TUM Weihenstephan:Nicht bloß schöne Schilder

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TUM-Studentin Valentina Arros kreiert auch eigene Illustrationen, die auf Infotafeln verwendet werden können. (Foto: Marco Einfeldt)

Die Chilenin Valentina Arros hat es sich zum Ziel gemacht, Infotafeln in Naturparks sinnvoller zu gestalten. Wichtig sind ihr dabei auch positive Botschaften, die Besucher zur Mithilfe beim Umweltschutz anregen.

Von Victoria Hehle, Freising

Wer in Naturparks unterwegs ist, entdeckt unweigerlich Informationstafeln über die Tiere und Pflanzen, die dort beheimatet sind. Diese Schilder sind unabdingbar, da sie teils wichtige Warnhinweise zum Naturschutz enthalten. Ein Problem ist, dass sich die meisten Wanderer bloß drei bis zehn Sekunden Zeit nehmen, um die Texte durchzulesen, meint Valentina Arros. Die 34-Jährige will das ändern. Sie beendet gerade ihr Masterstudium in Sustainable Resource Management an der Technischen Universität München (TUM) in Weihenstephan und beschäftigt sich in ihrer Abschlussarbeit mit dem Design von Infoschildern in Naturparks. Ihr Ziel ist es, die Tafeln so attraktiv zu gestalten, dass sie von Besuchern tatsächlich gelesen werden und so wichtige Informationen nicht verlorengehen. Dabei betätigt sich Arros auch selbst künstlerisch und kreiert eigene Illustrationen.

"Wir müssen den Leuten bewusst machen, dass sie mit ihrem Verhalten Tiere stören. Allerdings müssen wir das so transportieren, dass sie es auch einsehen", meint Valentina Arros. Für sie ist nicht nur ein ansprechendes Design wichtig, sondern sie erforscht auch, wie die Menschen auf die Botschaften der Schilder reagieren. Kontraproduktiv sei es etwa, sehr direkte und aggressive Mitteilungen zu verwenden, weil sich die Besucher dann in ihrer Freiheit eingeschränkt fühlen könnten. Statt "Du bist verantwortlich für die Zukunft des Flussuferläufers!" entschied sich Arros in ihrem Endprodukt für "Hilf, den Flussuferläufer zu schützen". Das solle die Besucher dazu ermutigen, mit ihren Aktionen etwas Positives für die Natur zu bewirken.

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In ihrer Masterarbeit fokussierte sich die 34-Jährige auf den Flussuferläufer, einen Vogel, der in Bayern vom Aussterben bedroht ist. Im Naturpark Ammergauer Alpen hat das Tier Zuflucht gefunden und nistet dort zwischen März und August. Das Problem dabei sind Wanderer, die den Vogel bereits beim Vorbeigehen so aufscheuchen, dass er nicht mehr weiterbrütet. Klaus Pukall, der Valentina Arros' Masterarbeit betreut, ist einer der Koordinatoren im Ammergauer Naturpark und machte seine Studentin auf das Thema aufmerksam. Schnell einigten sich die beiden, dass Arros ein neues Schild zum Schutz des Flussuferläufers designen könnte. In ihrer Literaturrecherche sammelte die Absolventin Kriterien, die eine interessante Infotafel ausmachen. Ihre Erkenntnisse verarbeitete sie in erste Modelle, die sie an Besuchern des Naturparks testete.

"Wenn du ein Experte in einem Thema bist, möchtest du so viel Information wie möglich auf die Schilder packen. Aber lesen das die Leute tatsächlich?", fragt Arros. In ihren Interviews mit Besuchern des Naturparks kommt heraus, dass die Menschen kurze Botschaften bevorzugen. Am besten sei es, auf den Tafeln Bilder oder Illustrationen zu verwenden, die eine Geschichte erzählen, sagt Arros. Dann könnten die Wanderer auch ohne Lesen die Botschaften erfassen. Auch müsse klar kommuniziert werden, wie genau die Besucher sich verhalten sollten. So könne etwa die Botschaft "Bitte störe die Vögel nicht" zu Missverständnissen führen. "Eine interviewte Person hat gemeint, sie würde dann vielleicht nicht schreien oder sich laut verhalten. Doch das ist eigentlich schon zu extrem", meint Valentina Arros. Tatsächlich sei es für den Vogel schon Störung genug, an seinem Nest vorbei zu spazieren. Genau das müsse man den Besuchern auch explizit erklären.

Nach einer Reflektion über ihr Leben entschied die Chilenin Valentina Arros sich, in der Zukunft mehr für die Umwelt tun zu wollen - und wagte einen Neuanfang in Freising. (Foto: Marco Einfeldt)

Damit aber auch die Wanderer ihrem Hobby nachgehen können, wird auf dem neuen Schild auch eine alternative Wanderroute gekennzeichnet. Damit soll das Zusammenleben von Natur und Mensch gestärkt werden, sagt die junge Forscherin. Im nächsten Frühjahr kann man dann sehen, welchen Einfluss ihr Modell-Infoschild tatsächlich auf die Besucher im Naturpark Ammergauer Alpen hat. Denn zu Beginn der Brutzeit im März soll dann auch Arros' Tafel aufgestellt werden.

Die 34-Jährige freut sich, mit ihrer Masterarbeit eine Brücke zwischen Umwelt und Gesellschaft schlagen zu können, denn das war auch der Grund für sie, am Campus Weihenstephan zu studieren. Eigentlich stammt Valentina Arros aus Santiago, Chile, und ist erst vor vier Jahren nach Deutschland gekommen. Zuvor hatte sie jahrelang im Bereich der Sozialen Innovationen gearbeitet und sich mit Politikwissenschaften beschäftigt. Doch nach einer Reflektion über ihr Leben entschied sie sich, in der Zukunft mehr für die Umwelt tun zu wollen. "In Chile sehen wir Deutschland als eine Art Vorreiter im Umweltschutz", erzählt Valentina Arros. Das war für sie ausschlaggebend, um einen Neustart in Bayern zu wagen.

Nebenbei arbeitet sie als freiberufliche Illustratorin

Ihre Leidenschaft fürs Zeichnen hat die Chilenin erst in Freising entdeckt. "Zuerst habe ich nur ein bisschen nebenbei gekritzelt, doch als ich mir Wasserfarben gekauft habe, hab ich gemerkt, dass das richtig gut funktioniert", erzählt sie. Jetzt arbeitet die Absolventin nebenbei als freiberufliche Illustratorin. Ihre liebsten Aufträge: "Alles was mit Natur zu tun hat", sagt Valentina Arros und lacht.

Ihre Masterarbeit soll erst der Anfang in ihrer Karriere als Schild-Gestalterin sein. "Ich möchte mich weiterhin damit beschäftigen, wie man Wissenschaft leichter für Menschen zugänglich machen kann", meint Arros. Derzeit steckt die Chilenin noch im Prozess für ein Visum in Deutschland, doch wenn sie dieses bekommt, möchte sie sich als Illustratorin und Visuelle Kommunikatorin selbstständig machen. Dabei hofft sie, von weiteren Naturparks Aufträge zu bekommen. "Und vielleicht gibt es ja die Chance, noch weitere Schilder im Ammergauer Naturpark umzugestalten", hofft Valentina Arros.

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