Die Westtangente als "Ausflugsziel":Tunnelspaziergang ist kein Kavaliersdelikt

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Stadt Freising warnt nach der Eröffnung der Westtangente vor gefährlichem Tunneltourismus zu Fuß oder auf dem Rad. Für Erkenntnisse über eine tatsächliche Entlastung der Innenstadt ist es noch zu früh.

Von Anaîs Agudo Berbel, Freising

Seit Montag ist die Westtangente in Betrieb - und Straße samt Tunnel dürfen seither ausschließlich vom motorisierten Verkehr genutzt werden. Darauf weist die Stadt ausdrücklich noch einmal hin, nachdem die unvollendete Westtangente zuletzt wohl fast so etwas wie ein Ausflugsziel für Vöttinger Bürger war - und manch einer die "Besichtigung" zu Fuß auch nach der Eröffnung noch fortgesetzt hat. Für eine Einschätzung, ob die neue Umfahrung der Innenstadt tatsächlich eine Entlastung bringt, ist es indes noch zu früh.

Die Zeit, sich das Großprojekt bei einem Spaziergang oder Fahrradausflug direkt auf der neuen Trasse anzusehen, ist jedenfalls endgültig vorbei, wie die Stadtverwaltung warnt: Fuß- und Radverkehr seien nun auf der gesamten Strecke und im Tunnel aus Sicherheitsgründen verboten - das meine ausdrücklich auch "Stippvisiten" an den Tunnelportalen. Nur wenige Stunden nach der Verkehrsfreigabe habe die Videoüberwachung noch am Montag Menschen gefilmt, die ihr Fahrzeug im Tunnel verlassen hätten. Das sei kein Kavaliersdelikt, sondern eine Gefährdung der allgemeinen Sicherheit.

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Im Tangententunnel gelte, wie in allen Straßentunneln, die Straßenverkehrsordnung. Die zwei zentralen Ge- oder Verbote für die Benutzung lauteten: "Wer ein Fahrzeug führt, muss beim Durchfahren des Tunnels Abblendlicht benutzen und darf im Tunnel nicht wenden." Und: "Im Falle eines Notfalls oder einer Panne sollen nur vorhandene Nothalte- und Pannenbuchten genutzt werden." Auszusteigen, um sich das Bauwerk anzusehen, gefährde nicht nur die Tunnel-Touristen selber, sondern alle Verkehrsteilnehmer und -teilnehmerinnen: Verstöße würden angezeigt.

Die insgesamt 3560 Meter lange Trasse der Westtangente verbindet die Kreuzung Thalhauser Straße und Weihenstephaner Ring direkt mit der Staatsstraße 2350/ Kreisstraße FS 44 und führt damit den Durchgangsverkehr künftig um die Stadt herum. Der Stadtteil Vötting wird dabei in einem 705 Meter langen Tunnel unterquert. Nach fast sieben Jahren Bauzeit und hitzigen Diskussionen zwischen Gegnern und Befürwortern der Westtangente wird sich nun die Frage stellen, ob das fertige Bauprojekt auch seinen Zweck, die Stadt vom motorisierten Durchgangsverkehr zu entlasten, erfüllt.

Erst war der Tunnel der Freisinger Westtangente wegen eines Unfalls gesperrt, in dieser Woche folgen Wartungsarbeiten. (Foto: Birgit Gleixner)

Im "Chili Döner" an der Vöttingerstraße 2D, also direkt an der Karlwirt-Kreuzung, wo immer viel Verkehr ist und die Autos sich besonders zu Berufszeiten stauen, hat der Besitzer bislang noch nicht viel von einer Verkehrsentlastung bemerkt: "Mein erster Eindruck ist, dass es keinen Unterschied gibt", sagt er am Mittwoch. Jürgen Mieskes von der Mieskes Immobilien GmbH will dagegen bereits Veränderungen festgestellt haben. Sein Büro liegt ebenfalls an der Karlwirt-Kreuzung. "Gestern zur Rushhour zum Beispiel hat man, finde ich, schon gemerkt, dass weniger Verkehr war", sagt Mieskes. Besonders der Schwerlastverkehr habe abgenommen. Es sei ihm immer ein Dorn im Auge gewesen, dass die Lastwagen von Allershausen kommend über Freising abkürzten, um auf die A92 zu kommen, deshalb sei ihm diese Veränderung aufgefallen.

Vor allem die Anwohner der stark belastete Karlwirtskreuzung hoffen auf weniger Verkehr. (Foto: Marco Einfeldt)

Die Freisinger Polizei kann aktuell noch keine Aussagen über eine eventuelle Veränderung des Verkehrsgeschehens treffen. Dafür sei die Westtangente noch nicht lange genug in Betrieb, "außerdem sind immer noch Bauarbeiten im Gange". Nach 14 Tagen bis drei Wochen könne man erste Einschätzungen abgeben.

© SZ vom 13.01.2022 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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