer (IHK) beklagt, dass in der Landeshauptstadt und den angrenzenden Landkreisen über alle Berufsgruppen hinweg etwa 60 000 Fachkräfte fehlen. 5,2 Prozent der Arbeitsplätze könnten deswegen nicht besetzt werden - dies zeige die Auswertung des IHK-Fachkräftemonitors Bayern. Auch im Landkreis Freising werden vor allem Spezialisten gesucht. Lediglich 206 der 1831 offenen Jobs im März waren Helferstellen. 89 Prozent der Angebote richteten sich nach Auskunft der Agentur für Arbeit an Fachkräfte.

Die meisten Mitarbeiter werden im Bereich Verkehr, Logistik, Schutz und Sicherheit gesucht: Hier gab es im vergangenen Monat 749 Offerten, die meisten wiederum - 644 - für Personen mit entsprechender Ausbildung. Demgegenüber waren 332 Arbeitslose gemeldet, die in dieser Sparte eine Beschäftigung als Facharbeiter suchten.

Händeringend gesucht werden Berufskraftfahrer

Im Bereich Rohstoffgewinnung, Produktion, Fertigung waren 85 Prozent der 372 offenen Stellen für Fachkräfte, im Handel, Vertrieb und Tourismus sogar 93 Prozent der 329 Jobs. Im Jahresdurchschnitt 2016 sah es nach Angaben der Arbeitsagentur ganz ähnlich aus. Händeringend gesucht werden, so die Erfahrung der Vermittler im Arbeitgeber-Service, Berufskraftfahrer - vor allem wenn sie auch Sattelzüge fahren dürfen - und Speditionskaufleute mit guten Branchenkenntnissen im Export/Import. Engpässe gibt es auch im Handwerk: Gefragt, aber nicht leicht zu finden sind Dachdecker und Heizungsinstallateure. Personalbedarf besteht zudem in den Metallberufen und im Elektrobereich. Begehrt sind Mechatroniker, Elektroniker, CNC-Dreher oder Fräser. In Hotels und Gaststätten besteht Bedarf bei Köchen, Restaurant- und Hotelfachleuten. Leer gefegt ist der Markt für Erzieher und Sozialpädagogen. Die Arbeitgeber suchen vor allem beruflich qualifizierte Mitarbeiter. Mit Blick auf Akademiker sagt Kathrin Stemberger, Sprecherin der Arbeitsagentur: "Wir haben nur wenige offene Ingenieursstellen."

Den großen Arbeitgebern im Landkreis fällt es durch ihren Bekanntheitsgrad offenkundig etwas leichter, Mitarbeiter zu finden. Sowohl im Werk Steinecker der Krones AG in Attaching als auch bei Jungheinrich in Moosburg besteht bisher kein Personalmangel. Beide Unternehmen bilden selbst aus. Leicht sei es jedoch nicht, sich im Umfeld von BMW zu behaupten, sagt ein Jungheinrich-Sprecher. Das Unternehmen werbe gezielt mit der Arbeit in kleinen Teams, einer familiären Atmosphäre und flachen Hierarchien. Auch bei der Flughafen München GmbH (FMG) gibt es laut Sprecher Edgar Engert bisher keine Probleme. Die FMG bietet zahlreiche Ausbildungsplätze an - dadurch könne man viel abfedern. Etwas schwieriger sei es mitunter im IT-Bereich.

Die IHK setzt sich für einen Rechtsanspruch auf einen Ganztages-Schulplatz ein

Die IHK rechnet damit, dass sich der Fachkräftemangel weiter zuspitzen wird. Bis 2030 könnten in der Region bis zu 105 000 Stellen unbesetzt bleiben. Um dem entgegenzuwirken, setzt die IHK auf Bildung und Qualifikation. Jedes Jahr verließen in Bayern etwa 7000 Jugendliche die Schulen ohne Schulabschluss, sagt Elfriede Kerschl, Referatsleiterin Wirtschaftspolitik. Die IHK setzt sich daher für ein verpflichtendes Vorschuljahr ein, einen Rechtsanspruch auf einen Ganztages-Schulplatz vom Jahr 2020 an und eine bessere Berufs- und Studienorientierung an den Schulen. Ein weiteres Anliegen der Kammer ist es, zusätzliches Fachkräftepotenzial zu erschließen: vor allem bei Frauen und Älteren.

Zwar sei die Erwerbstätigenquote bei Frauen zuletzt gestiegen, schildert Kerschl. Mit 69 Prozent sei sie aber immer noch niedriger als bei Männern (78 Prozent). Zudem arbeiteten 55 Prozent der Frauen in Teilzeit. "Die Wirtschaft braucht ganz klar mehr Frauen als Fach- und Führungskräfte." Darüber hinaus sei eine dauerhafte Zuwanderung ausländischer Fachkräfte notwendig, sagt Kerschl. Die aktuell ins Land gekommenen Flüchtlinge "können unser Fachkräfteproblem kurz- und mittelfristig nicht lösen". Ältere Arbeitnehmer sollten zudem möglichst lange erwerbstätig bleiben.

© SZ vom 18.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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